Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Das Entgelttransparenzgesetz soll es Arbeitnehmern – egal ob Frauen oder Männern – erleichtern, gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu fordern. Was das für Arbeitgeber bedeutet.

Unternehmen ab 200 Mitarbeitern müssen …
… darüber Auskunft geben, was Kollegen anderen Geschlechts in vergleichbaren Positionen verdienen. Existiert ein Betriebsrat, läuft die Anfrage standardmäßig über ihn. Andernfalls müssen sich Mitarbeiter direkt an den Arbeitgeber wenden.

Private Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sollen …
… freiwillig betriebliche Prüfverfahren durchführen, um sicherzustellen, dass ihre Entlohnung dem Entgeltgleichheitsgebot entspricht. Silvia Lang von der Kanzlei Hogan Lovells hält von der Ausgestaltung des Verfahrens nicht viel. „Entlohnungssysteme auf den Prüfstand zu stellen, ist zweifelsohne sinnvoll“, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Das im Entgelttransparenzgesetz verankerte Verfahren ist jedoch zu sperrig, kann den Frieden im Betrieb gefährden und bietet Haftungsrisiken.“ Das Entgelttransparenzgesetz sieht nämlich unter anderem vor, dass die Mitarbeiter über die Ergebnisse des betrieblichen Prüfverfahrens informiert werden – und je nachdem, wie diese ausfallen, steht das Betriebsklima auf dem Spiel.

Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften ab 500 Mitarbeitern sind verpflichtet, …
… einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu erstellen, falls sie einen Lagebericht nach Handelsgesetzbuch veröffentlichen müssen, und ihn diesem hinzuzufügen.

Verlangen Arbeitnehmer eine Auskunft, …
… bedarf dies der Textform (zum Beispiel per E-Mail). Eine Auskunft muss nur für Vergleichstätigkeiten erteilt werden und auch nur dann, wenn sich mindestens sechs Mitarbeiter des jeweils anderen Geschlechts für einen Vergleich heranziehen lassen. Das Gesetz sieht nicht die Offenlegung einzelner Gehälter vor. Als Vergleichsentgelt erhält der Mitarbeiter den sogenannten statistischen Median* – eine Tatsache, die Fachleute kritisieren. „Der statistische Median ist wenig geeignet zur Aufdeckung eines etwaigen Verstoßes gegen das Entgeltgleichheitsgebot“, sagt Fachanwältin Lang. „Das liegt nicht nur daran, wie er berechnet wird. Er lässt auch wichtige gehaltswirksame Faktoren – etwa die Betriebszugehörigkeit – unberücksichtigt.“

Arbeitsrechtler empfehlen Unternehmen, …
… die Auskunftserteilung an sich zu ziehen – weil sie so die Chance haben, als ungerecht empfundene Entgelte zu erklären. Wichtig ist, dass die Übernahmeerklärung inklusive Erläu­terung den örtlichen Betriebsräten bereits vor dem Auskunftsverlangen zugegangen ist. Um schlechte Stimmung im Betrieb zu vermeiden, rät Lang Unternehmen außerdem, sich auch zu Anträgen zu äußern, zu denen sie nicht zwingend Stellung nehmen müssen – etwa wenn eine Projektmanagerin das Gehalt des Geschäftsführers erfragt.

 

* Der statistische Median ist derjenige Wert, der in der Mitte einer aufsteigend geordneten Reihe von Werten steht. Ein Beispiel: Würde man aus den sieben Entgelten 1.700, 1.900, 2.100, 2.300, 2.800, 3.400 und 4.500 den statis­tischen Median ermitteln, wäre dieser 2.300. Bei einer geraden Anzahl von Werten würde ein neuer Wert gebildet, indem man die beiden mittleren zusammenrechnet und das Ergebnis durch zwei teilt: 1.700, 1.900, 2.100, 2.300, 2.800, 3.400, statistischer Median = 2.200.