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Creditreform

In den letzten Wochen wurde viel über die schwarze Null im Bundeshaushalt diskutiert und geschrieben. Erstmals seit 46 Jahren plant die Bundesregierung, ohne neue Schulden im Jahr 2015 auszukommen. Was für den Privatmann und die mittelständischen Unternehmen fast eine Selbstverständlichkeit ist, wird als großer politischer Erfolg gefeiert.

Politisch gesehen mag dies auch richtig sein. Denn Politiker sind in den letzten Jahren immer den Weg des geringsten Widerstands gegangen. Wenn die (Steuer-)Einnahmen nicht die Ausgaben decken, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten, die Finanzierungslücke zu schließen: Eine Steuererhöhung – dies vergrault die Wähler. Eine Ausgabenkürzung – auch dies vergrault die Wähler. Also wählten die Politiker in den letzten Jahrzehnten den dritten Weg und erlagen der süßen Versuchung der Neuverschuldung – diese kostet zunächst nur Zinsen, aber in der Regel keine Wählerstimmen.

Hierzu wurde von den Haushältern ein schönes Wort kreiert: Nettokreditaufnahme. Auf Deutsch: notwendige neue Schulden, damit der Haushalt ausgeglichen ist. Und dann wird der Wähler beziehungsweise die Öffentlichkeit noch durch Pressemitteilungen in der nachfolgenden Art beruhigt: „Die Nettokreditaufnahme wird zurückgeführt.“ Heißt im Klartext: Letztes Jahr haben wir x Milliarden neue Schulden gemacht, dieses Jahr machen wir auch neue Schulden, aber eben ein bisschen weniger.

Deutschland zahlt 28 Milliarden Euro Zinsen

Diese kreditfinanzierte Politik hat dazu geführt, dass der Staat (Bund, Länder, Kommunen, Sozialversicherungen) mittlerweile einen Schuldenberg von mehr als 2.000 Milliarden Euro aufgehäuft hat. Dies hat zur Folge, dass allein der Bund für seine Schulden trotz der Niedrigzinsphase 2015 rund 28 Milliarden Euro Zinsen zahlen muss. Fast jeder zehnte Euro aus dem Bundeshaushalt wird hierfür verwendet.

Und was bedeutet eine schwarze Null im Haushalt für den vorhandenen Schuldenberg? Einzig und allein, dass der Schuldenberg nicht – wie in den Jahren zuvor – weiter wächst. Aber werden Schulden getilgt? Nein. Wenn zum Beispiel der Bund eine fällige Bundesanleihe über zehn Milliarden Euro zurückzahlen muss, dann leiht er sich zuvor durch eine neue Bundesanleihe neues Geld am Kapitalmarkt und zahlt damit die alte, fällige Bundesanleihe an die Gläubiger zurück.

Zur Person

Frank Wallau ist seit 2003 Professor an der Fachhochschule der Wirtschaft Paderborn/Bielefeld und lehrt dort Mittelstandspolitik, Unternehmensgründung und Nachfolge.

Dass es auch anders geht, zeigt der Freistaat Bayern. Seit 2012 hat Bayern seinen Schuldenstand um 2,5 Milliarden Euro reduziert. Im Doppelhaushalt 2015/2016 wird eine weitere Milliarde Euro getilgt, mit dem Ziel, 2030 komplett schuldenfrei zu sein. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen, die 2015 noch mal rund drei Milliarden Euro neue Schulden machen (müssen).

Die schwarze Null im Bundeshalt 2015 ist leider nur ein erster Schritt. Die Politiker müssen weitergehen und nicht nur keine neuen Schulden mehr machen, sondern sie müssen den Schuldenberg abbauen. Das Zeitfenster ist günstig, da die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren deutlich ansteigen werden. Betrugen die gesamten Steuereinnahmen des Staates 2013 rund 620 Milliarden Euro, erwarten die Steuerschätzer 2019 760 Milliarden Euro.

Der Staat muss aufhören, zulasten der kommenden Generationen zu wirtschaften. Zudem kann er nur so handlungsfähig bleiben und sich die Spielräume verschaffen, die er braucht, um die Zukunft aktiv gestalten zu können. Die Politik des Scheckbuchs ist zu Ende.