Aktuell fahren lediglich 0,7 Prozent der deutschen Dienstwagen vollelektrisch. Doch das dürfte sich bald ändern. Die neue Akkugeneration, die Fahrten bis 500 Kilometer mit einer Ladung ermöglicht, macht E-Autos auch außerhalb der Stadt alltagstauglich – und bisweilen auch wirtschaftlich interessant.
Klaus Baumgärtner fährt Tesla. Der Geschäftsführer des Mannheimer IT-Beratungsunternehmens BridgingIT setzt seit 2014 dienstlich voll auf Elektromobilität. Vor allem aus Imagegründen. „Mit der Elektrifizierung des Fuhrparks zeigt ein Unternehmen öffentlich seine ökologische Verantwortung und seine Innovationsbereitschaft“, sagt Baumgärtner – weshalb er nicht nur sich selbst ein Dienst-E-Auto gönnt, sondern mit 18 Tesla Model S und vier Tesla Model X eine der größten Elektrofirmenfahrzeug-Flotten im deutschen Mittelstand unterhält. „Auch wenn Elektrofahrzeuge auf den ersten Blick – noch – nicht wirtschaftlich erscheinen mögen, zahlen sie sich doch langfristig durch positive Effekte aus, die nur schwer monetär bewertbar sind“, ist Baumgärtner überzeugt. Positive Imageveränderung, Marketingpotenziale, Mitarbeitermotivation und glaubwürdige Innovationsbereitschaft seien solche wertvollen Effekte.
» Die Reichweite einer normalen Dienstfahrt liegt bei uns zwischen 150 und 300 Kilometer am Tag. Diese Tagesdistanz schafft man, ohne den Wagen zwischendurch laden zu müssen. «
Klaus Baumgärtner, BridgingIT
Zumal BridgingIT auch bei der Alltagstauglichkeit keinerlei Abstriche machen muss. „Unsere Autos fahren jeden Monat rund 50.000 Kilometer dienstlich und privat. Inzwischen sind gut zwei Millionen Kilometer insgesamt aufgelaufen. Ohne Einschränkung“, sagt Baumgärtner. Die Fahrzeuge seien alle zuverlässig im Einsatz, die Mitarbeiter hätten 2017 jedes ihrer Fahrziele erreicht, keiner habe wegen leerer Akkus oder sonstiger Schwierigkeiten einen Termin verpasst. „Die Reichweite einer normalen Dienstfahrt liegt bei uns zwischen 150 und 300 Kilometer am Tag. Diese Tagesdistanz schafft man, ohne den Wagen zwischendurch laden zu müssen“, rechnet der Geschäftsführer vor.
Umparken im Kopf
Doch es ist nicht nur der US-amerikanische Elektroautopionier, der reichweitenstarke Modelle im Angebot hat. Weitere Hersteller wollen 2018 entsprechende Wagen präsentieren. Der Markt für Stromer jedenfalls ist da: In einer Umfrage des Forschungsinstituts TNS aus dem Jahr 2016 gaben 86 Prozent der Befragten an, sich E-Dienstautos vorstellen zu können.
Baumgärtner hat BridgingIT mit dem Projekt „Elektrofirmenwagen“ sogar einen neuen Geschäftsbereich erschlossen. Inzwischen beraten er und seine gut 500 Mitarbeiter auch andere Firmen in Sachen Elektrifizierung von Fahrzeugflotten. Denn wer Elektromobilität im Geschäftswagenbereich will, muss umdenken. Während für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren effiziente Prozesse existieren, muss der Einsatz von E-Autos neu gedacht und vorausschauend geplant werden. Wegen der eingeschränkten Reichweiten und der vergleichsweise langen Ladedauer ist das bekannte Fuhrparkmanagement auf den Einsatz von E-Autos kaum übertragbar.
Rechnet sich die Begeisterung für Elektromobilität auch in Euro und Cent? Baumgärtner sagt: „Die Kostenersparnis der Stromer muss man differenzierter betrachten.“ Die älteren Fahrzeuge in seiner Flotte profitieren zum Beispiel von einem Bonus des Herstellers. Sie tanken nach Möglichkeit kostenlos an einer der bundesweit mehr als 380 Tesla-Supercharger-Stationen. Für im Jahr 2018 angeschaffte Neuwagen gilt dieser Bonus nicht mehr. Jetzt gibt es nur noch eine Gratismenge von 400 Kilowattstunden pro Jahr, was für etwa 1.600 Kilometer ausreicht. Braucht man mehr Saft, muss man ihn an den Tesla-Supercharger-Stationen zu marktüblichen Preisen bezahlen.
Knapp vier Cent pro Kilometer
Auch Michael Willberg, Geschäftsführer des Kopfhörerherstellers Ultrasone in Tutzing, sieht Elektroautos im Kostenvergleich klar im Vorteil – zumal er einen Teil der Betankung über eine eigene Photovoltaikanlage bewerkstelligt. Auch er fährt ein Model S von Tesla und rechnet vor: „Der Tesla kostet im Monat etwa 1.250 Euro netto im Leasing, bei 91.000 Euro als Neupreis.“ Dazu kommen die Netto-Betriebskosten, in seinem Fall positiv beeinflusst durch eine im Herbst 2013 montierte Photovoltaikanlage. Zu Buche stehen: Stromkosten auf 100 Kilometer etwa ein Euro, Wartungskosten bisher etwa 180 Euro für 50.000 Kilometer. Die Wartung ist so günstig, weil E-Autos weder Ölwechsel noch den teuren Austausch von Zahn- oder Keilriemen kennen. Auch die Bremsen halten länger, weil die Fahrzeuge vor allem mit dem Generator bremsen, sobald der Fahrer den Fuß vom Gas- beziehungsweise Strompedal nimmt. Von der Kfz-Steuer sind neue Elektroautos befreit. Bei Willberg kommen noch 820 Euro für die Versicherung hinzu und gut 600 Euro anteilig für die Reifen. Macht in Summe etwa 2.100 Euro für 50.000 Kilometer Autofahren. „Will heißen gut 4,2 Cent pro Kilometer ohne Wertverlust für sämtliche laufenden Kosten. Oder 4,20 Euro für 100 Kilometer.“ Bei einem Verbrauch von 25 Kilowattstunden auf 100 Kilometer kommt der Unternehmer auf Tankkosten von gut 800 Euro pro Jahr. „Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass die Photovoltaikanlage in der Anschaffung rund 20.000 Euro gekostet hat“, schränkt er ein – und trifft damit einen wunden Punkt.
Stimmen gegen den Strom
Bei der Mobilitätsfirma Ubeeqo kann man den Kostenvorteil von E-Autos noch nicht erkennen. Ubeeqo veröffentlichte im Jahr 2017 einen Firmenwagen-Effizienz-Test, der auch den wirtschaftlichen Einsatz von E-Autos unter die Lupe nahm. Die Studie betrachtet die Gesamtkosten über einen Zeitraum von zehn Jahren und berücksichtigt Anschaffungspreis, Umweltbonus, Unterhaltskosten sowie die Installation einer Heim-Ladestation. Das Fazit: Schaut man nur auf die Kosten, rechnet sich Elektromobilität in keinem der untersuchten Fälle. Auch der ADAC rechnet vor, dass E-Modelle bei den Kosten pro Kilometer größtenteils immer noch teurer als vergleichbare Verbrenner sind. Wer dennoch Interesse hat, kann mithilfe eines Online-Kostenrechners des Öko-Instituts (emob-kostenrechner.oeko.de) herausfinden, was E-Mobilität fürs Unternehmen kosten würde. Das Gratis-Tool berücksichtigt alle Faktoren von der Fahrzeuganschaffung über Kraftstoffe und Strom, Werkstattbesuche, Steuer und Versicherung bis hin zum Fahrzeugrestwert und der Lade-Infrastruktur.
Gerade der letzte Punkt sollte gründlich analysiert werden. Denn die einfachste und billigste Lösung, das Laden über die Haushaltssteckdose, ist nicht mehr als ein Notnagel. Erstens dauert sie mit einer Leistung von bis zu 3,7 Kilowatt pro Stunde viel zu lang. Zweitens ist sie nicht auf Dauerlast ausgelegt. Es drohen Überhitzungs- und Brandgefahr. Zum schnelleren Laden bis 22 Kilowatt bieten sich Wallboxen – auch als Heim-Ladelösung für privat genutzte Dienstwagen – an. Die Preise beginnen bei 500 Euro. Für eine einfache Installation fallen nochmals gut 1.000 Euro an. Müssen für die Installation aber viel Erde oder Mauerwerk bewegt, etliche Meter Kabel verlegt und eventuell noch ein zusätzlicher Zähler installiert werden, geht das allerdings schnell ins Geld. Wer noch schnellere Ladezeiten mit 43 Kilowatt und mehr möchte, kommt ohnehin nicht um Ladesäulen mit Gleich- oder Wechselstrom-Schnellladung herum. Hier kann die Investition pro Säule schnell 20.000 Euro übersteigen. Die gute Nachricht: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bezuschusst die Anschaffung, Errichtung und Modernisierungsmaßnahmen von Ladepunkten und Netzanschlüssen. Bedingung für eine Förderung ist aber, dass die Station werktags mindestens an zwölf Stunden öffentlich zugänglich ist.
Eher Stück- als Netzwerk
Insgesamt betrachtet ist die öffentliche Tanksituation für E-Auto-Fahrer noch immer unübersichtlich. Auch die Preisunterschiede sind enorm. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der öffentlichen Ladesäulenlandschaft im Auftrag des Energie- und IT-Unternehmens Lichtblick. In der Spitze werden für eine Reichweite von 100 Kilometern inklusive einmaliger Gebühr bis zu 25 Euro berechnet. Die meisten Ladesäulenbetreiber rechnen nicht nach Verbrauch ab, sondern nach Ladezeit. Wer schnell laden will, muss also mehr zahlen. Wer sich zum Beispiel für einen Ampera-e entscheidet, dem bietet Opel die Mitgliedschaft im New-Motion-Ladenetzwerk an, dem größten Europas. Hier betragen die Preise mit 0,59 Euro pro Kilowattstunde gut das Doppelte des derzeitigen Strommarktpreises. Schnellladungen mit 50 Kilowatt werden mit 0,90 Euro pro Minute berechnet. Weil der Ampera-e gut 30 Minuten benötigt, um eine Batterieladung für 150 Kilometer Reichweite zu erzielen, entstünden in diesem Fall Tankkosten in Höhe von 27 Euro.
Am besten ist es deshalb, wenn Unternehmen, die sich für E-Mobilität entscheiden und die Kosten planbar gestalten wollen, auf Eigenversorgung setzen. Grundvoraussetzung für die Installation einer Ladevorrichtung wie etwa einer Wallbox ist freilich Immobilieneigentum oder das Einverständnis des Eigentümers. Für die Installation im Betrieb wäre eine Fläche für Ladeparkplätze bereitzustellen, die als Tankplätze auch stetig genutzt werden können – ganz besonders, wenn die Akkus mit Solarstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage geladen werden sollen. „Es muss tagsüber getankt werden können, wann immer es geht. Auch am Wochenende. Und man muss mit Teilladungen intelligent tanken lernen“, sagt Markus Borowski vom Solarbauspezialisten Borowski GmbH. Unter diesen Bedingungen hält der Experte eine Photovoltaikanlage mit Blick auf Elektromobilität für sehr sinnvoll. Weil die Sonne nicht rund um die Uhr scheint, kann die Eigenversorgung aus Solarstrom aber nie mehr als eine Ergänzung der Ladestruktur sein.
Fazit: Noch kostet der Umstieg auf Elektromobilität je nach Konstellation nicht nur Geld, sondern auch viel Organisationsaufwand. Aber er kann sich trotzdem lohnen. Prognosen zufolge wird 2035 mehr als jedes dritte Auto auf unseren Straßen ein E-Auto sein. Im Fuhrpark von BridgingIT ist es bereits heute jedes sechste Auto – Tendenz steigend. Keiner der Mitarbeiter möchte seinen Elektro-Dienstwagen mehr missen. Und Baumgärtners Begeisterung für Elektroantriebe macht auch nicht vor dem Zweirad halt. Als i-Tüpfelchen ermöglicht er seinen Mitarbeitern auch, ein E-Bike zu leasen. Deren Akkus allerdings werden ganz normal an der Steckdose geladen.