Manager und Betriebsräte arbeiten vertrauensvoll zusammen, so gebietet es zumindest das Betriebsverfassungsgesetz. Warum die Realität in vielen Firmen aber eine andere ist – und wie sich das ändern ließe –, weiß Arbeitsrechtler Jan Tibor Lelley von der Kanzlei Buse Heberer Fromm.
Was werfen viele Ihrer Mandanten den Betriebsräten vor?
Entscheidern stößt es häufig auf, dass der Betriebsrat nicht nur umfassende Kommunikation und Einbindung in alle noch so kleinen Vorgänge des Betriebsalltags beansprucht. Schlimmer noch: Aus ihrer Sicht blockiert er dringend notwendige Regelungen zur Arbeitszeit, zu Überstunden oder beispielsweise auch zu dem von der ausländischen Konzernmutter vorgegebenen neuen Bonussystem. Und all das im Namen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten.
Und das Management reagiert dann in der Regel wie?
Mit dem Holzhammer: Einzelne Betriebsratsmitglieder nimmt man aufs Korn, sucht nach persönlichen Verfehlungen im Arbeitsverhältnis und möglichen Kündigungsgründen. Der Betriebsrat als Ganzes wird vom innerbetrieblichen Gegenspieler zum Feind der Arbeitnehmerinteressen hochstilisiert, dessen verantwortungsloses Wirken vermeintlich nicht nur den Betriebsfrieden stört, sondern auch das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens als solches infrage stellt. Beide Seiten, so erscheint mir das oft, packen wechselseitig gern ihre Folterinstrumente aus.
In der Regel sehr zum Schaden des Unternehmens …
Ich bin sicherlich nicht als Freund von übertriebener betrieblicher Mitbestimmung bekannt – und erst recht nicht eingefleischter Verteidiger von Arbeitnehmerinteressen. Aber das Betriebsverfassungsgesetz ist nun einmal deutsche Rechtswirklichkeit und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben. Wer im Interesse des Unternehmens handeln will, muss sich damit arrangieren.
Was raten Sie den Entscheidern in den Firmen denn konkret?
Kein Kuschen vor dem Betriebsrat oder externen Beratern, die ihn möglicherweise anstacheln. Hier gilt es, klare Kante zu zeigen und die Linie zu ziehen, die nicht überschritten werden darf. Keinesfalls bewährt es sich in der Praxis, sich das Wohlwollen des Gremiums durch übertriebenes Entgegenkommen oder gar Bevorzugung einzelner Betriebsratsmitglieder erkaufen zu wollen – der Schuss geht nach hinten los. Wem man den kleinen Finger bietet, der nimmt gerne die ganze Hand oder droht im schlimmsten Fall mit einer Strafanzeige wegen Behinderung oder Störung der Betriebsratsarbeit. Der gut beratende Manager tritt seinem Betriebsrat daher auf Augenhöhe gegenüber: freundlich im Ton, hart in der Sache und immer an den Interessen des Unternehmens und der Belegschaft orientiert.
Eigentlich ist der Betriebsrat ja auch kein Gegner …
Richtig, zunächst einmal ist er der gewählte Repräsentant der Mitarbeiter. Ob er tatsächlich deren Mehrheit vertritt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es lohnt sich aber, eine tragfähige Arbeitsbeziehung mit dem Betriebsrat aufzubauen. Gemeinsam mit dem Betriebsrat kann das Management viel erreichen. Betriebsvereinbarungen – auch solche, die Arbeitnehmer nicht mögen, weil sie zu Einschnitten in den sozialen Besitzstand führen – wirken unmittelbar und zwingend ohne die Zustimmung der Belegschaft. Hier hat das Management also ein Instrumentarium in der Hand, um auch unpopuläre Maßnahmen zusammen mit den Arbeitnehmervertretern umzusetzen. Dazu bedarf es aber gegenseitigen Vertrauens. Und dieses wird nicht geschenkt, sondern verdient. Denn nur einem starken, offen die Interessen des Unternehmens kommunizierendem Management kann ein Betriebsrat vertrauen. Hier also muss die Zusammenarbeit ansetzen.