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Umweltschutz fängt schon beim Einkauf an, etwa wenn es um Büromaterialien oder -ausstattung geht. Mit verbindlichen Richtlinien fällt es leichter, die Vorgaben zu erfüllen.

Wenn in Firmen über Nachhaltigkeit diskutiert wurde, ging es meist um die Energieeffizienz der Immobilie, um die Reduzierung des Spritverbrauchs im Fuhrpark oder um eine ressourcensparende Produktion. Das war früher.

Heute schauen weitsichtige Firmenchefs auch immer öfter auf ihren Beschaffungsprozess: Ob Büromaterialien, die Möblierung oder die IT- und Kommunikationshardware – alles soll so nachhaltig wie möglich hergestellt, transportiert und am Ende auch wieder entsorgt werden. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO halten 71 Prozent der Unternehmer eine umweltfreundliche Gestaltung der Büros für wichtig. Tendenz steigend: In zwei bis drei Jahren werden voraussichtlich schon 86 Prozent der Betriebsleiter darauf achten.

Was bei den meisten Firmen jedoch zu kurz kommt, sind umfassende Nachhaltigkeitsrichtlinien für die Beschaffung. In gerade einmal zwölf Prozent der vom IAO befragten Unternehmen wurden verbindliche Einkaufsleitlinien definiert, die vorschreiben, wo gekauft werden darf und welche Mindestanforderungen in puncto Umwelt an die bestellten Kommunikationsgeräte, Arbeitsmaterialien oder Büromöbel gestellt werden. Wer Wildwuchs in seinem Betrieb vermeiden will, sollte klare Regeln zum Thema nachhaltiges Einkaufen definieren. Dabei sind jedoch einige Punkte zu beachten:

1. Strategie und Ziele festlegen
Welche Posten kann das Unternehmen nachhaltiger einkaufen? Bis wann soll eine Umstellung auf umweltschonende Materialien und Ausstattungen vollzogen sein? Häufig scheitere die praktische Umsetzung an zu ambitionierten Vorgaben aus der Unternehmensspitze, beobachtet der Experte für Nachhaltigkeit und Beschaffung, Florian Hepperle: „Die in den Richtlinien definierten Ziele müssen immer konkret benannt, erreichbar und überprüfbar sein. Zudem ist es ratsam, im Kleinen anzufangen.“ Ein Beispiel: die Papierbeschaffung. Ist der Einkauf gehalten, künftig nachhaltiger zu bestellen, sollten laut Hepperle die Firmen im ersten Schritt auf Papier mit dem FSC-Siegel und erst nach einer Konsolidierungsphase auf Recyclingpapier setzen. „Wer sofort auf wiederverwertetes, graubraunes Altpapier setzt, ruft mit großer Wahrscheinlichkeit lauten Unmut und firmeninternen Widerstand auf den Plan“, sagt er.

2. Lieferanten und Hersteller einbeziehen
Ohne die geeigneten Geschäftspartner nutzt die beste Beschaffungsrichtlinie nichts. Deshalb müssen die Leitlinien diejenigen Umwelt- und Sozialstandards festlegen, die von Einkaufspartnern erfüllt werden müssen. So können Einkäufer bestimmte Zertifizierungen wie etwa die Umweltnorm ISO 14000 voraussetzen. Oder auf den Ausweis des CO₂-Footprint eines Produkts bestehen. Zudem klären die Beschaffungsrichtlinien darüber auf, was passiert, wenn ein Hersteller oder Lieferant gegen die festgelegten Standards verstößt. „Als allerletztes Mittel könnte die Beendigung der Zusammenarbeit in Betracht gezogen werden“, sagt Jörg Bakschas von Headroom Consult.

3. Einkauf neu justieren
„In vielen Unternehmen galt bisher nur der Preis als das wichtigste Entscheidungskriterium – müssen Lieferanten nun bestimmte Vorgaben erfüllen, gerät der Einkauf in eine Zwickmühle“, sagt Experte Hepperle. Die Lösung: In den Richtlinien muss klar formuliert werden, dass künftig nicht das günstigste Angebot den Zuschlag erhält, sondern auch die Nachhaltigkeitsleistung des Lieferanten beziehungsweise Herstellers zu berücksichtigen ist. „Je klarer die Anforderungen, die an Lieferanten gestellt werden, desto leichter haben es die Einkäufer“, so Hepperle.

4. Gütesiegel festlegen
Ein ISO-Zertifikat, der Blaue Engel, eine TÜV-Plakette – Auszeichnungen fur Produkte gibt es viele. Hepperle: „Sie bieten grundsätzlich eine gute Orientierung, doch man kann schnell den Überblick verlieren.“ Der Experte rät dazu, sich online zu informieren und vertrauenswürdige Siegel explizit in den Beschaffungsrichtlinien zu nennen.

5. Richtlinien regelmäßig überprüfen
Da jeder Leitsatz irgendwann einmal veraltet ist, gehören auch die Nachhaltigkeitsrichtlinien regelmäßig auf den Prüfstand. Jörg Bakschas rät zu einem Zwei-Jahres-Rhythmus, vor allem wenn ein Unternehmen selbst eine Öko-Zertifizierung wie ISO 14000 anstrebt. Die Benennung des Aktualisierungsturnus gehört genauso in die Beschaffungsrichtlinie wie auch die Auflistung der zuständigen Kontrollinstanzen. Für die Unternehmen stellt sich spätestens dann die Frage, ob sie auf interne oder externe Prüfer setzen. Kleineren Firmen, aber auch Unternehmen, die das erste Mal eine umfassende Richtlinie einführen wollen, rät Hepperle zur internen Lösung: „Es ist sinnvoll, wenn jede Abteilung zunächst einen Kollegen bestimmt, der auf die Nachhaltigkeit in der Beschaffung achtet und auch die Dokumentation übernimmt.“ Externe Berater lohnten sich eher bei größeren Firmen.