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Creditreform

Mitglieder der Bundesregierung haben auf Reisen häufig Wirtschaftsdelegationen im Schlepptau und ermöglichen durch ihre Kontakte den Unternehmen gute Geschäfte. Die Profiteure solcher Reisen sind meist große Konzerne. Kleine und mittelständische Unternehmen kommen oft zu kurz.

Sigmar Gabriel (SPD) war in den vergangenen Tagen wieder ziemlich viel unterwegs. Erst Saudi-Arabien, dann Katar und vor einer Woche auch noch Ägypten. Vernachlässigung bei der Pflege von Wirtschaftsbeziehungen zum arabischen Raum kann man Gabriel wahrlich nicht vorwerfen. Im Windschatten des Bundesministers für Wirtschaft und Energie konnten auch dieses Mal mehrere Unternehmen gute Geschäfte machen. Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, kam in Kairo nach Abschluss eines Milliardenauftrag für den Bau eines Kraftwerks und Windparks aus dem Grinsen fast nicht mehr heraus. Doch wo waren die kleinen und mittelständischen Unternehmen? Wie so häufig waren sie neben weiteren Schwergewichten wie Thyssen-Krupp, Henkel, DHL und Lufthansa nur Staffage.

Der Deutsche Mittelstandsbund (DMB) beobachtet schon lange, dass das Gros der Teilnehmer dieser Wirtschaftsdelegationen meist aus Dax oder MDax-Konzernen besteht. „Es ärgert mich, dass immer viel vom Mittelstand gesprochen wird, aber wenn es darauf ankommt, sind nur die großen Unternehmen bei solchen Reisen dabei“, sagt der geschäftsführende Vorstand Marc Tenbieg dem Creditreform-Magazin. Zwar besagten die Auswahlkriterien, dass auch kleine und mittlere Unternehmen berücksichtigt werden sollen. Die Praxis sehe aber anders aus. „Ich sehe eine große Diskrepanz zwischen solchen Kriterien und der Realität“, sagt Tenbieg.

Auch aktuelle Projekte in einer Region und Kontakte sind von Vorteil 

Widerspruch kommt aus dem Bundeswirtschaftsministerium: „Diesen pauschalen Vorwurf können wir nicht nachvollziehen. Kleine und mittlere Unternehmen werden bei der Auswahl definitiv nicht benachteiligt“, erklärt ein Sprecher Gabriels. Eine Teilnahme an einer Auslandsreise werde frühzeitig über die Wirtschaftsverbände ausgeschrieben, sodass jedes Unternehmen sich bewerben könne. Neben der reinen Größe eines Unternehmens spielten jedoch noch weitere Kriterien eine Rolle, wie aktuelle Projekte, Kontakte oder bestehende Geschäftsbeziehungen in einer Region. „Ein Konzern wie Siemens deckt natürlich mehr Geschäftsfelder ab, als ein kleineres Unternehmen“, sagt der Sprecher.

Marc Tenbieg empfiehlt den Mittelständlern künftig stärker auf sich aufmerksam zu machen, um irgendwann einmal mit Gabriel im Flieger zu sitzen und somit gute Geschäfte im Ausland abzuschließen: „Man muss sich über die Verbände das nötige Gehör verschaffen, oder immer mal wieder bei seinem Bundestagsabgeordneten auf der Matte stehen“, sagt Tenbieg.

Einige Mittelständler seien so Tenbieg möglicherweise zu zurückhaltend und warteten fälschlicherweise darauf, dass eine Einladung für die nächste Wirtschaftsdelegation in den Briefkasten flattert. Nach Tenbiegs Einschätzung kann eine Teilnahme an einer Auslandsreise mit Gabriel, Merkel und Co. jedoch goldwert sein. „Im Windschatten eines Bundesministers ist es wie auf einem Staatsbesuch. Eigentlich fest verschlossene Türen öffnen sich dann sehr schnell.“