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Creditreform

Agieren Firmen nachhaltig, können sie ihre Produkte und Dienstleistungen besser absetzen. Und Kunden, die von nachhaltigen Produkten überzeugt sind, kaufen die Waren immer wieder. Wie Unternehmen mit ihrer grünen Strategie punkten können.

Energie sparen – das ist das Kerngeschäft des niederländischen Unternehmens Econcern. Deshalb stand von vornherein fest: Für die neue Deutschlandzentrale im Kölner Gewerbegebiet Triotop musste in Sachen Energiekonzept etwas Besonderes her. Und tatsächlich verbraucht das neue Firmengebäude im Vergleich zu durchschnittlichen Bürobauten fast 70 Prozent weniger Primärenergie. Zudem erzeugt es über Solar- und Windkraftanlagen auf dem Dach eigenen Strom. „Zwar hat die Technik zu erhöhten Baukosten von etwa elf Prozent geführt – das kann der Investor jedoch durch zehn Prozent höhere Kaltmieten ausgleichen“, sagt Anton Bausinger, Geschäftsführer der Kölner Bauunternehmung Friedrich Wassermann, die das Bürogebäude errichtete. Die Mieter wiederum fangen ihre zusätzlichen Ausgaben durch Einsparungen bei den Nebenkosten auf. „Das ist ein Gesamterfolgsmodell für beide Seiten“, resümiert Bausinger und freut sich über positive Presse für die Immobilie: Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen hat das Haus mit dem Deutschen Gütesiegel in Gold ausgezeichnet – sozusagen der Ritterschlag für Nachhaltigkeit in der Baubranche.

„Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung, sondern ein Megatrend, der sowohl Unternehmen als auch die Kommunikationsbranche grundlegend verändert“, sagt Ronald Focken. Der Markenexperte ist Gesellschafter der Serviceplan Gruppe, die unter anderem die alljährliche Studie „Sustainability Image Score“, eine Onlinebefragung von rund 8.100 Konsumenten, durchführt. Dabei wird untersucht, ob Unternehmen unter anderem verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen, ob sie umweltschonende Technologien einsetzen oder ob sie nachhaltige Produkte herstellen und anbieten – und zwar ausschließlich aus Kundenperspektive. Ein grünes Geschäftskonzept unterstützt nämlich nur dann den Verkauf, wenn die Verbraucher überzeugt sind, dass sie nicht getäuscht werden.

„Immer mehr wollen wissen, woher ihre Kleidung kommt und woraus sie besteht.“ Mareen Burk, Mymarini

Nachhaltigkeit hat ihren Preis

Überzeugt und begeistert sind sie zum Beispiel von der Bio- Bademode der Hamburger Designerin Mareen Burk. Die Stoffe der Bikinis und Badeanzüge ihrer Marke Mymarini bestehen aus recycelbarem Polyamid, werden in Italien mit Ökostrom hergestellt und mit Biofarbstoffen eingefärbt, die keine Schadstoffe an die Umwelt abgeben. Ihren Näherinnen zahlt Burk überdurchschnittlich hohe Löhne. Zudem lässt sie die Bademoden doppellagig nähen, damit sie länger halten. Das alles hat selbstverständlich seinen Preis: Bis zu 210 Euro berechnet sie für einen Badeanzug – doch die Kundschaft aus ganz Europa bestellt begeistert. Burk ist überzeugt: „Mein Konzept passt in den Zeitgeist – schließlich wollen immer mehr Menschen wissen, woher ihre Kleidung kommt und woraus sie besteht.“

Doch was verstehen die Verbraucher überhaupt unter dem Begriff Nachhaltigkeit? Für Markenexperte Focken zählen dazu auf jeden Fall Werte wie Langlebigkeit, Fairness, Ressourcenschonung, Qualität sowie die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen. Dabei gilt: Je mehr davon ein Unternehmen umgesetzt hat, umso besser fühlt sich der Kunde: Er kann seinen Kauf rechtfertigen – vor sich selbst, vor anderen Personen und insbesondere vor seinem Geldbeutel. Viele der Nachhaltigkeitsfaktoren entsprechen nämlich gleichzeitig den Kriterien, die Premiummarken auszeichnen. Focken: „Man könnte sogar behaupten: Nachhaltigkeit ist das neue Premium.“

„Nachhaltigkeit ist das neue Premium.“ Ronald Focken, Serviceplan

Dass der Kunde auch tatsächlich zu diesen Rückschlüssen kommt, setzt jedoch voraus, dass Anbieter ihre Nachhaltigkeitsstrategie auch glaubhaft nachweisen können. Das gelingt meist durch Zertifikate, die von unabhängiger Expertenstelle verliehen werden. Der Outdoor-Ausrüster Vaude aus Tettnang produziert zum Beispiel seit 2001 nach dem Bluesign-Standard. Dabei kommt es vor allem darauf an, dass etwa beim Färben, Bedrucken oder Beschichten von Textilien umweltschädliche Substanzen so weit wie möglich vermieden werden. Eine Rolle spielen jedoch auch Punkte wie die Reinheit von Abwasser und Abluft oder die Arbeitsplatzsicherheit. Damit nicht genug: Vaude unterzieht sich zudem einer regelmäßigen hausinternen Zertifizierung, dem Green Shape, unterstützt die WWF Umweltorganisation mit einem Prozent des Umsatzes und bekennt sich zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex. „Wir tun alles, was für uns als Unternehmen im Bereich Umweltschutz und soziale Verantwortung möglich ist“, sagt Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz. So sorgt das Unternehmen für faire Arbeitsbedingungen und lässt die Produktion in Tettnang und Bim Son in Vietnam von der Fair Wear Foundation durch regelmäßige Kontrollen und Mitarbeiterinterviews überwachen. Die Mühe lohnt: Gerade hat Vaude den Preis für Unternehmensethik des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik erhalten. Die Begründung der Jury: „Vaude hat sich zu einem Modell für mittelständische Unternehmen entwickelt, wie erfolgreiche Integration hoher ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Standards in die Geschäftsprozesse gelingen kann.“ Ein Vorbild für andere eben.

Gemeinsam für eine bessere Praxis

Ebenso glaubhaft weist auch der Heizungshersteller Vaillant seine Bemühungen um Nachhaltigkeit nach. So ist das Familienunternehmen Mitglied beim Sustainable Leadership Forum, das der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management gemeinsam mit dem Centre for Sustainability Leadership der Uni Lüneburg organisiert. Das Forum versteht sich als Arbeits- und Diskussionskreis von und für Vorreiter nachhaltiger Unternehmensentwicklung. Es dient vor allem dem gegenseitigen Wissenstransfer in kleiner Runde – um künftig durch praxisnahe Impulse Nachhaltigkeitsstrategien zu optimieren.

Einer dieser Denkanstöße führte 2011 bei Vaillant zur Entwicklung und Etablierung des Nachhaltigkeitsprogramms „Sustainability in Environment, Employees, Development and Products, Society“, kurz S.E.E.D.S. genannt. In dessen Rahmen hat der Hersteller von Heiz- und Klimatechnik seine ökologischen Designstandards in der Produktentwicklung erweitert und eine Bewertung seiner Produkte in puncto Umweltfreundlichkeit vorgenommen. Zudem hat ein eigens gegründetes Nachhaltigkeitsteam ökologische Produktionsstandards entwickelt, die allen internationalen Vaillant-Produktionsstätten bei der weiteren Entwicklung ihres Umweltmanagements helfen. Bestandteil des Programms ist auch der unternehmensinterne S.E.E.D.S.-Award, der bereits zweimal ausgelobt wurde. Hierfür kann jeder Vaillant-Mitarbeiter Anregungen, Ideen, Projekte oder Maßnahmen einreichen, die den Nachhaltigkeitsgedanken des Unternehmens unterstützen.

Darüber hinaus hat das Remscheider Unternehmen den Global Compact der Vereinten Nationen unterzeichnet. Damit verpflichten sich die Firmen zum Beispiel, die Menschenrechte zu achten und zu fördern, faire Arbeitsbedingungen einzuhalten, umweltfreundliche Technologien zu nutzen und ein wirksames Programm zur Bekämpfung von Korruption in ihrer Lieferkette einzuführen. All diese ganzen Anstrengungen haben dazu geführt, dass Vaillant sich im letzten Jahr bereits zum dritten Mal unter den Gewinnern des renommierten Deutschen Nachhaltigkeitspreises wiederfand – ein tolles Signal, das mit Sicherheit auch bei den Kunden ankommt.

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Grünes Image: Outdoor-Experte Vaude © Wagenhan / VAUDE

 

Was Kunden über Nachhaltigkeit denken

Seit 2011 bewerten für die Studie „Sustainability Image Score“ alljährlich rund 8.100 Verbraucher, welche Branchen und Unternehmen sie als besonders nachhaltig empfinden. Die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Umfrage auf einen Blick:

• Die Bedeutung von Nachhaltigkeit ist für das Image von Branchen und Firmen mit einem Anteil von 15 Prozent weiterhin stabil. Der Einfluss von Nachhaltigkeit auf die Kundentreue hat leicht zugenommen.
• Vor allem ökologische Themen wie Engagement für Umweltschutz, verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen oder Verwendung von umweltfreundlichen Technologien gehören zu den Top-10-Treibern eines nachhaltigen Images.
• Insgesamt 14 von 16 untersuchten Branchen weisen nach Meinung der Befragten ein gutes grünes Image auf. Babynahrung, Molkereiprodukte und Haushaltsgeräte liegen auf den ersten drei Plätzen. Die Telekommunikations- und die Fastfoodbranche werden als Einzige nicht gut von den Konsumenten bewertet.
• Die am besten bewerteten Unternehmen waren die Kindernahrungshersteller Hipp (Platz eins) und Milupa (Platz drei) sowie der Haushaltsgerätehersteller Miele (Platz zwei). Diese Firmen unterscheiden sich laut Studie auch in ihrer Außenwirkung stark von den hinten platzierten Unternehmen: Ihre Kommunikation ist verständlich, glaubwürdig, konsistent und nachvollziehbar.
• Auf den letzten Plätzen von mehr als 100 Unternehmen landeten KIK, Deutsche Bank und Burger King.

 

Hier finden Sie Informationen und Tipps zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.

 

Der direkte Draht zum Kunden

So hilft Nachhaltigkeitskommunikation, das Firmenimage zu verbessern:

Stringentes Thema festlegen
Ein Firmen- oder Produktimage lässt sich nicht nur durch Produkterlebnisse aufbauen, sondern auch durch Kommunikation. Hierbei sollten Unternehmen eine schlüssige Geschichte erzählen. In den Hauptrollen: die Produkte, die hohen Qualitätsanforderungen genügen, und die Umweltstandards, die selbstverständlich eingehalten werden.

Unabhängige Expertise einholen
Das ökologische Handeln lässt sich die Firma am besten von Testinstituten oder unabhängigen Fachleuten bestätigen. Zahlen, wie etwa zu Einsparungen des Energie- oder Rohstoffverbrauchs, gelten als zusätzliche Belege.

Erfolge werbewirksam kommunizieren
Plakative Gütesiegel sind ideal, um sie künftig in der Kommunikation mit Geschäftspartnern und Kunden einzusetzen. Eine gute Möglichkeit, alle Aktionen gebündelt darzustellen, bieten Nachhaltigkeitsberichte. Doch diese sollten – wie beispielsweise der Jahresabschluss – einige formale Kriterien erfüllen. Dazu gehören unter anderem Vollständigkeit, Wahrhaftigkeit, Klarheit und Verständlichkeit sowie inhaltliche Kriterien, wie etwa die Darstellung aller wichtigen Nachhaltigkeitsaspekte, die im Unternehmen eine Rolle spielen. Wer nicht diesen Aufwand betreiben will, kann auch auf seiner Homepage einen Bereich „Nachhaltigkeit“ einrichten und dort Statements der Geschäftsführung veröffentlichen und über aktuelle Ökologieprojekte beziehungsweise -erfolge berichten.