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Anders als die Automobilmessen in Frankfurt, Genf oder Paris dient die IAA Nutzfahrzeuge kaum als Bühne für Fahrzeugpremieren. Die Hersteller warten nicht den 25. September ab, um ihre neuen Modelle vorzustellen. Eher finden sich in Hannover alle Transporter-Neuheiten des Jahres 2014 in einer Gesamtschau.  Eine Böe erwischt den Transporter. Bei Tempo 120 auf der engen Brücke eine nicht ganz ungefährliche Situation. Noch bevor der Fahrer gegensteuern kann, greift der Seitenwindassistent, neudeutsch „Crosswind Assist“, ein. Er bremst die Räder auf der dem Wind zugewandten Fahrzeugseite über das ESP gezielt an, bezieht den Beladungszustand sowie das Lenkverhalten des Fahrers in seine Berechnungen mit ein und lenkt den Wagen wieder in die richtige Spur – Problem gelöst.  Pkw-Fahrer haben sich schon längst daran gewöhnt: Ihr Fahrzeug wird immer intelligenter. Doch nun halten moderne Assistenzsysteme auch in den jüngsten Modellen vom Typ Mercedes-Benz Sprinter, Opel Movano, Renault Master, Fiat Ducato oder Peugeot Boxer Einzug. Sie entlasten den Fahrer und machen die Nutzung sicherer. Bereits weiter verbreitet als der Crosswind Assist sind beispielsweise Traktionskontrolle und Spurhalteassistenten, die unter anderem auch Fiat und Peugeot anbieten. Bisher sind die meisten dieser elektronischen Helfer noch aufpreispflichtig. Doch mit der immer stärkeren Durchdringung der Fahrzeuge mit Bordelektronik dürften sie mittelfristig so selbstverständlich wie Scheibenwischer und Blinker werden. Mercedes-Benz und Fiat haben auch eine Abblendautomatik im Programm, während der Renault Master mit einem Licht- und Regensensor sowie einem aktiven Kurvenlicht aufwartet. Andere Modelle wie der Peugeot Boxer und der Fiat Ducato sind mit einem Reifendrucksensoroder einem Hill-Holder, einer Anfahrhilfe am Berg, die den Einsatz der Handbremse unnötig macht, ausgestattet. Der Ducato verfügt zudem über eine Kamera, die den Schilderwald am Rand der Straße analysiert und auf dem Borddisplay anzeigt.

Spritsparen serienmäßig

Ein weiterer Trend sind technische Maßnahmen, die den Transportern den Durst abgewöhnen sollen. Hier bietet sich eine recht einfache, aber sehr effiziente Maßnahme geradezu an: die Start-Stopp-Technologie. Diese findet sich zum Beispiel in Opel Combo und Movano oder im neuen Ford Transit Custom. Das Prinzip ist simpel: Sobald das Fahrzeug steht, wird automatisch der Motor abgestellt. Durch einen leichten Druck auf das Gaspedal springt er jedoch sofort wieder an. Verbraucher wie Belüftung, Scheinwerfer oder Radio werden unterdessen weiter mit Strom versorgt. Diese Technologie spart zwischen fünf und acht Prozent Kraftstoff ein. Auch Volkswagen hat seinen T5 damit aufgerüstet und diese Version „Blue-Motion“ getauft. Dank zusätzlicher Maßnahmen wie einem optimierten Motorenmanagement, einer geänderten Getriebeübersetzung sowie zusätzlichen aerodynamischen Eingriffen geben sich die Kastenwagen-Modelle nun mit 6,0 Litern auf 100 Kilometern zufrieden. Dazu tragen auch die Leichtlaufreifen und die Bremsenergie-Rekuperation bei. Das gleiche System findet sich im neuen Ford Transit und im Iveco Daily. Dabei wird kinetische in elektrische Energie umgewandelt und die Batterie ohne Kraftstoffverbrauch aufgeladen. Beim neuen Daily ging man noch einen Schritt weiter: Über die Eco-Switch-Taste auf dem Armaturenbrett lassen sich nämlich Drehmoment und Höchstgeschwindigkeit verringern: sinnvoll zum Beispiel, wenn nur im Teillastbetrieb gefahren wird. Eine andere Sparmöglichkeit sind alternative Antriebe. Erdgastechnologie etwa bietet Opel bei seinem Modell Combo an. Andere Hersteller setzen eher auf Hybridfahrzeuge. Die entsprechenden Modelle von Fiat (Fiorino, Doblò Cargo und Ducato) oder Renault (Dacia Dokker) können sowohl mit Normalbenzin als auch mit Erdgas betrieben werden, was sich wohltuend auf den Geldbeutel auswirkt. Beim Dacia spart man aber nicht nur im Betrieb, sondern schon beim Erwerb, denn er ist mit einem Listenpreis von 8.490 Euro konkurrenzlos günstig. Ein weiterer Weg, den Verbrauch fossiler Kraftstoffe zu senken, ist deren Substitution. Dies erfolgt durch ganz oder teilweise elektrisch betriebene Fahrzeuge. So ist der Fuso Canter Eco Hybrid ein Fahrzeug mit dieselelektrischem Antrieb. Der 7,5-Tonnerist ein normaler Diesel-Lkw, der jedoch durch den Einsatz  eines Elektromotors beim Anfahren und Beschleunigen bis zu 23 Prozent an Kraftstoffersparnis bringt. Ausschließlich elektrisch geht es natürlich auch: Die Elektrofahrzeuge sind mit dem  Nissan e-NV200, dem E-Vito von Mercedes-Benz, dem Canter E-Cell von Mitsubishi oder dem Renault Kangoo Z.E. stark im Kommen. Reichweiten von rund 100 Kilometer genügen für viele innerstädtische Verteilerverkehre vollkommen. Diese Fahrzeuge eignen sich daher vor allem für Einsätze mit überschaubarer Kilometerleistung in emissionsempfindlichen Gebieten wie Stadtzentren oder Grün- und Fußgängerzonen. Da die Batterieladezeiten sich immer weiter reduzieren, rückt ein wirtschaftlicher Einsatz im Dauerbetrieb mehr und mehr in den Bereich des Möglichen. So benötigt der Canter E-Cell an 230 Volt rund sieben Stunden zum Laden seiner Lithium-Ionen-Akkus, bei Verwendung eines Schnellladesystems sogar nur eine Stunde.

Das Radio als Steuerungszentrale

Ein letzter Trend, der hier erwähnt werden soll, ist die Weiterentwicklung des alten Dampfradios hin zum modernen Infotainmentsystem. Zentraleinheit ist in der Regel ein Monitor, der zum einen die Routen des Navigationssystems anzeigen, häufig aber auch die Bilder der Rückfahrkamera übertragen kann und als Touchscreen zur Steuerung aller anderen Funktionen des Systems dient. Dazu gehören heute der Radioempfang, das Auslesen von auf USB-Sticks gespeicherten Musikstücken, die Steuerung eines angeschlossenen MP3-Players oder das Streamen von auf dem Smartphone gespeicherter Musik über Bluetooth. Das Ganze lässt auch – wie etwa mit dem System Sync von Ford – über Sprachbefehle steuern. Sync liest sogar SMS-Nachrichten vor. In das Ford-System ist jedoch auch so etwas Nützliches wie ein Notrufassistent integriert, der bei Auslösung eines Airbags über das Mobiltelefon sofort Rettungskräfte alarmiert. All dies hat natürlich seinen Preis. In einem kleinen Selbstversuch hat sich die Redaktion ihr Wunschfahrzeug von Mercedes-Benz konfiguriert. Der Sprinter kommt mit einem Listenpreis von 31.999,10 Euro daher. Der Dreitonner mit kurzem Radstand und normalem Dach sollte jedoch etwas stärker motorisiert sein (140 Kilowatt), zudem Alufelgen, eine Metallic-Lackierung und Sitzbezüge aus Kunstleder haben, über die beschriebenen  Fahrerassistenzsysteme und ein Autoradio verfügen. Das Automatikgetriebe sowie das Blue-Efficiency-Paket wurden auch noch angekreuzt. Damit lag das Fahrzeug dann bei genau 54.193,79 Euro. Probieren Sie doch einmal selbst, was Ihr Wunschtransporter kostet.

Beispielhafte Neuerungen der IAA Nutzfahrzeuge 2014:

Ford Transit

(c) Ford

(c) Ford

Der neue Ford Transit hat in Länge und Breite zugelegt und bietet nun Platz für vier Euro-Paletten. Je nach Ausführung liegt das Volumen zwischen 9,5 und 13,0 Kubikmetern und die Nutzlast zwischen 857 und 2.197 Kilo. Bei der Motorisierung lässt sich zwischen den drei Leistungsstufen 100 PS, 125 PS und 155 PS wählen. Euro-VI-Motoren werden noch nicht angeboten, dafür aber die Ford Econetic Technology, die den92-kW-Motor zu dem sehr günstigen Verbrauchswert von 6,4 Liter je 100 Kilometern verhilft. Ford bietet eine Reihe von technologischen Gadgets, darunter eine intelligente Beschleunigungskontrolle, die in Abhängigkeit von der Beladung funktioniert. Dies verringert den Verschleiß von Motor, Bremsen und Reifen und senkt den Kraftstoffverbrauch. Dazu trägt auch die Schaltempfehlungsanzeige bei. Andere praktische Details: die im hinteren Stoßfänger integrierte Trittstufe, in die Seitenwände eingelassene Zurrösen, LED-Lichter im Laderaum und eine Anhängerstabilisierung. Last not least wartet der Ford mit den längsten Wartungsintervallen auf: 50.000 Kilometer.

Mercedes-Benz Vito

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(c) Mercedes-Benz

Den Midsize-Van gibt es als Tourer zum Personen und als Kastenwagen zum Gütertransport. Als erstes Fahrzeug seiner Klasse bietet er wahlweise Hinterrad-, Allrad- oder Vorderradantrieb. Die Modelle mit Vorderradantrieb haben bei leerem oder gering beladenem Fahrzeug Traktionsvorteile und sind günstiger in der Anschaffung. Angetrieben werden sie von einem Vierzylinder mit wahlweise 88 PS oder 114 PS. Die Modelle mit Hinterradantrieb haben zwischen 136 PS und 190 PS und serienmäßiges Sechsgang-Schaltgetriebe. Im Vito 119 Blue-Tec und im Allrad-Vito ist das Wandler-Automatikgetriebe 7G-Tronic Plus eingebaut. Der günstigste gemessene Verbrauchswert liegt für einen Vito 116 CDI Blue-Efficiency mit Euro-VI-Motor bei 5,7 Litern je 100 Kilometer. Ebenfalls günstig: lange Wartungsintervalle von 40.000 Kilometern. Der Vito steht in drei Längen, mehreren Fahrzeughöhen und zulässigen Gesamtgewichten von 2,5 Tonnen, 2,8 Tonnen und 3,05 Tonnen, aufgelastet sogar bis 3,2 Tonnen, zur Verfügung. Der Einstiegspreis: knapp 18.000 Euro netto.

 Fiat Ducato

(c)Fiat

(c)Fiat

Den Transporter gibt es in zwei Versionen: mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 3.000 und 3.500 beziehungsweise von 3.500 bis 4.250 Kilogramm. Die Fahrzeugpalette weist vier verschiedene Radstände, fünf Längen, drei Höhen und Nutzlasten zwischen 1.000 und 2.000 Kilogramm auf. Der Ducato existiert auch als Doppelkabiner und kann werksseitig mit einem Dreiseitenkipper ausgestattet werden. Motorisiert sind die Wagen mit 115 PS bis 177 PS. Recht pfiffig: die neuen vierteiligen Stoßfänger, deren Teile sich schnell demontieren, einzeln austauschen und kostengünstig ersetzen lassen. Die Scheinwerfer liefern 40 Prozent mehr Licht als die der Vorgängermodelle und sind zudem in einem stoßgeschützten Bereich untergebracht. Zudem bietet Fiat eine Traktionskontrolle, einen Hill-Holder und einen Bergabfahrassistenten, der Bremsen bergab überflüssig macht.

 Opel Movano

(c) Opel

(c) Opel

Die zweite Generation des Movano versucht, mit insgesamt 188 Karosserie- und Ausstattungsvarianten ab Werk zu verführen. Zur Wahl stehen drei Radstände, Front- oder Heckantrieb und bei Letzterem Einzel- oder Zwillingsbereifung an der Hinterachse. Angetrieben wird der Transporter von einem 2,3-Liter-CDTI-Motor mit wahlweise 100 PS, 125 PS oder 150 PS. Das serienmäßige manuelle Sechsganggetriebe kann bei den beiden leistungsstärksten Modellen durch das automatisierte Easytronic-Schaltgetriebe ersetzt werden. Wie die meisten heutigen Transporter verfügt der Movano über ESP, das bei den Hecktrieblern serienmäßig und bei den Fronttrieblern optional ist. Eine ebenfalls optionale mechanische Differenzialsperre für die Heckantriebsvarianten sorgt für eine bessere Traktion. Ebenfalls auf Wunsch verfügbar: eine Luftfederung, die es ermöglicht, den Movanoum bis zu 20 Zentimeter abzusenken oder ihn bis zu sieben Zentimeter anzuheben. Die serienmäßige seitliche Schiebetür ist übrigens so groß, dass Europaletten seitlich entladen werden können.

Renault Trafic

(c) Renault

(c) Renault

Den neuen Renault Trafic gibt es weiterhin als Kastenwagen, mit Doppelkabine, als Plattformfahrgestell und als Minibus. Das Laderaumvolumen variert zwischen 3,2 und 8,3 Kubikmetern. Die zulässigen Gesamtgewichte sind 2,7 und 2,9 Tonnen. Der Zweilitermotor kommt in zwei Leistungsstufen daher, beim Getriebe hat man die Wahl zwischen einem manuellen und einem automatisierten Sechsganggetriebe, wobei das letztere wahlweise vollautomatisch oder durch manuelle Impulse die Gänge wechselt. Dieses „Quickshift“-Getriebe weist zwei besondere Fahrmodi auf: den Wintermodus und den Lastmodus. Zudem bietet es eine spezielle Anfahr- und Parkhilfe. Dies verringert den Durchschnittsverbrauch auf 7,3 Liter je 100 Kilometer. Interessantes Zubehör: eine automatische Türverriegelung, Dachlastenträger für bis zu 150 Kilogramm, Scheibenschutzgitter für die Heckfenster, eine Holzverkleidung für den Laderaum sowie verschiedene Anhängerkupplungen.

Iveco Daily

(c) Iveco

(c) Iveco

Die sechste Generation des Transporters weist sechs Gewichtsvarianten von 3,3 bis 7 Tonnen auf. Bis zu 4,7 Tonnen kann man zuladen und auch noch Anhänger mit bis zu 3,5 Tonnen ziehen. Die Zahl der Modellvarianten ist bei drei Radständen und fünf Längen beträchtlich: Mehr als 40 verschiedene werksseitige Optionen sind lieferbar. Beim Kastenwagen kann man zwischen drei Laderaumhöhen, Aufbaulängen von 3 bis 3,2 Metern und neun Ladevolumina (7,3 bis 19,6 Kubikmeter) wählen. Auch die Motorenpalette ist vielseitig: Es stehen ein 2,3- und ein 3-Liter-Dieselmotor mit insgesamt neun Leistungstufen von 106 bis 205 PS zur Verfügung, außerdem Erdgas- und Elektroversionen. Als Getriebe werden Sechsganggetriebe verbaut, entweder manuelle oder das automatisierte Getriebe „Agile“, das sich sowohl im Automatikmodus als auch im sequenziellen Modus einsetzen lässt. Weiterer Vorteil: die Vielzahl möglicher Aufbauten, von denen es einige Varianten bereits ab Werk gibt.