Vier von fünf Familienunternehmen wollen, dass ihr Betrieb in Familienhand bleibt. Der Weg kann steinig sein. Wer die Nachfolge jedoch überlegt angeht, hat gute Chancen auf Erfolg.
Fast unbegrenzter Zugang zu Pommes und Eis, das sommerliche Toben im Schwimmbad mit den Kindern der Hotelgäste und das familiäre Wiedersehen mit ihnen auf den legendären Weihnachtsfeiern des elterlichen Fünfsternehotels „Traube Tonbach“: So unbeschwert sind die Erinnerungen von Sebastian Finkbeiner (35 Jahre) an seine Kindheit. Vom Christbaumschmücken, Lichter anbringen, den Streifzügen mit dem Hotelgärtner durch die Hotelparkanlage und seinem ersten Mal, als er mit 13 oder 14 am Getränkebuffet aushalf, schwärmt sein älterer Bruder Matthias Finkbeiner (37 Jahre). Gemeinsam sind die beiden Hotelierssöhne vor sechs Jahren angetreten, die Tradition des 226 Jahre alten Familienbetriebs fortzuführen.
Vier von fünf Familienunternehmern wollen, dass ihr Betrieb in Familienhand bleibt. Das fand die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC gemeinsam mit Intes – Akademie für Familienunternehmen bei einer Umfrage heraus. Was viele dabei unterschätzen: Gerade der Generationswechsel bringt Hürden mit sich, an denen viele scheitern. „Die Gestaltung einer familieninternen Nachfolge ist ein mitunter jahrzehntelang andauernder Prozess, bei dem die Familie viele Klippen meistern muss“, sagt Arist von Schlippe, Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen. Angefangen mit der Frage, wie man Kinder zu erfolgreichen Unternehmern erzieht, über das Dilemma, dass jedes Familienmitglied möglichst gleichbehandelt wird und trotzdem am Ende der Beste die Firmenleitung übernimmt, bis hin zu der späteren Stabübergabe selbst.

Ein Hotel, zwei Generationen: die Seniorchefs Heiner und Renate Finkenbeiner mit ihren Nachfolgern. © Hotel „Traube Tonbach“
Kindheit ohne Vorgaben
„Keinesfalls sollten Kinder zu früh daraufhin beobachtet werden, ob sie Fertigkeiten zeigen, die später einmal für eine Karriere im Unternehmen dienlich sein könnten“, rät Diplom-Psychologe und Familientherapeut von Schlippe. „Sie sollten mit dem Unternehmen vertraut gemacht werden, ohne den Druck, in die Fußstapfen der Eltern treten zu müssen.“ Und das kann zum Beispiel so funktionieren: „Unser Vater und unsere Mutter haben uns die Schönheit unseres Berufs vorgelebt“, sagt Sebastian Finkbeiner. „Druck, dass wir all das später einmal fortzuführen hätten, gab es nie, wohl aber Gespräche, in denen wir in die Richtung geführt wurden“, stimmt Bruder Matthias zu.
ACHTUNG, GEFÜHLE
Tipps von Prof. Arist von Schlippe, Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen, schaffen eine solide emotionale Grundlage – damit die familieninterne Nachfolge gelingt:1. Konflikte entdramatisieren. Machen Sie sich von Beginn an klar: Keine Firmennachfolge verläuft glatt und problemfrei. Die Praxis zeigt nämlich: Nicht das Gelingen einer Firmennachfolge ist der Normalfall, sondern das Scheitern.
2. Erwartungen reflektieren. Unternehmer sind oft deshalb so erfolgreich, weil sie bereit waren, Risiken einzugehen. Nun müssen sie sich selber abschaffen, müssen Macht abgeben und dem Junior das Vertrauen schenken, dass er schon die richtigen Entscheidungen fällen wird. Der Junior hingegen muss erstens bereit sein, in der Branche zu arbeiten und Chef werden zu wollen, und zweitens auch noch das richtige Persönlichkeits- und Kompetenzprofil mitbringen, um der Rolle gerecht zu werden. Dass jede einzelne dieser Voraussetzungen voll erfüllt wird, ist eher unwahrscheinlich.
3. Nachfolge bewusst gestalten. Wenn Unternehmerfamilien eine interne Nachfolge planen, prallen private und geschäftliche Welt aufeinander, etwa bei der Frage, was familienintern gerecht und unternehmerisch richtig ist. Ein Gelingen setzt deshalb fortwährenden Dialog voraus, die Bereitschaft, sich das eigene mitunter widersprüchliche Verhalten bewusst zu machen und damit zu leben, dass es unvermeidlich ist, Abstriche zu machen.
Im Herbst 2009 stiegen die beiden in die Geschäftsführung des erfolgreichen Hotel- und Gastronomiebetriebs ein. Wer welchen Bereich mal übernehmen wird, steht noch nicht fest. Doch erste Hauptverantwortlichkeiten haben sich bereits herauskristallisiert: Der Jüngere verantwortet vor allem das Qualitätsmanagement im Hotel „Traube Tonbach“, der Ältere treibt die Expansion des Familienunternehmens voran.
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