War die Firmenrente früher ein erstklassiges Instrument, qualifizierte Mitarbeiter zu binden oder neue Fachkräfte zu finden, ist sie nun längst Standard. Ausschlaggebend ist heute für Mitarbeiter beim nächsten Karriereschritt mit Wechsel des Arbeitgebers, dass sie ihr Angespartes problemlos mitnehmen können.
Schon vor rund vier Jahren schlug der Deutsche Industrie- und Handelskammertag Alarm: Der deutschen Wirtschaft fehlten zu jener Zeit rund 400.000 Ingenieure, Meister und gut ausgebildete Facharbeiter. Die Berliner Wirtschaftsvertreter schickten auch gleich noch eine Mahnung hinterher: Weil Fachkräfte Mangelware seien, verzichte Deutschland auf rund 25 Milliarden Euro Wertschöpfung oder anders ausgedrückt auf ein Prozent Wirtschaftswachstum – Jahr für Jahr.
Des einen Leid, des anderen Freud. Aus Sicht der deutschen Versicherungswirtschaft war und ist die betriebliche Altersversorgung (bAV) mit das wirkungsvollste Instrument, Fachkräfte an das Unternehmen zu binden, zu motivieren oder neue zu gewinnen. Nach dem „Alterssicherungsbericht 2012“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hatten zum Jahresende 2011 knapp 20 Millionen Arbeitnehmer und öffentlich Bedienstete Anwartschaften auf eine Betriebsrente. Rund fünf Millionen mehr als noch im Jahr 2001, also kurz bevor die Betriebe gesetzlich dazu verpflichtet wurden, ihren Mitarbeitern eine bAV durch Entgeltumwandlung anzubieten.
Dabei fällt auf: Große Unternehmen mit 1.000 und mehr Beschäftigten haben zu 84 Prozent ein bAV-Angebot. Kleinere Firmen mit höchstens neun Mitarbeitern können lediglich eine Quote von 30 Prozent ausweisen. Wer also als künftiger „Firmenrentner“ aus Karrieregründen in ein anderes Unternehmen wechselt, sollte deshalb Wert darauf legen, „dass seine Anwartschaft auf Firmenrenten problemlos übertragen wird“, sagt Andreas Buttler Geschäftsführer des bAV-Spezialisten febs Consulting in Grasbrunn.
Rechtsanspruch auf Mitnahme
Grundsätzlich gilt: Durch ihre bisherigen Beitragszahlungen über Entgeltumwandlung haben Arbeitnehmer eine bestimmte Rentenanwartschaft erworben. Diese kann ihnen niemand mehr nehmen. Die Rentenanwartschaft steigt durch künftige Beitragszahlungen beim neuen Arbeitgeber weiter an. Bei drei der fünf Durchführungswege in der betrieblichen Altersvorsorge – der Direktversicherung, der Pensionskasse und dem Pensionsfonds – haben Jobwechsler sogar einen Rechtsanspruch auf die Mitnahme ihrer bestehenden Rentenanwartschaften. Der Fachbegriff dafür lautet „Portabilität“. Dabei kommen folgende drei Übertragungsmöglichkeiten für sie in Betracht:
– Die neue Firma übernimmt den bereits laufenden bAV-Vertrag unverändert.
– Der bisherige Durchführungsweg wird beibehalten. Die neue Firma arbeitet aber mit einem anderen Anbieter, in der Regel einem Versicherer, zusammen. In dem Fall wird das bisher angesparte Versorgungskapital, die Rentenanwartschaft des neuen Mitarbeiters, eins zu eins auf den anderen Anbieter übertragen.
– Falls der künftige Chef einen anderen als den bisherigen Durchführungsweg des neuen Mitarbeiters anbietet, muss der Altvertrag gekündigt werden. Das bis dato angesparte Versorgungskapital wird als Einmalzahlung in den neuen Vertrag übertragen. In diesen zahlt der Mitarbeiter künftig seine Beiträge per Entgeltumwandlung ein.
Bei den beiden bAV- Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse besteht dieser gesetzliche Anspruch dagegen nicht. Ein Tipp: Falls der neue Arbeitgeber nicht mitspielt und ausgerechnet den bAV-Durchführungsweg nicht anbietet, den der Mitarbeiter in spe bisher nutzt, sollte der Altvertrag „beitragsfrei“ gestellt werden. Das bis dato angesammelte Rentenkapital kann dann problemlos vom alten Arbeitgeber bis zum Renteneintritt weiter verwaltet werden.
Anders läuft es bei der arbeitgeberfinanzierten bAV, da hier der Aufbau der Firmenrente nicht über Entgeltumwandlung, sondern aus der Firmenkasse erfolgt. „Entsprechend kompliziert sind die rechtlichen Vorgaben beim Jobwechsel“, erklärt Steuerberater Lutz Koch aus Eschweiler. Das Problem: Der Arbeitnehmer erwirbt im Gegensatz zur bAV mit Entgeltumwandlung nicht vom ersten Tag an eine sogenannte unverfallbare Rentenanwartschaft. Diese tritt erst nach fünf Jahren Firmenzugehörigkeit und im Alter von mindestens 25 Jahren ein. Eine Ausnahme gilt für bAV-Verträge, die vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen wurden: Hier muss der Arbeitnehmer für eine unverfallbare Anwartschaft nach fünf Jahren Betriebszugehörigkeit mindestens 30 Jahre alt sein. Beim Jobwechsel gilt: Sind die Rentenansprüche des Mitarbeiters unverfallbar, kann der neue Chef die Versorgungszusage der alten Firma übernehmen oder aber den bis zum Jobwechsel erreichten Wert in das eigene bAV-System übertragen.
Steuervorteile nutzen
Grundsätzlich ist es sinnvoll, auch nach dem Jobwechsel weiter in die Firmenrente einzubezahlen. Mit der wichtigste Grund sind die dank Entgeltumwandlung spürbaren Ersparnisse bei der Lohn- und Einkommensteuer sowie den Sozialabgaben. Im Jahr 2014 können insgesamt bis 4.656 Euro steuerfrei und bis 2.856 Euro sozialabgabenfrei in einen bAV-Vertrag der drei Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds investiert werden.
Doch was ist zu tun, falls der neue Arbeitgeber zwar die Direktversicherung im Prinzip beibehalten möchte, aber einen anderen Anbieter bevorzugt? Hier gilt es genau hinzuschauen: Möglicherweise sind bei dem neuen Direktversicherungsvertrag Zusatzleistungen, die der Arbeitnehmer bei der alten Offerte sicherhatte und die für ihn wichtig sind, nicht enthalten – beispielsweise ein Berufsunfähigkeitsschutz. Möglicher Ausweg: Der neue Mitarbeiter führt seinen bestehenden Vertrag, falls er sich dies leisten kann, mit eigenem Geld fort. Parallel dazu schließt er einen neuen bAV-Vertrag ohne die für ihn wichtigen Leistungsmerkmale ab.
Nicht immer und überall läuft die Übertragung eines bAV-Vertrages beziehungsweise von bAV-Anwartschaften reibungslos. Für diese Fälle hat die „Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge“ eigens eine Clearingstelle eingerichtet. Weitere Infos finden Sie hier
So hoch ist der Anteil der Firmen, die eine betriebliche Altersversorgung anbieten, in den einzelnen Branchen:
Bergbau, Energie- und Wasserversorgung 86 %
Kredit und Versicherungen 82 %
Sonstige private und öffentliche Dienstleistungen 78 %
Verkehr und Nachrichten 74 %
Grundstoffe/Produktionsgüter 73 %
Handel 71 %
Verbrauchsgüter 68 %
Investitions- und Gebrauchsgüter 68 %
Baugewerbe 56 %
Quelle: WSI