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Creditreform

Zuwanderer sind ein Segen für Deutschland. Allein in den nächsten zehn Jahren benötigt unsere Wirtschaft 1,5 Millionen ausländische Fachkräfte. Wie Unternehmer aus den bisherigen Qualifikationen der Zuwanderer das Optimum für ihren Betrieb herausholen.

Manche Anrufe und Mails tun Bernd Weggen in der Seele weh: Wenn der Geschäftsführer des Berliner Meisterbetriebs Fischer & Weggen, der auf die Rundumsanierung von Wohnungen spezialisiert ist, mal wieder einen großen Auftrag absagen muss – nur weil seinem 50-Mann-Betrieb Fachkräfte fehlen. Deshalb rekrutiert Weggen nun Mitarbeiter aus Osteuropa. Der Haken an der Sache: Viele der neuen Kollegen konnte der Mittelständler lange Zeit auf den Baustellen nur weit unter deren eigentlicher Qualifikation einsetzen. Ihre ausländischen Berufsabschlüsse waren in Deutschland nicht anerkannt. Glück für Weggen: Seit dem 1. April 2012 haben Zugewanderte und Neuzuwanderer per Gesetz ein Recht darauf, dass ihr im Ausland erworbener Berufsabschluss bewertet und daraufhin überprüft wird, ob er mit einem deutschen Referenzberuf voll oder zumindest teilweise gleichwertig ist oder gar nicht diesem übereinstimmt.

Multikulturelle Belegschaft: Mitarbeiter aus 30 Nationen arbeiten im Eisenwerk Brühl. © Matthias Sandmann

Multikulturelle Belegschaft: Mitarbeiter aus 30 Nationen arbeiten
im Eisenwerk Brühl. © Matthias Sandmann

Ob der Arzt aus dem Iran, der Ingenieur aus der Türkei oder der Estrichleger aus Polen – innerhalb von drei Monaten müssen die zuständigen Stellen, darunter je nach Berufsbild Kammern, Bezirksregierungen und Landesprüfungsämter – den Bescheid erstellen. Allein 2013 zählten die Prüfstellen bundesweit insgesamt rund 16.700 anhängige Verfahren und kamen rund 13.350 Mal zu einem Ergebnis. In 75 Prozent der Fälle lautete ihr Urteil „voll gleichwertig“, 21 Prozent der Verfahren endeten zumindest mit einer teilweisen Anerkennung, wobei die enttäuschten Antragsteller nach der Prüfung zumindest wussten, wo und wie sie sich nachqualifizieren können.

Schleppender Erfolg

Mit diesen Zahlen hat die Bundesregierung zwar ihr ursprüngliches Ziel von rund 300.000 Antragstellern bislang bei weitem nicht erreicht. Knut Diekmann, Bildungsexperte vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag, spricht deshalb auch nur von einem „schleppend guten Erfolg“. Dennoch ist Heike Klembt-Kriegel, Geschäftsführerin der IHK Fosa (Foreign Skills Approval), zuversichtlich: „Der große Run ist bislang ausgeblieben. Trotzdem hat sich das Anerkennungsgesetz in den vergangenen drei Jahren als eine wichtige Säule für die Fachkräftesicherung in Deutschland erwiesen.“ Immerhin verfüge das Land heute über ein dichtes Netzwerk an Beratungsstellen und gut eingespielte Verfahren, um das wahre Potenzial von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland herauszuarbeiten und ihnen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern.

„Viele Arbeitgeber unterstützen ihre ausländischen Fachkräfte gezielt bei der Antragstellung und beschleunigen so das Verfahren.“ Heike Klembt-Kriegel, IHK Fosa

Davon profitieren auch die Unternehmen. „Chefs können zwar den Antrag nicht stellen, das muss der Mitarbeiter schon selbst tun“, so Klembt-Kriegel. „Viele Arbeitgeber unterstützen ihre ausländischen Fachkräfte jedoch gezielt bei der Antragstellung und beschleunigen so das Verfahren – etwa indem sie ihnen bei der Bürokratie behilflich sind, die Kosten für die Übersetzung ihrer ausländischen Zeugnisse und Zertifikate durch Übersetzer übernehmen oder sich an den Gebühren für das Verfahren selbst beteiligen, die je nach Fall zwischen 100 und 600 Euro betragen.“

Das gilt auch für Unternehmer Weggen. Seit zwei Jahren arbeitet der 28-jährige Rafal Ritzka aus Schlesien für den Berliner. „Er hat in Polen eine dreijährige Ausbildung zum Sanitäranlagenmechaniker absolviert und verfügt über mehrere Jahre einschlägiger Berufserfahrung“, freut sich sein Chef. „Weil jedoch sein ausländischer Berufsabschluss nicht anerkannt ist, konnten wir ihn bislang nur als Fachhelfer einsetzen.“ Um den Auftraggebern gegenüber zu dokumentieren, dass Ritzkas Qualifikation der eines deutschen Facharbeiters gleichkommt, ermutigte Fischer & Weggen den jungen Mann, bei der Handwerkskammer Antrag auf Anerkennung seiner ausländischen Ausbildung zu stellen. Spätestens im Herbst hofft Ritzka nun den Bescheid in den Händen zu halten, der ihm einen besseren Tariflohn und weitere Karriereschritte ermöglicht.

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