Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Von Ruth Lemmer

Der Softwareentwickler, der Fertigungsgruppenleiter, der Rückkehrer aus der Elternteilzeit – all diese Mitarbeiter wollen mehr als ihren Job machen. Das hat die Warema Renkhoff SE in Marktheidenfeld bei Würzburg entdeckt – und schult sie nun systematisch für einen Mitarbeiterpool der Auf- und zeitweise Umstiegswilligen. Das Potenzialprogramm startete 2012, inzwischen machen 57 Mitarbeiter mit. Birgit Röschert, die bei Warema die Personalentwicklung leitet, beschreibt die heterogene Gruppe so: „Junge Wirtschaftsingenieure im Traineeprogramm sitzen neben erfahrenen Kaufleuten, Meister neben technischen Fachwirten.“ 49 Prozent der Teilnehmer kommen aus der dualen Ausbildung und haben sich nebenberuflich weiterqualifiziert.

Der Produzent für Raffstoren, Markisen und Sonnensegel, Rollladen und Steuerungssystemen für den Sonnenschutz baut vor: Damit die Personalverantwortlichen bei frei werdenden Stellen in Zukunft wissen, wo die richtigen Leute sitzen, wird der Pool gebildet – und zwar für Führungskräfte genauso wie für Fachspezialisten ohne Führungsverantwortung und Projektmitarbeiter. „Es geht aber nicht nur um komplett neue Positionen und Aufstiege“, sagt Röschert. „Die Mitarbeiter können punktuell mehr Verantwortung erhalten und ihren Status steigern.“ Die Namen der Potenzialprogramm-Teilnehmer sprechen sich bis in die Geschäftsführung herum. Und auch die Abteilungen haben etwas von der kompakten Fortbildung: Zeitmanagement und Präsentation, Arbeitsorganisation und die Hospitation von Kaufleuten in der Technik oder von Technikspezialisten im Vertrieb sowie zwei Arbeitstage in einem von den Teilnehmern selbst organisierten Sozialprojekt bringen neue Sichtweisen – ein Flohmarktstand, dessen Erlös in ein Schulprojekt in Tansania fließt, genauso wie das Weihnachtsessen für Bedürftige der Marktheidenfelder Tafel.

Weiterbildung finanziell fördern

Doch Warema mit seinen weltweit 3400 Mitarbeitern fördert nicht nur seinen Elitezirkel. Jeder Mitarbeiter kann mit seinem Vorgesetzten über sein berufliches Fortkommen verhandeln. Mit bis zu zehn Prozent Sonderurlaub und der Übernahme von 50 Prozent der Kosten werden Weiterbildungen unterstützt – etwa vom Industriekaufmann zum technischen Fachwirt.

Häufig starten Beschäftigte damit, durchs Netz zu surfen, wenn sie ihr Fachwissen aufpolieren oder Abschlüsse aufsatteln wollen. Weiterbildungsportale vereinfachen die Suche. Beispielsweise semigator.de: Rund 220.000 Seminare vom Computerkurs bis zum Verkaufscoaching und von der Buchhaltung bis zur Persönlichkeitsentwicklung sind erfasst, dazu mehr als 1.000 Trainer. Online-Recherche und Beratungsgespräch sind für die Bildungshungrigen kostenlos. Auch die bundesweite Konkurrenz wie seminarmarkt.de oder kursnet.arbeitsagentur.de geben einen guten Überblick über Schulungen. Bei der Stiftung Warentest erhielten 2009 regionale Datenbanken – etwa Wisy in Hamburg und das Bildungsnetz Mecklenburg-Vorpommern – die besten Noten, obwohl sie weniger Kurse auflisten. Gewertet wurde vor allem die Praxistauglichkeit.

Kurse mitgestalten

Haben Unternehmen bereits Geschäftskontakte zu Weiterbildern wie der TAW in Wuppertal, Euroforum in Düsseldorf oder RKW und Management Circle in Eschborn, bietet sich ein Gespräch mit den dortigen Beratern an, um eigene Wünsche in die Seminare einzubringen. Darauf lassen sich auch manche kleinere Seminarspezialisten ein. Versuch macht klug, nach dieser Devise sollten Unternehmen, gerade wenn sie mehr als einen Teilnehmer entsenden wollen, mit den Weiterbildungsberatern diskutieren. Bei manchen Themen kommt es so zu Inhouse-Seminaren, die sehr spitz auf den Bedarf einer Abteilung oder Branche zugeschnitten sind. Dies setzt allerdings ein hohes Engagement in Sachen Weiterbildung voraus – etwas, das in unserer Wissensgesellschaft auch Mittelständlern gut zu Gesicht steht.

So sieht das auch die Firma Rösberg in Karlsruhe, die mit ihren rund 100 Mitarbeitern zu den Mittelständlern gehört, die den Fachkräftemangel schon spüren. Denn der Entwickler und Produzent von kundenspezifischen Schaltschränken und Automatisierungs- und Steuerungslösungen samt Dokumentation, etwa für BASF-Chemieanlagen und für die ZDF-Studiobeleuchtung, sucht vor allem Techniker – und diese werden rar. Mit systematischer interner Personalentwicklung sollen deshalb zum einen die Talente, die im Unternehmen bisher unentdeckt blieben, ans Licht kommen, zum anderen sollen Jobsuchende angelockt werden, die schon auf der Homepage darüber informiert werden, dass sie bei Rösberg in flachen Hierarchien schnell Verantwortung übernehmen und sich kontinuierlich weiterbilden können.

„In Bewerbungsgesprächen fragen Kandidaten detailliert nach, wie unsere Personalentwicklung strukturiert ist“, beobachtet Ute Heimann, Tochter des Unternehmensgründers und in der Geschäftsführung für Personal und Controlling verantwortlich. Da Rösberg keine komplett eigene Personalentwicklungsabteilung hat, orientierte sich das Unternehmen 2012 auf dem Beratermarkt und startete das umantis Talent Management der Haufe Gruppe in Freiburg. Das Software-Tool hält die Ziele für jeden Mitarbeiter fest. Englischkurs belegen oder eine Softwaresprache pauken, Teamfähigkeit verbessern oder ein Projekt bis zum Jahresende abschließen – alles wird elektronisch erfasst. Jeder Mitarbeiter kann seine Ziele jederzeit aus der Cloud auf den Bildschirm holen – zum Beispiel um zu überprüfen, ob er sie erreichen wird oder äußere Ereignisse ihn behindern und er mit dem Vorgesetzten nachjustieren muss.

Gleichzeitig kann jeder die Unternehmensziele einsehen: Neukundenakquise, geplantes Wachstum, Mitarbeiterbindung und der Aufbau eines Freelancer-Pools sind die Gesamtziele, zu denen jeder sein Scherflein beitragen soll. Und zwar eigeninitiativ, denn die konkreten Maßnahmen schlägt der Beschäftigte vor. „Wir merken, dass die Mitarbeiter mehr im Internet recherchieren und sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen“, sagt Geschäftsführerin Heimann. Haben die Bildungshungrigen den passenden Kurs mit guten Referenzen gefunden, holen sie sich das Okay vom Vorgesetzten. Betriebswirtin Heimann schmiedet bereits Pläne über die Ausweitung des Talent Managements: Feedbackbögen sollen elektronisch erfasst und der Wunsch der Mitarbeiter nach Beteiligung am Führungskräfte-Feedback realisiert werden.

Das richtige Seminar finden

  • Die schriftliche Erstinformation muss Ziele, Inhalte, Dauer, zeitliche Gliederung, Teilnehmerhöchstzahl und Lernmethoden umfassen.
  • Die Kosten müssen benannt sein.
  • Die erwachsenpädagogische Qualifikation der Lehrkräfte muss nachprüfbar sein.
  • Bildungsvoraussetzung und Vorkenntnisse sollten eindeutig definiert werden.
  • Die Anwendbarkeit sollte abgeklärt und garantiert werden.
  • Überprüfung von Lernerfolgen entscheidet mit über die Qualität eines Kurses. Ob es zum Abschluss ein Zertifikat gibt, ist nicht für jede Schulung wichtig, aber wenn auf einen Abschluss hingearbeitet wird, sollte dieser überregional anerkannt sein.

Quelle: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Bonn