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Emoticons statt Worte des Lobs oder des Bedauerns? Das Smartphone und die sozialen Medien haben unsere Vorstellung davon verändert, was gute Kundenservice-Kommunikation bedeutet. Worauf sich Mittelständler einstellen müssen.

Kein Satz hat mehr als 20 Worte. Die Jako-O-Kunden werden auch im Internet stets höflich gesiezt, mit „Liebe Frau“ und „Lieber Herr“ angesprochen und mit „Herzlichen Grüßen aus Bad Rodach“ verabschiedet. Emoticons wie Smileys, Daumen-hoch-Zeichen oder Herzchen, die auch viele Jako-O-Fans auf der Facebook-Seite des Anbieters von Mode, Spielzeug und anderen praktischen Dingen für Kinder von null bis zehn Jahren gerne posten, bleiben den Kunden vorbehalten.

„Würden wir Emoticons verwenden, könnte dies leicht zu Missverständnissen führen“, sagt Heiner Schaller, Leiter des Jako-O-Kundenservice-Centers. „Wir bevorzugen deshalb einen lockeren, aber emoticonfreien, stets höflichen und sachlichen Sprachstil.“ Vor allem befolgen die 160 Mitarbeiter im Kundenservice des Handelsunternehmens in dem sozialen Medium eine eiserne Kommunikationsregel: Sie antworten prompt.

„Die Digitalisierung hat unser aller Vorstellung davon, was eine gelungene Servicekommunikation ist, radikal verändert“, stellt Patrick Tapp, Präsident des Deutschen Dialogmarketing Verbands, fest und meint weiter: „Die Kunden erwarten heute über alle Generationen hinweg von den Unternehmen Service in Echtzeit.“

„Das Gros der Kundenanfragen erreicht viele Unternehmen heute noch immer per Telefon oder Mail“, sagt denn auch Guido Cuypers-Koslowski, Experte für Dialogmarketing vom Kölner Dienstleister für Servicekommunikation Jäger + Schmitter Dialog. Sein Tipp: Bei der Entscheidungsfindung, ob ein Unternehmen beispielsweise auch Kundenservice per Text-Chat oder Mes­senger-Dienste wie Whatsapp anbieten will oder sich sogar in den öffentlichen, für alle nachlesbaren Dialog über soziale Medien wie Facebook vorwagt, ist es sinnvoll, sich auch mit den Kommunikationsusancen der verschiedenen Generationen vertraut zu machen.

Vor allem viele Mittelständler unterschätzten zurzeit noch, wie rasant das Smartphone die Kommunikationserwartungen ihrer Kunden bereits verändert habe. Cuypers-Koslowski: „Für viele 20- bis 30-Jährige ist es ungeachtet der Arbeitsrechtslage eigentlich selbstverständlich, zwischendurch tagsüber im Büro Privatangelegenheiten mit Unternehmen zu klären. Weil sie häufig nicht telefonieren können, fänden sie eine Text-Chat-Funktion praktisch, treffen aber oftmals auf Unternehmensseite noch nicht auf ein solches Serviceangebot.“

Bei dem Spezialisten für Kindersachen, Jako-O, ist ein solcher Text-Chat in Planung. 1987 als Versandhandel gegründet, betreibt das familiengeführte Unternehmen bundesweit sieben Filialen, eröffnete 1998 einen eigenen Onlineshop, ist seit sieben Jahren auf Facebook und seit 2016 auf Instagram unterwegs. Schaller: „Unsere Mitarbeiter kommen mit so gut wie allen Generationen in Kontakt.“ Pro Jahr bearbeitet sein Team 750.000 Telefonanfragen und 400.000 Mails.

Kritische Online-Kommentare von Kunden lässt Jako-O unverändert stehen, bezieht Stellung, bemüht sich um Klärung des Problems und sortiert Artikel, die sich nicht bewährt haben, konsequent aus. Klar ist aber auch: Bessere Werbung als ein Produkt, das von Kunden im Internet Bestnoten erhält, kann es nicht geben. Das Beispiel zeigt, wohin der Trend geht: Die Kundenservice-Kommunikation wird immer dialogorientierter.

Kommunikationswege und -stile variieren

Dabei gilt: „Jede Generation hat ihre ganz eigenen Erwartungen“, so Cuypers-Koslowski. Er stellt fest: Während Angehörige der Generation Babyboomer oder auch der Generation X im Vergleich zu jüngeren Kunden großen Wert auf Höflichkeitsformeln und eine gewisse Ruhe im Gespräch miteinander legen, empfindet die Generation Y, also die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen allzu steife Redewendungen und behäbiges Anwärmen in Telefonaten schon als spießig. Und die Generation Z, also die ab 2000 Geborenen, stuften die Kommunikation per E-Mail insgesamt als antiquiert ein.

Auch die Autoglaswerkstatt Car­glass hat sich auf die gestiegenen Kundenerwartungen längst eingestellt und ist 24 Stunden rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche und an allen 365 Tagen im Jahr erreichbar – über die kostenfreie Rufnummer, die Homepage, die mobile Webseite, per App, per Twitter, Chat, E-Mail oder auch per Fax. Alles läuft im Bonner Kundenservice-Center zusammen. Die 200 Mitarbeiter dort werden jährlich rund 1,2 Millionen Mal aktiv und sind darin geschult, Kunden auch in schwierigen Situationen in ihrer Notlage zu begleiten. „Der 18-Jährige, der einen Steinschlag an Papas BMW erleidet, hat ganz andere Stressfaktoren und Bedürfnisse als der 55-jährige Firmenwagen-Fahrer“, so Bernhard Speyer, der bei Carglass das Ressort Digital und IT verantwortet.

Dass sich Offenheit für die neuen digitalen Medien für Firmen auszahlt, beweist auch die 50-jährige Familienunternehmerin Catrin Graf aus München. Mit 30 Mitarbeitern vertreibt sie über ihre Firma Graf-Dichtungen mehr als 4.000 verschiedene Dichtungen für Fenster, Türen, Kühlschränke und Duschen. Neben drei Fachgeschäften in München und Berlin hat Graf seit 2005 auch einen Onlineshop und gibt Fans des Messenger-Dienstes Whatsapp seit einem Jahr zusätzlich die Möglichkeit, Fotos von ihren kaputten Dichtungen per Whatsapp an ihre Spezialisten zu schicken. Graf: „Jetzt müssen sich unsere Kunden nicht mehr selbst durch den Dschungel an Dichtungen im Onlineshop klicken. Auf der Grundlage der Fotos können wir als Fachhändler die richtigen Dichtungen ganz schnell raussuchen und schicken dem Kunden den Link zum richtigen Produkt einfach zu und er nimmt die Bestellung wie gewohnt vor.“

Dass der Umgangston per Whatsapp etwas lockerer ist und die Kunden prompte Antwort erwarten, sieht Graf als zeitgemäß an: „Wir bearbeiten die Bestellungen so schnell es geht innerhalb der normalen Ladenöffnungszeiten und wenn uns einer schreibt: ‚Hey, habt ihr diese Dichtung?‘, antworten wir ihm eben genauso so locker ‚Ja, klar – und hier ist gleich der Link‘.“

Was Kunden erwarten

Die Kommunikationsvorlieben der unterschiedlichen Generationen, zusammengestellt von Dialogmarketing-Experte Guido Cuypers-Koslowski von Jäger + Schmitter Dialog:

Generation Z, 2000 bis 2010 & Generation Y, 1980 bis 2000: Kommunikationsstil wird bestimmt von lockereren, aber höflichen Umgangsformen, Chat-Abkürzungen wie „afk“ (away from keyboard) sowie von Verbindlichkeit.

Generation X, 1969 bis 1980 & Babyboomer 1955 bis 1969: von Höflichkeit und Respekt geprägte, verbindliche Ansprache. Wenn der Ton stimmt, wird der Kommunikationsstil auch von einem lockeren Sprachstil bestimmt.

Traditionalisten, 1922 bis 1955: Höflichkeit und Respekt, Ruhe und Gelassenheit, Zuhören sowie Verbindlichkeit. Gespräche beginnen mit einer Anwärmphase.