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Creditreform

Die Stunden, die Angestellte auf einer Dienstreise verbringen, sind Arbeitszeit und auch so zu vergüten, stellte das Bundesarbeitsgericht im Oktober 2018 fest. Unternehmen tun gut daran, ihre Arbeitsverträge kritisch zu prüfen.

 

© Jacobs Stock Photography Ltd/Getty Images

Der Fall: Ein international tätiges Bauunternehmen hatte einen technischen Mitarbeiter für mehrere Wochen auf eine Baustelle in China entsandt. Er brauchte für Hin- und Rückreise vier Tage, also rund 96 Stunden, die das Unternehmen ihm auch mit jeweils acht Stunden pro Tag vergütete.

Das reichte dem Angestellten allerdings nicht. Er verlangte eine Vergütung für weitere 37 Stunden, mit der Begründung die gesamte Reisezeit, mit Ausnahme der Übernachtungen, sei wie Arbeit zu entlohnen.

Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Kläger weitestgehend Recht. Die Reise nach China und zurück sei im Interesse des Arbeitgebers erfolgt und deshalb wie Arbeit zu vergüten.

Maßgeblich sei die Reisezeit, die im Rahmen des Zumutbaren mit dem günstigsten Verkehrsmittel beziehungsweise dem günstigsten Reiseverlauf anfalle. Diese Zeit müssen Unternehmen wie Arbeit entlohnen, sofern nicht in Arbeits- oder Tarifverträgen gesonderte Regelungen vereinbart wurden.

 

Urteil mit Signalwirkung

Die Begründung: „Eine Dienstreise ist etwas anderes als der tägliche Weg ins Büro“, erklärt Ulrike Barkow, Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Wenn Mitarbeiter außerhalb des Betriebs Kunden treffen, dort Dienstleistungen erbringen oder Geschäfte abschließen, dann steht die jeweilige An- und Abreise im direkten Zusammenhang mit der Arbeit und ist auch als solche zu vergüten“, sagt Barkow. Und zwar bei Inlands- und Auslandsreisen gleichermaßen.

Die Auswirkungen: Vorerst hat das BAG Dienstreisen, die auf der kürzestmöglichen Verbindung zurückgelegt werden, als zu bezahlende Zeiten anerkannt. „Das Urteil kann durchaus Auswirkungen auf vergleichbare Fälle haben“, sagt Barkow.

Das betreffe dann nicht nur die Vergütung, sondern auch mögliche Überstunden und Freizeitausgleich. „Pauschal lässt sich das aber nicht beantworten. Dreh- und Angelpunkt ist immer, was Mitarbeiter und Unternehmen vertraglich vereinbart haben.“

 

Arbeitsverträge prüfen

Die Empfehlung: Unternehmen, deren Mitarbeiter viel reisen, sollten sich ihre Arbeitsverträge kritisch ansehen und diese bei Bedarf anpassen, empfiehlt Barkow: „Formulierungen wie: ‚Reisezeit ist mit dem normalen Gehalt abgegolten‘ sollten vermieden werden. Sie sind zu allgemein und gehen, weil sie dann unwirksam sind, häufig zulasten des Arbeitgebers.“

Stattdessen gehörten konkrete Bedingungen in den Vertrag. Etwa, wie viele Reisen zumutbar sind, wie mit Überstunden durch Reisen umgegangen wird und wie Zeiten für Übernachtungen berechnet werden.