Auch in den Finanzabteilungen unserer Kunden im deutschen Mittelstand zeichnet sich ab, dass qualifizierter Nachwuchs rar wird. 250.000 neue Arbeitsplätze will der Mittelstand 2014 schaffen, so aktuelle Zahlen des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft. Mittelständische Unternehmen, die im Kampf um Talente mit Konzernen nicht mithalten können, sollten sich einmal überlegen, ob sie nicht Fachkräfte aus den europäischen Nachbarländern rekrutieren können.
Gute Gründe gibt es genug: Eine neue Studie des Instituts für Deutsche Wirtschaft in Köln deckte es unlängst auf: Zuwanderer verfügen häufiger über einen Abschluss in den am Arbeitsmarkt besonders intensiv gesuchten Qualifikationen im Wertvolle Kenntnisse, die wir auch im Finance, Accounting und Controlling gut gebrauchen können, denn da kommt es auf hervorragende Skills in logischen und mathematischen Fächern an. Außerdem spielt auch bei unseren europäischen Nachbarn die Auslandserfahrung eine wichtige Rolle in der Karriere. Es sind also hoch motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte auf der Suche nach herausfordernden Aufgaben.Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, auch MINT-Fächer genannt. Unter Zuwanderern insgesamt beträgt dieser Anteil zehn Prozent, im Schnitt der deutschen Bevölkerung dagegen nur sechs Prozent.
Deutsch kann man lernen
Wertvolle Kenntnisse, die wir auch im Finance, Accounting und Controlling gut gebrauchen können, denn da kommt es auf hervorragende Skills in logischen und mathematischen Fächern an. Außerdem spielt auch bei unseren europäischen Nachbarn die Auslandserfahrung eine wichtige Rolle in der Karriere. Es sind also hoch motivierte und gut ausgebildete Fachkräfte auf der Suche nach herausfordernden Aufgaben.
Warum sich dieses Potenzial nicht zunutze machen? Aus Gesprächen mit unseren mittelständischen Kunden weiß ich, dass viele Unternehmen, insbesondere die kleineren, vor allem die Hürden sehen: Sprachbarrieren, Rechtsfragen, Einschätzung ausländischer Bildungsabschlüsse sowie den hohen Zeitaufwand. Immer wieder erlebe ich, dass Arbeitgeber bereits bei der Einstellung perfekte Deutschkenntnisse genauso hoch einstufen wie das fachliche Know-how. Doch Sprachkenntnisse lassen sich nachschulen und oft sind die Bewerber ausgesprochen motiviert, sich diese schnell anzueignen. Nehmen wir uns hier doch ein Beispiel an den USA: Wer dort Englisch mit einem Akzent spricht, hat keinen Makel, sondern es zeugt von Internationalität. Außerdem schauen Personaler in Deutschland immer noch zu sehr auf die formal erworbenen Aus- und Weiterbildungsabschlüsse. Nach wie vor Kompetenzen nur mit zertifizierten Nachweisen. Wer sich traut, genauer hinzuschauen, Referenzen zu prüfen, der entdeckt vielleicht so manchen High Potential.
Von Konzernen lernen
Was kann ich als mittelständisches Unternehmen also tun, damit es mit einer Fachkraft aus dem Ausland klappt? Große Konzerne oder beispielsweise Unternehmen der digitalen Wirtschaft machen es vor: Neben individuellen Sprachkursen werden den ausländischen Mitarbeitern für die erste Zeit Mentoren zur Seite gestellt, die bei der Orientierung im Unternehmen, beim Gang zum Bürgerarmt oder zur Ausländerbehörde helfen. Relocation-Services unterstützen bei der Wohnungs- und Schulsuche. So mancher Konzern hat auch „Company-Culture-Manager“, die vom Kollegen-Stammtisch über gemeinsame Sportstunden bis hin zu Sprachunterricht alles planen, damit die ausländischen Kollegen sich schnell einleben und gut vernetzen.
Bedeutet also die Auslandsrekrutierung zu viel Aufwand für mittelständische Unternehmen? Kaum! Eine Willkommenskultur ist zunächst einmal Sache einer sowieso gelebten Unternehmenskultur. Es muss ja nicht gleich einen Relocation-Service oder einen „Feel-good-Beauftragten“ geben. Aber wenn hilfsbereite Kollegen mit Tipps zu dem besten Kinderarzt, einer guten Kita oder dem besten Fitnessclub helfen, dann ist das gelebte Offenheit.
Selten bringt ein neuer Mitarbeiter alle vom Unternehmen erwarteten Kompetenzen eins zu eins mit, weder aus dem Inland noch aus dem Ausland. Verabschieden sich Unternehmen von diesem Anspruch und schulen individuell nach, so haben sie gute Chancen, die High Potentials zu ihren „Right Potentials“ weiterzuentwickeln. Übrigens betrachten deutsche wie ausländische Kräfte die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten neben der herausfordernden, interessanten Arbeitsaufgabe und einer angemessenen Bezahlung als wesentliche Kriterien bei der Wahl ihres Arbeitgebers. Hierin liegt eine sehr gute Chance für mittelständische Unternehmen, Mitarbeiter dauerhaft an sich zu binden.
Doris Mailänder ist Geschäftsführerin der Personalberatung Treuenfels, Hamburg.