Mit wiederverwertbaren Rohstoffen aus Abfällen sparen viele Firmen Kosten und schonen die Umwelt. Wie die Kreislaufwirtschaft funktioniert, zeigt ein besonderes Firmenbeispiel.
Viele Autofahrer kennen die Situation: An einem frostigen Wintermorgen setzen sie sich hinters Steuer und wollen starten – doch nichts tut sich. Eine neue Autobatterie muss her, damit das Gefährt wieder in Gang kommt. Doch was heißt hier schon neu? Laut Bundesumweltamt erreicht die Verwertungsquote von Blei-Säure-Akkus in Deutschland nämlich fast 100 Prozent. So wurden 2013 insgesamt 163.401 Tonnen alte Fahrzeugbatterien recycelt. Damit stieg die Verwertungsquote von 98 Prozent im Jahr 2012 auf 99 Prozent im Jahr 2013. Mit anderen Worten: Autobesitzer können sicher sei, dass unter der Motorhaube ein Akku aus wiederverwerteten Materialien seine Arbeit verrichtet.
Doch nicht nur für Akkuhersteller ist Abfall die bedeutendste Rohstoffquelle. Hier zwei weitere Beispiele: Von den rund vier Millionen Tonnen Behälterglas stammen rund 63 Prozent aus Altmaterial. Bei einigen Glasfarben sind es sogar bis zu 90 Prozent. Genau wie Blei hat Glas einen großen Vorteil: Es lässt sich beliebig oft einschmelzen und ohne den geringsten Qualitätsverlust zu neuen Produkten verarbeiten. Zudem schmilzt recyceltes Glas bei niedrigeren Temperaturen als die zur Glasherstellung erforderlichen Rohstoffe. Wird ein Prozent Altglas hinzugefügt, sinkt der Energiebedarf um etwa 0,2 bis 0,3 Prozent. Einschmelzen von Altglas schützt folglich das Klima und spart Rohstoffe wie Quarzsand, Soda und Kalk.
Ähnlich beeindruckend sind die Recyclingquoten bei Papier und Pappe: Von den rund 23 Millionen Tonnen produzierten Papiererzeugnissen bestehen etwa 71 Prozent aus Altpapier. Für grafische Papiere wie Zeitungen oder Büropapier bewegt sich die Recyclingquote sogar bei 80 Prozent. Auf diesem Weg werden nicht nur Ressourcen geschont. Die Branche konnte auch die Umweltbelastung durch klimaschädliche Gase senken – von fast 38 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf derzeit jährlich rund 18 Millionen Tonnen. Was das konkret heißt, rechnet das Bundesumweltamt vor: Wer beim Kauf von einem Paket Papier mit 500 Blatt zu Recyclingqualität greift, reduziert den Holzverbrauch um 5,5 Kilogramm. Mit den eingesparten 7,5 Kilowattstunden Strom könnte man 525 Tassen Kaffee kochen.
Eine Firmengruppe fürs Recycling
Zu den Vorreitern der Kreislaufwirtschaft gehört die Berzelius Metall GmbH in Braubach bei Koblenz. Das Unternehmen recycelt in seinen beiden Sekundärhütten jährlich mehr als 100.000 Tonnen verbrauchte Altbatterien. Es bereitet fast alle in den Akkus enthaltenen Materialien – Blei, Kunststoffe und Säure – auf und führt sie dem Stoffkreislauf wieder zu. Dazu hat das Unternehmen in seinem Firmenverbund einen geschlossenen Recyclingkreislauf für Batterien realisiert: Für das Sammeln und den Transport von Batterien ist die Berzelius Logistik Service GmbH (BLS) zuständig. Das Unternehmen hat neben dem Hauptsitz in Braubach weitere Betriebsstätten in Freiberg in Sachsen, in Gelsenkirchen, in Kornwestheim und in Regenstauf bei Regensburg. Mit rund 30 Spezialfahrzeugen unterschiedlicher Größe, die für die fachgerechte Entsorgung ausgestattet sind, sammelt BLS die Altbatterien bei Werkstätten, Schrottplätzen, Kfz-Händlern und Industriebetrieben ein. Klingt auf den ersten Blick sehr einfach. Jedoch: „Jeder Auftrag stellt individuelle Anforderungen. Unser qualifiziertes Fachpersonal entwickelt für jeden Kunden eine maßgeschneiderte Entsorgungslösung“, sagt BLS-Geschäftsführer Matthias Ernst.
BLS liefert die Altbatterien wiederum in die beiden Sekundärhütten der Berzelius- Gruppe, die BSB Recycling GmbH in Braubach bei Koblenz und die Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH in Freiberg. Dort wird der Akkuschrott nach einem speziellen Verfahren aufbereitet: Das Blei, das rund 60 Prozent einer Batterie ausmacht, wird entschwefelt und zu Blei verschiedener Legierungen verarbeitet. Die gewonnenen Werkstoffe stehen zum Beispiel wieder für die Produktion neuer Fahrzeugbatterien zur Verfügung.
Ein weiterer wertvoller Bestandteil der Batterien ist das Material, aus dem das Batteriegehäuse besteht: Polypropylen (PP). Es macht rund fünf Prozent des Gewichts einer Batterie aus. Beim Trennen in der Akku-Aufbereitungsanlage entstehen Chips, die zerkleinert und zu hochwertigen PP-Compounds für die Automobilzulieferindustrie verarbeitet werden.
Darüber hinaus enthält die Batterie auch Säure. Diese macht rund zehn Prozent des Gewichts aus. Sie wird ebenfalls recycelt und dient als Rohstoff fürdie chemische Industrie. Ein weiterer Bestandteil, Natriumsulfatlösung, wird in einer Kristallisationsanlage zu wasserfreiem Natriumsulfat verarbeitet – ein Rohstoff für die Glas- und Waschmittelindustrie. Am Ende bleiben von den Batterien nur noch kleine Restfraktionen übrig, überwiegend Kunststoffe, die in der Sonderabfallverbrennungsanlage entsorgt werden. Doch auch hier ist der Abfall nützlich: Ein Teil der bei der Verbrennung entstehenden Wärme dient als Prozesswärme für die Produktion, für Heizung und Warmwasser in den umliegenden Firmengebäuden und zur Stromerzeugung. Mehr Wiederverwertung, als sie Berzelius betreibt, ist wohl kaum möglich.
HIER WERDEN SIE IHRE WERTSTOFFE LOS
Auf ihk-recyclingboerse.de können alle interessierte Firmen kostenlos alte Wertstoffe und Restposten verkaufen oder kaufen. Die Recyclingbörse der Industrie- und Handelskammern ist ein überbetriebliches Vermittlungssystem für verwertbare Abfälle und Produktionsrückstände. Mithilfe der 1974 gegründeten Börse können Unternehmen diese Stoffe wieder der Kreislaufwirtschaft zuführen. Sie bringt Anbieter und Nachfrager von Recyclingprodukten und Sekundärrohstoffen aus ganz Deutschland kostenfrei zusammen.
Die Vorteile für Verkäufer: Sie müssen die Abfälle aus ihrer Produktion nicht mehr teuer entsorgen, sondern verdienen sogar bares Geld damit. Zudem lassen knapper werdende Rohstoffe die Nachfrage und folglich die Preise steigen. Das gilt auch bei „gebrauchten“ Stoffen. Hinzu kommt: Für fast jeden Stoff finden sich in der Regel Abnehmer. Rund 61.000 Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr für die in der Börse eingestellten Angebote interessiert. Besonders gefragt waren Kunststoffe, Verpackungen, Chemikalien, Metall und Holz.