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Nach der Einigung bei den Atomverhandlungen mit dem Iran hoffen zahlreiche deutsche Unternehmen darauf, die traditionell guten Handelsbeziehungen zu dem islamischen Land wieder aufleben zu lassen. Die Deutsch-Iranische Industrie- und Handelskammer meldet bereits einen starken Anstieg bei den Ankündigungen für Sondierungsreisen nach Teheran. Andere Unternehmen versprechen sich durch einen baldigen Wegfall der Sanktionen einfach nur weniger Bürokratie.

Steffen Glindhaus ist hin- und hergerissen. Als Sales Manager bei der niedersächsischen Aerzener Maschinenfabrik ist Glindhaus seit mehreren Jahren für den Mittleren Osten und damit auch für den Iran zuständig. Also für das islamische Land, in dem viele deutsche und internationale Unternehmen, nach der Einigung bei den Atomverhandlungen vor wenigen Tagen, das ganz große Geschäft wittern.

Doch Glindhaus will sich von der Goldgräberstimmung, die bei einigen Konkurrenten vorherrscht, nicht blenden lassen. Er schwankt noch zwischen Optimismus und einem gesunden Maß an Skepsis: „Der Iran ist nach Deutschland bereits der wichtigste Absatzmarkt für uns, so dass ich natürlich froh über die Einigung bin. Dennoch muss ich die Euphorie etwas bremsen. Ich glaube nämlich nicht, dass die Sanktionen in ein paar Monaten vollständig abgeschafft werden“, sagt er. Die weiteren Verhandlungen über die Details, so seine Einschätzung, ziehen sich womöglich noch bis ins kommende Jahr.

Steffen Glindhaus, Sales Manager, bei der Aerzener Maschinenfabrik.  (c) privat

Steffen Glindhaus, Sales Manager, bei der Aerzener Maschinenfabrik.(c) privat 

Dennoch: Auch wenn das Ende der Iran-Sanktionen noch nicht absehbar ist, macht man bei der 1864 gegründeten Aerzener Maschinenfabrik nun Nägel mit Köpfen. „Wir haben uns kurzfristig dazu entschlossen, dass wir im Iran eine Zweigstelle eröffnen“, sagt Glindhaus. Aus dieser Keimzelle solle dann in den kommenden drei bis sechs Jahren eine eigene Gesellschaft erwachsen. „Das wäre vorher sicherlich nicht denkbar gewesen. Jedenfalls hätte man das Frau Merkel nur schwer erklären können, dass sich ein deutsches Unternehmen trotz bestehender Sanktionen dort niederlässt“, sagt er. Doch jetzt sei nun mal alles anders.

Der Iran verfügt über große Öl- und Gasvorkommen

Von dem direkten Kontakt vor Ort verspricht man sich bei Aerzener vor allem im profitreichen Öl- und Gasgeschäft einen besseren Absatz der Drehkolbengebläse und Schraubenverdichter. Der Iran gehört weltweit zu den Ländern mit den größten Öl- und Gasreserven. Im Bereich Stahl, sagt Glindhaus, habe sein Unternehmen aus dem südlichen Niedersachsen auch während der Sanktionen sogar gute Geschäfte machen können. Der Umsatz lag in den vergangenen Jahren konstant zwischen 15 und 25 Millionen Euro.

Doch da jede Lieferung aufgrund der Beschränkungen doppelt und dreifach kontrolliert wurde, war der bürokratische Aufwand jedes Mal enorm. „Das hat sicherlich viele Firmen von Geschäften mit dem Iran abgehalten. Auch uns würde es deutlich entlasten, wenn dieser Aufwand irgendwann der Vergangenheit angehört“, sagt der für den Mittleren Osten zuständige Sales Manager.

Zahlreiche deutsche Firmen sondieren den iranischen Markt

Doch nicht nur beim Maschinenbauer aus Aerzen blickt man dem Ende der Sanktionen sehnlichst entgegen, auch zahlreiche andere deutschen Firmen sondieren wieder verstärkt den iranischen Markt: „Die Zahl der Besuchsankündigungen in Teheran, insbesondere um Sondierungsreisen vorzunehmen, ist seit Ostern rapide angestiegen“, bestätigt der Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer, Daniel Bernbeck.

Da der Iran vor der Revolution der zweitwichtigste außereuropäische Exportmarkt für die deutsche Industrie war, sei Deutschland allein historisch gesehen der wichtigste Partner für die iranische Industrie. „Der Ruf deutscher Waren, aber auch der Respekt und das Vertrauen in die deutschen Geschäftsleute ist bis heute ungebrochen“, sagt Bernbeck. Hierauf könne die deutsche Exportwirtschaft aufbauen, sobald es zu einer Lockerung der Handelsbeschränkungen komme.

Auch die Stahl-, Kunststoff und Papierindustrie kann sich Hoffnungen machen

Neben dem traditionell starken deutsche Maschinen- und Anlagenbau kann sich nach Angaben der AHK Iran auch die Stahl-, Kunststoff-, Papier-, Lebensmittel-, Textil- und Autoindustrie Hoffnungen machen. Aber auch bei Medizintechnik, Pharmazie, Chemie, Energie und Schienenverkehr sei der Bedarf groß.

Ausschließlich mit seinen Maschinen „Made in Germany“ will Aerzener auch in den nächsten Jahren den iranischen Markt versorgen. „Die Wertschätzung für deutsche Produkte ist definitiv da, und das Potenzial hat der Iran mit seinem 75 Millionen Einwohnern“, sagt Steffen Glindhaus. Dabei hoffe man weiter, dass die Sanktionen bald abgeschafft werden und es zu keinem Rückschlag komme – zum Beispiel wenn der Iran gegen mögliche Auflagen verstößt und die Handelsbeschränkungen wieder aufgenommen werden. „Doch auch wenn das passieren sollte, wird der Bedarf nach Maschinen ja nicht kleiner“, sagt er. Geschäfte mit dem Iran werde es auch dann geben. Glindhaus: „Es wird immer weitergehen.“