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Steigende Spritkosten ebnen auch im Mittelstand den Weg für alternative Antriebskonzepte. Welche Modelle bewähren sich bereits heute im Betriebsalltag – und was planen die Hersteller als Nächstes?

Wer „alternative Antriebe“ hört, denkt in erster Linie an Elektromotoren und Hybridfahrzeuge. Vielleicht noch an Gas. Aber an Benzinmotoren? „Warum eigentlich nicht?“, fragt Wolfgang Kopplin. Für den Marketing- und Vertriebschef bei Ford gehört zu alternativen Antrieben „jedes Aggregat, das sich von gängigen Antriebskonzepten unterscheidet und zudem kostengünstig und umweltfreundlich ist“. Unter diese Definition fallen im aktuellen Sortiment des Autobauers nicht nur die Elektroversion des Ford Focus oder der C-Max als Plug-in-Hybrid, sondern auch der neue 1,0-Liter-Eco-Boost-Benziner sowie der B-Max mit bivalentem Vortrieb, der sowohl mit Autogas als auch mit Benzin läuft.

Wie Kopplin beobachtet, liebäugeln die Fuhrparkverantwortlichen wegen der steigenden Spritkosten häufiger mit alternativen Antriebskonzepten. Immerhin fallen mit dem Elektro-Focus pro 100 Kilometer Laufleistung gerade mal 3,50 Euro an Stromkosten an. Hinzu kommt ein dickes Plus in Sachen Umwelt: kein CO2-Ausstoß während der Fahrt. „So werten die Firmen ihr Saubermann-Image auf“, vermutet der Ford-Manager. Und tatsächlich: Auch für die Dräxlmaier Group waren die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausschlaggebend für den Kauf ihrer ersten sechs E-Fahrzeuge am Firmensitz im niederbayerischen Vilsbiburg. „Wir wollen die Mobilität unserer Mitarbeiter fördern und zugleich den CO2-Austausch unserer Flotte reduzieren“, so Vertriebsleiter Thomas Steckermeier.

Sechs Elektroautos, das klingt nicht viel bei einer Firmenflotte von rund 350 Fahrzeugen. Doch dass die sechs BMW i3 als Poolfahrzeuge für Dienstfahrten vom Firmensitz aus eingesetzt werden, ist sicherlich symptomatisch für ein Umdenken, das auch den Mittelstand erreicht hat. „Viele Fuhrparkmanager hinterfragen inzwischen viel genauer, welches Fahrzeug für welchen Einsatzzweck benötigt wird“, erzählt Ford-Manager Kopplin. Dabei komme nicht selten heraus: Sparsame Kleinwagen oder Elektroautos – auch mit begrenzter Reichweite – genügen vollkommen.

Konzepte mit Zukunft

Unterschiedliche Konzepte beflügeln bekanntlich den Wettbewerb – und so sieht auch Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), inzwischen viel Bewegung im Markt für Alternativantriebe. Hier einige Beispiele: Audi arbeitet am Dual-Mode-Hybrid, bei dem ein Verbrennungsmotor und zwei E-Maschinen für Vortrieb sorgen.

Ein Konzeptfahrzeug mit dieser Technik brachte es auf einen Verbrauch von rund einem Liter auf 100 Kilometer – bei nur 23 Gramm CO2-Ausstoß je Kilometer. Toyota vermeldet Erfolge beim kabellosen Laden per Magnetfeld, das sich für reine E-Motoren und Plug-in-Hybride eignet. Neue Ansätze verfolgen Peugeot und Mercedes-Benz. Der französische Hersteller arbeitet an einem Hybridsystem mit Luftdruck statt Elektro – dabei wird rückgewonnene Bremsenergie in Form komprimierter Luft gespeichert, deren Kraft bei Bedarf über Hydraulikmotoren und Getriebe auf die Räder gegeben wird. Die Schwaben haben zudem ein Energiemanagement für Hybridfahrzeuge entwickelt, das die Batterieaufladung während der Fahrt mit der Topografie abgleicht. Akkus, die während einer Bergabfahrt keinen Strom mehr aufnehmen können, weil sie voll sind, sind passé, da die vorhandene Batteriekraft schon gezielt vor Beginn der Abwärtsfahrt eingesetzt wird. Und VW bringt derweil die Kraftstoffeinsparung über Zylindereinschaltung wieder ins Gespräch – auch für Kleinwagen.

Hinzu kämen viele Kooperationen, so VDA-Präsident Wissmann. BMW, Mercedes-Benz, Honda, Hyundai und Toyota haben zusammen mit den Wasserstoffanbietern Linde, OMV und Air Products sowie den Beratungsfirmen Element Energy und PE International das Projekt „Hy Five“ ins Leben gerufen, das die Grundlagen für ein Wasserstofftanknetz erarbeiten soll.

Zudem kooperiert Mercedes-Benz mit den Chemieunternehmen Clariant und Haltermann, um Bioethanol der zweiten Generation – Sunliquid20 ist ein Superbenzin mit 20 Prozent Zellulose-Ethanol – auf die Straße zu bringen. Der Treibstoff wird aus Agrarreststoffen hergestellt, darunter Stroh. „Die Verwendung von Reststoffen stellt keine Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion dar“, betont Andre Koltermann, Leiter Group Biotechnology bei Clariant. „Weltweit bleiben große Mengen an Agrarreststoffen ungenutzt – mit Zellulose-Ethanol ließe sich ein Viertel des für 2020 prognostizierten Benzinbedarfs in Europa decken“, ergänzt Udo Hartmann, Leiter Konzernumweltschutz bei Daimler.

Die meisten Gemeinschaftsaktivitäten zählt VDA-Präsident Wissmann im Bereich Elektro. Besonders bei der Versorgung von reinen E-Mobilen auf Kurzstrecken – maximale Fahrstrecke 150 Kilometer – sowie von Plug-in-Hybriden auf Kurz- und Langstrecken. Diese Alleskönner bringen es mit einer Tankfüllung auf bis zu 800 Kilometer. So arbeiten Ford und der TÜV Rheinland zusammen, um bei der Elektromobilität eine größere Kundenakzeptanz und Marktdurchdringung zu erreichen. Mitsubishi und The New Motion haben sich gefunden, um den Ausbau der Elektromobilitätsinfrastruktur voranzutreiben. Und für den Aufbau einer E-Schnellladeinfrastruktur setzen sich gemeinschaftlich unter anderem BMW, Daimler, Porsche, VW und der Energieversorger EnBW ein.

Preisrutsch bei Strom-Autos

Das gleiche Ziel, allerdings nur für Berlin, verfolgen Nissan und die Omexom Umspannwerke. Audi kooperiert in puncto Ökostrom für den A3 Plug-in-Hybrid mit dem Energieversorger Lichtblick. Einher gehen diese Aktivitäten mit sinkenden Preisen für Elektromobile, die die Hersteller mit erzielten Kostenvorteilen bei der Produktion begründen. Mitsubishi etwa bietet sein Electric Vehicle jetzt für 19.992 Euro an – das entspricht einem Preisnachlass von 5.500 Euro. Renault hat bei seinen E-Fahrzeugen die Preise für das Batterieleasing gesenkt: Waren bisher für den Energiespeicher des Twizy 50 Euro und für den des Zoe 79 Euro monatlich zu berappen, sind es jetzt 30 und 49 Euro. VW wiederum hat im Frühjahr 2014 die größte E-Präsentations- und Vertriebsaktion seiner Firmengeschichte veranstaltet: Zwei Wochen lang haben die Wolfsburger den ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof belegt, um über die Elektromobilität und die elektrisch betriebenen Modelle Up und Golf zu informieren.

Hilfreich für den Siegeszug der alternativen Antriebe ist dabei die Pionierarbeit der Wirtschaft in der Praxis. Ähnlich wie Dräxlmaier setzen auch das Bauunternehmen Kögel sowie der Technologiekonzern 3M auf BMW i3. Zusätzlich hat 3M noch in den Smart Fortwo Electric Drive investiert. Und die Dekra informierte vor kurzem bundesweit über die guten Erfahrungen der hauseigenen Poststelle mit dem Serienfahrzeug Citroën C-Zero und dem auf Elektro umgerüsteten Fiat Fiorino.

Zu den neuen E-Modellen, die sich an Firmen mit eigenem Wagenpark richten, gehören neben dem eUp und dem eGolf von VW auch die Kleinvans oder Stadtlieferwagen wie zum Beispiel der Peugeot Partner, der Citroën Berlingo und der Re-nault Kangoo. Nissan bietet ab Juli 2014 den e-NV200 als Pkw und Transporter an. Und Kia bringt im Herbst den Elektro-Crossover Soul EV auf den Markt. Gegen Ende des Jahres soll zudem der B-Klasse Electric Drive von Mercedes-Benz kommen. Allerdings: Für Firmen, deren Mitarbeiter oftmals eine Strecke von einigen 100 Kilometern zurücklegen müssen, bleiben wohl weiterhin nur jene Fahrzeuge, bei denen der Benzinmotor unterwegs den Akku wieder auflädt, wie etwa beim Opel Ampera.

Doch Marktkenner raten inzwischen dazu, bei alternativen Firmenfahrzeugen nicht nur nach Distanzen – welche Autos für Kurzstrecken, welche für Langstrecken? – zu unterscheiden, sondern auch nach Fahrzeugart oder nach der Anzahl der Räder. So macht beispielsweise der Zweiradhersteller Govecs ein wachsendes Interesse an strombetriebenen Rollern aus. Und tatsächlich: Seit April 2014 produziert BMW den Elektroroller C Evolution, der Kleinwagenhersteller Smart hat ebenfalls ein Modell in seinem Programm und Kia will noch in diesem Jahr mit einem eigenen Electric Citybike nachziehen. Vor allem in Ballungsräumen lässt sich dann schon einmal der Firmenwagen gegen einen E-Scooter eintauschen.

INTERVIEW

Markus Schrick, Geschäftsführer von Hyundai Motors Deutschland GmbH, über die Vorteile von Brennstoffzellen-Fahrzeugen im Vergleich zu Elektroautos mit Akku.

Welchen Mehrwert bieten Fahrzeuge mit Brennstoffzelle?

Für die Brennstoffzelle als Energielieferant sprechen technische und ökologische Gründe, die wir mit dem weltweit ersten Serienmodell Hyundai ix35 Fuel Cell eindrucksvoll belegen: Aus seinem Auspuff entweicht nichts als Wasserdampf. Der Traum vom emissionsfreien Fahren wird also wahr. Zudem ist das Modell uneingeschränkt alltagstauglich. Die Reichweite liegt bei knapp 600 Kilometer. Im Vergleich zu Elektrofahrzeugen mit Akkuspeicher ein klarer Vorteil – zumal auch der Tankvorgang wie bei einem konventionellen Fahrzeug in ein paar Minuten erledigt ist. Ein Elektrofahrzeug dagegen muss über Stunden am Netz hängen und hat wesentlich weniger Reichweite.

Warum starten Sie gerade jetzt? Noch gibt es keine Infrastruktur

Natürlich ist der Ausbau der Infrastruktur eine gewaltige Aufgabe. Politik, Wirtschaft und Fachverbände stellen sich dieser Herausforderung gemeinsam und werden in den nächsten Jahren sicherlich große Fortschritte erzielen. Wann immer neue Technologien eingeführt werden, braucht es mutige Vorreiter – und da spielen wir mit unserem Innovationsanspruch eine wichtige Rolle. Die ersten Testfahrzeuge wurden bereits im Jahr 2000 gebaut. Und 2005 hat Hyundai im südkoreanischen Mabuk eine Forschungseinrichtung eröffnet, die sich dem Thema Wasserstoff als alternative Antriebstechnologie widmet. Es ist also kein Zufall, dass unser Serienmodell ix35 Fuel Cell mit einer hauseigenen Brennstoffzelle unterwegs ist.

Sie verleasen die Fahrzeuge. An drei Wochentagen ist es beim Leasingnehmer – die restliche Zeit bei Hyundai, zu Präsentationszwecken. Warum?

Mit dem Hyundai ix35 Fuel Cell bieten wir ganz bewusst kein Leasingmodell von der Stange an. Wir sprechen intensiv mit interessierten Unternehmen und schnüren dann gemeinsam ein Paket, das den individuellen Anforderungen gerecht wird. Insofern kann sich das Leasingmodell von Einzelfall zu Einzelfall durchaus unterscheiden