Natürlich ist das zweite Halbjahr in Deutschland wirtschaftlich nicht ganz so gut wie erwartet ausgefallen. Die entsprechende Panik war jedoch deutlich größer als notwendig. Dafür gab es mehr inhaltsleere Politikersprüche über den Stand der Dinge.
Strukturell ist Deutschland im Großen und Ganzen noch in Ordnung. Wirtschaftswachstum ist weiterhin da, wenn auch etwas kleiner als erwartet. Der Arbeitsmarkt ist weiter gut in Schuss. Die Exportwirtschaft hat nur leichte Dellen und die sind eher den außenpolitischen Wirren geschuldet als der Leistungskraft. Die Gehälter haben sich positiv entwickelt und selbst der Rückgang der Börsen ist moderat. Also eigentlich ein gutes Jahr.
Aber im Hintergrund lauern endogene und exogene Faktoren, die man nicht kleinreden kann. Die übermäßige Bedienung der eigenen Klientel der Großen Koalition ist schlicht übertrieben und bindet auf Jahre Finanzmittel für wichtigere Investitionen. Die Abkehr von der bewährten Rentenpolitik ist kontraproduktiv und spricht jeder demografischen Erkenntnis Hohn. Außerdem ramponiert sie das Image Deutschlands in den Ländern der EU, die bisher keine entsprechenden Reformen zustande brachten. Auf weitere nicht zwingende soziale Vergünstigungen muss angesichts der zumindest unklaren Lage verzichtet werden. Nicht die teuren Geschenke von heute sind sinnvolle Politik, sondern die Lösungen von Zukunftsfragen.
Zur Person
Uwe Hoch stand 24 Jahre als Verlagsdirektor und Geschäftsführer an der Spitze der Verlagsgruppe Handelsblatt.
Die exogenen Faktoren sind gravierend und weltumfassend wie selten. Die neuesten Kriegsschauplätze sind nahe der europäischen Grenzen. So schwärt unverändert das Problem Ukraine und damit das nunmehr schlechte Verhältnis zu Russland. Die wirtschaftliche Willkür Russlands wird partnerschaftliches Handeln auf Jahre zerstören. Die weiter wachsende Rechtsunsicherheit macht zunehmend westliche Investitionen im Land kaputt. Die Kriege im Norden Syriens und des Iraks gegen die mordlüsternen Kämpfer des IS belasten die Weltwirtschaft ebenso wie die instabilen Länder, in denen sie stattfinden. Und die Schaukelpolitik der Türken, also eines Nato-Partners, hilft nicht weiter. Nicht zu vergessen der jüngste Gaza-Krieg und das blühende Kidnappinggeschäft der Extremisten in Ostasien und Afrika. Dazu millionenfaches Flüchtlingselend und als Zugabe noch die international bedrohliche Ebola-Seuche.
Dazu kommt, dass es mit der Wirtschaft innerhalb der gesamten EU nicht zum Besten steht. Es nutzt wenig, wenn die kleineren Südstaaten sich deutlich verbessern konnten, während große Länder wie Frankreich oder Italien Strukturreformen im eigenen Land schlicht verweigern. Auch die Briten sind nicht gerade ein Stützpfeiler der Gemeinschaft. Wäre der Reformwille überall ähnlich groß wie historischer Stolz, nationale Eigenwilligkeit oder theatralische Opferrolle, gäbe es gute Chancen für die nächsten Jahre. Davon ist aber derzeit nichts zu erkennen. Ob die neue Kommission mit dem neuen Präsidenten an der Spitze daran kurzfristig etwas ändern kann, ist höchst zweifelhaft.
Summa summarum: Eigentlich war 2014 noch ein gutes Jahr angesichts der aktuellen Politik aller Akteure. Allerdings belastet mit miserablen Zukunftsaussichten. Wir haben gelernt: Ein gutes Jahr kann gleichzeitig ein schlechtes sein.