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Creditreform

Verunreinigte Lebensmittel, Materialfehler, fehlerhafte Bauteile oder nicht zulassungskonforme Eigenschaften. Die Gründe für Produktrückrufe – sei es aus dem Handel oder direkt von den Kunden – sind vielfältig. Und die Verfahren stellen Unternehmen neben finanziellen Risiken vor organisatorische und juristische Herausforderungen.

 

© iStock/Frank Ramspott

Gründe: Wann müssen Unternehmen Produkte zurückrufen?
Zum Rückruf verpflichtet sind Hersteller und Quasi-Hersteller, also Händler, die ein Produkt etwa unter ihrer Eigenmarke führen. Und zwar immer dann, wenn Produkte Sicherheitsrisiken bergen und Gesundheit, Leib oder Leben gefährden. „Entscheidend ist auch, ob Produkte für den professionellen oder den privaten Gebrauch gekauft wurden“, sagt Lars Eckhoff, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei CMS. Bei Produkten für den Privatgebrauch lässt sich ein Rückruf oft nicht vermeiden. Bei fachkundigen Personen reicht möglicherweise auch eine Warnung aus, die Informationen über die sichere Verwendung oder eine Anpassung künftig gelieferter Produkte enthält.

Haftungsrisiken: Welche Konsequenzen hat es, wenn sie es unterlassen?
„Mit jeder Verzögerung der Rückrufaktion riskieren die Verantwortlichen Bußgelder“, sagt Eckhoff. Hat ein Unternehmen von gefährlichen Produktfehlern gewusst und nicht gehandelt, drohen sogar Strafanzeigen, wenn Kunden später zu Schaden kommen. Allein mit einer Rückrufaktion befreit sich der Hersteller aber nicht von der Haftung. Mit einer Produktwarnung lässt sich das Risiko allerdings vermindern: Kannte der Geschädigte den Rückruf und hat das Produkt trotz Warnung weiter genutzt, wird in der Regel keinen Schadensersatz verlangen können.

Abwicklung: Wie gehen sie es am geschicktesten an?
Ein Unternehmen, das Produkte auf den Markt bringt, habe immer eine Beobachtungspflicht, sagt Eckhoff: „Fehler bei der Herstellung können jedem passieren. Aber im Fall der Fälle müssen Unternehmen schnellstmöglich reagieren.“ Und zwar zumeist in drei Schritten: Warnung aussprechen, zuständige Behörden informieren und gegebenenfalls einen Rückruf in die Wege leiten. Um im Ernstfall schnell handlungsfähig zu sein, hilft es, bereits präventiv ein Krisenteam zu bilden. So können grundsätzliche Fragen und Handlungsoptionen im Vorfeld durchdacht und vorbereitet werden.

Image: Wie stellen sie sicher, dass der Makel nicht hängenbleibt?
Bei Rückrufaktionen kommt es darauf an, keine Zeit zu verlieren. „Das Schlimmste, was man machen kann, ist zu versuchen, das Ganze unter den Teppich zu kehren und zu hoffen, dass nichts passiert“, sagt Eckhoff. Um Imageschäden zu vermeiden und glaubwürdig zu bleiben, gilt es, alle Anfragen zu beantworten, Transparenz zu demonstrieren und den Dialog mit den Kunden zu suchen. „Wenn ein Rückruffall klar kommuniziert wird, braucht sich ein Unternehmen oft nicht um einen Imageschaden zu sorgen.“ Es kann sogar passieren, dass ein Rückruf das Unternehmen stärkt, weil der Verbraucher ihn nicht als Scheitern des Herstellers, sondern als Sorge um sein Wohlbefinden deutet.

Ersatz oder Ausgleich: Welche Möglichkeiten gibt es?
Dass Kunden ein Gratisgerät oder ein Ersatzprodukt auf Kosten des Herstellers bekommen, ist nicht zwingend. Rechtlich verpflichtet, ein Produkt auszutauschen, ist ein Unternehmen nur, solange die Gewährleistungsfrist beziehungsweise eine zusätzlich vom Hersteller oder Händler gegebene Garantie läuft. In dieser Zeit, meist 24 Monate, haben Verbraucher Anspruch auf Mängelbeseitigung. Ein Produktrückruf ist an diese Frist nicht gebunden. Ein fehlerhaftes Produkt kann auch dann vom Markt genommen werden, wenn sich der Fehler erst sehr viel später zeigt. Das Unternehmen muss es in diesem Fall zurückrufen und alle durch das Produkt entstandenen Schäden ersetzen. Das Produkt selbst ersetzen muss das Unternehmen aber nicht.