Oft bleiben von jedem Euro Gehaltserhöhung gerade einmal 50 Cent übrig. Nicht der beste Ansporn, noch mehr zu arbeiten. Mit einer effizienten Strategie zur Nettolohn-Optimierung genießen beide Seiten spürbare finanzielle Vorteile: Unternehmen und Mitarbeiter.
In der ersten Juli-Hälfte war es so weit, es war Steuerzahler-Gedenktag. Ausgerufen wird er alljährlich vom Bund der Steuerzahler und erinnert daran: Das restliche Jahr arbeiten die Deutschen ausschließlich für sich und nicht für das Finanzamt oder die Sozialversicherung. Mehr als sechs Monate schuften für den Fiskus? Die Belastung mit Steuern und Abgaben „ist ein Leistungshemmnis vor allem für gut ausgebildete Mitarbeiter“, ist Max U. Treichel, Unternehmens- und Personalberater aus Düsseldorf, überzeugt.
Kein Wunder, dass es zunehmend schwerer fällt, Fachkräfte zu finden, die bereit sind, in gut bezahlten Positionen Verantwortung zu übernehmen. „Qualifizierte Arbeitnehmer können sich ihr Wunschunternehmen aussuchen“, so Treichel. Die Folge: Sobald ein Unternehmen Bewerbern nicht mehr zu bieten hat als ein geheiztes Büro, einen sauberen Schreibtisch und eine Espressomaschine, ist es für Fach- und Führungskräfte unattraktiv.
Individuelles Steuersparpaket
Gute Ideen und sinnvolle Konzepte zur Motivation von Fachkräften gibt es etliche. Steuerfreie Arbeitgeberleistungen heißen sie im Fachjargon. Mit dem Segen der Finanzverwaltung im Übrigen, die gegen die unterschiedlichen Bausteine der sogenannten Nettolohn-Optimierung nichts einzuwenden hat. Auf rund 20 Angebote summieren sich die steuer- und sozialabgabenfreien respektive pauschal zu versteuernden Sachleistungen, die Firmen gewähren können. „Daraus kann der Betrieb ein Paket aus unterschiedlichen Bausteinen schnüren, sodass jeder Beschäftigte – abhängig von seinem Bruttoeinkommen und somit von seinem Steuersatz – jährlich bis zu rund 1.200 Euro an Steuern und Sozialabgaben sparen kann“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Oliver Maaß von der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München. Eingeweihte bezeichnen diese Selbstbedienung bei Steuersparmöglichkeiten als Cafeteria-Modell. „Es ist ein Konzept zur flexiblen Einkommensgestaltung: Die Mitarbeiter können entsprechend ihren eigenen Bedürfnissen aus den angebotenen steuerfreien oder steuerbegünstigten Zusatzleistungen wählen“, erklärt Prof. Dieter Wagner von der Universität Potsdam. Ursprünglich als Incentive für Führungskräfte in Großunternehmen erdacht, „entwickelt sich diese Form des modernen Personalkostenmanagements zu einem attraktiven Element einer flexibilisierten Entlohnung von ganz normalen Arbeitnehmern“, ergänzt denn auch Prof. Achim Grawert von der Hochschule für Wirtschaft und Recht aus Berlin.
Und auch die Unternehmen können profitieren: So beziffert die Beratungsfirma ValueNet Management AG den jährlichen Kostenvorteil dank Bruttolohnverzicht und Einsparungen bei den Sozialabgaben auf 400 bis 700 Euro je Mitarbeiter. Dabei sind die Kosten für die Einrichtung und Verwaltung des neuen Entlohnungsmodells sowie die Kompensation von Einbußen in der Sozialversicherung berücksichtigt. Vorausgesetzt, die Firma beauftragt einen der zahlreichen Dienstleister, die sich auf Nettolohn-Optimierungsstrategien spezialisiert haben. Bei deren Auswahl sollten sie darauf achten, dass die angepriesenen Entlohnungsmodelle durch ein Rechtsgutachten, mindestens jedoch durch eine verbindliche Auskunft beim Betriebsstättenfinanzamt legitimiert wurden. Das Honorar für die Beratung, die Einrichtung und betreuende Begleitung ist in der Regel degressiv gestaffelt. Soll heißen: Je mehr Beschäftigte eines Unternehmens sich beteiligen, desto geringer die Pro-Kopf-Gebühr. Sie kann monatlich zwischen 15 und 30 Euro betragen.
Auch die Kaffee-Partner-Gruppe in Osnabrück nutzt ein externes Angebot: „Mit dem Cafeteria-Modell haben wir zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern ein Motivationsinstrument an der Hand, das uns im Wettbewerb Vorteile verschafft“, sagt Sprecherin Annette Fuchs. Das Unternehmen beschäftigt rund 480 Personen. Sie haben unter anderem die Wahl unter Kita-Zuschüssen, Shoppingkarten oder Internetpauschalen. 20 Prozent der Belegschaft nehmen am Cafeteria-Modell teil. „Wir verzeichnen große Zustimmung und steigende Nachfrage, weil sich mit den unterschiedlichen Bausteinen das Netto-Haushaltseinkommen spürbar erhöhen lässt“, so Fuchs.
Doch die steuerfreien Gehaltsextras haben auch eine Kehrseite: „Die durch die Beitragseinsparungen entstehenden Lücken in der gesetzlichen Rente, in der Arbeitslosen- und Krankengeldabsicherung werden grundsätzlich vom Arbeitgeber ausgeglichen“, gibt der Experte Maaß zu bedenken. Und auch der Deutsche Gewerkschaftsbund verspürt gemischte Gefühle. „Steuerfreie Leistungen dürfen den Firmen keinen Vorwand liefern, das eigentliche Gehalt nicht zu erhöhen.“
Steuer- und sozialabgabenfrei oder pauschal versteuert? Unternehmen können einige Hebel in Bewegung setzen, damit ihre Beschäftigten am Monatsende mehr vom Brutto haben:
– Altersteilzeit: Für den Mitarbeiter steuerfrei sind Aufstockungsbeiträge der Firma nach dem Altersteilzeitgesetz und Ausgaben für die Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenkasse.
– Arbeitsmittel: Kostenlose Überlassung von Arbeitsmitteln wie Werkzeug oder Arbeitskleidung.
– Aufmerksamkeiten der Firma an den Mitarbeiter oder dessen Angehörige zu besonderen persönlichen Anlässen (bis 40 Euro für Blumen, Bücher, CDs).
– Beihilfen von höchstens 600 Euro in Notfällen wie Krankheit, Unfall, Kuren.
– Bonuspunkte: Viele Beschäftigte dürfen etwa ihr Miles&More-Guthaben für private Zwecke nutzen. Ein Gegenwert von bis zu 1.080 Euro im Jahr ist steuerfrei.
– Essen: Zahlt der Chef die Mahlzeiten, sind nur die Sachbezugswerte (drei Euro für Mittag- oder Abendessen, 1,63 Euro für Frühstück) zu versteuern. Für Restaurantbesuche gibt es einen steuerfreien Zuschuss von bis zu 3,10 Euro täglich.
– Gesundheit: Die Firma kann ihren Mitarbeitern bis 500 Euro jährlich überweisen. Allerdings zusätzlich zum Arbeitslohn und nicht in Form einer Gehaltsumwandlung.
– Gutscheine: Einkaufsbons oder Benzingutscheine sind Sachbezüge. Hier gilt eine monatliche Freigrenze von 44 Euro.
– Hardware: Die Firma schließt einen Leasingvertrag mit dem Lieferanten ab. Der Mitarbeiter erklärt einen Gehaltsverzicht in entsprechender Höhe und kann das Objekt nach 24 Monaten zum Restwert übernehmen. Die Ersparnis beträgt rund 50 Prozent gegenüber dem Ladenpreis. Gilt etwa für PCs, Laptops, Smartphones oder E-Bikes.
– Kindergarten: Die Beiträge können Unternehmen komplett steuerfrei übernehmen.
– Rabatte: Der steuerfreie Preisvorteil darf sich auf 1.080 Euro im Jahr summieren.
Vorausgesetzt, die gekauften Produkte werden auch den Kunden angeboten.
– Telekommunikation: Die private Nutzung von Firmen-Telefon, -Handy, -Fax oder -Internet ist grundsätzlich steuerfrei. Dies betrifft sowohl die Kosten der Hardware als auch die Nutzungsentgelte.
– Vermögensbeteiligung: Wird ein Mitarbeiter Mitinhaber, ist eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung der Beteiligung bis 360 Euro pro Jahr steuerfrei.