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Creditreform

Daniel Steinberger vom Versicherungsmakler Fairfekt über die jeweiligen Vorteile von gesetzlicher und privater Krankenversicherung.

 

Viele private Krankenversicherer werben beinah aggressiv mit günstigen Angeboten um Selbstständige und Existenzgründer. Was ist davon zu halten?

Grundsätzlich spricht erst einmal ja nichts gegen eine preisgünstige Krankenversicherung – insbesondere, wenn man als Existenzgründer anfänglich über wenig finanziellen Spielraum verfügt. Auch diese Einsteigertarife erfüllen, sofern man um deren Problematik weiß, ihren Zweck. Die Frage ist jedoch, ob Menschen, die sich privat vollversichern, sich darüber im Klaren sind, warum ein Einsteigertarif so günstig ist.

Nämlich? Warum ist er das?

Private Krankenversicherungen (PKV) bilden für jede Alterskohorte – etwa alle 1980/81/82 Geborenen – Rückstellungen, welche die mit dem Alter steigenden Risikokosten im heutigen Beitrag berücksichtigen sollen. Wenn ich als Versicherer nun aber eine PKV als Einsteigertarif bewerbe, dann bedeutet dies, dass ein solcher Tarif nur in sehr geringem Umfang Alterungsrückstellungen bilden muss, da der Verbleib des Versicherten bis ins hohe und teure Alter in diesem Tarif gar nicht einkalkuliert wird. Stattdessen kommt der günstige Beitrag nur hin, wenn der Versicherte nach fünf, spätesten zehn Jahren in einen deutlich teureren Tarif desselben Versicherers wechselt, bei dem realistische Alterungsrückstellungen einkalkuliert sind. Kurzum: Einsteigertarife sind nur deshalb so günstig, da sie am Sparen sparen.

Was raten Sie also? Und wann empfiehlt sich der Verbleib in der GKV?

In vielen Bereichen bietet die PKV Vorteile, insbesondere in vielen heute guten und auskömmlich kalkulierten Tarifen. Sie sichert ein Leben lang zu, was sie in den Versicherungsbedingungen offeriert. Sie ist nicht grundsätzlich günstiger – bietet aber ein System, bei dem ein mitdenkender, mündiger Versicherter deutliche Vorteile bei der medizinischen Versorgung haben kann. Zudem werden hier Kapitalrücklagen gebildet, während die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach dem Umlageprinzip funktioniert und immer weniger Beitragszahler für immer mehr Kranke aufkommen müssen. Wer aber über nicht arbeitende Familienangehörige verfügt, der profitiert natürlich von der noch beitragsfreien Mitversicherung in der gesetzlichen Familienversicherung, während in der PKV für jedes Mitglied ein eigener Beitrag zu entrichten ist.

Existenzgründer, die sich als Selbstständige privat versichern dürfen, sollten ebenfalls die finanziellen Folgen des Wechsels in die PKV kennen und dann entscheiden, ob dieser Weg oder der Verbleib in der GKV für sie der richtige ist. Man muss sich bewusst machen, dass ein realistischer PKV-Monatsbeitrag nicht wirklich günstiger ist als der Beitrag für die gesetzliche Krankenkasse.

» Ein auskömmlicher Tarif ist nicht unter 300 Euro im Monat zu haben. «

Daniel Steinberger

 

Lässt sich nicht auch als gesetzlich Versicherter durch Zusatzversicherungen und Kostenerstattungsprinzip eine ähnlich gute Absicherung wie in der PKV erreichen?

Die gesetzliche Krankenkasse gibt gesetzlich Versicherten seit 2004 die Möglichkeit, vom Sachleistungsprinzip (mit Versichertenkarte) auf das Kostenerstattungsverfahren umzustellen. Dadurch wird der Versicherte zum Privatpatienten und erhält vom Arzt eine Privatrechnung. Dadurch, dass der Arzt bei seiner Behandlung nicht mehr an die Budgetierungen der Krankenkassen gebunden ist, kann er dem Patienten so die Behandlung zukommen lassen, die wirklich notwendig und wichtig ist. Die Privatrechnung reicht man dann bei seiner gesetzlichen Krankenkasse ein, die davon einen Teil übernimmt. Aus diesem Grund benötigt man auch eine entsprechende ambulante Zusatzversicherung, die die Restkosten absichert. Das Verfahren Kostenerstattungsprinzip plus Krankenzusatzversicherung bietet mehr Sicherheit, da man nicht komplett in die PKV wechseln muss und auch unkompliziert in das Sachleistungsprinzip zurückwechseln kann.

Was raten Sie Unternehmern abschließend?

Wenn man sich für die PKV entscheidet, dann am besten für einen auskömmlich kalkulierten Tarif, welcher nicht für unter 300 Euro im Monat zu haben ist. Wer sich noch unsicher ist, kann in das System reinschnuppern und in das Kostenerstattungsverfahren mit passender ambulanter Zusatzversicherung wechseln. Wenn er damit zurechtkommt, kann der Wechsel komplett in die PKV auch nach zwei bis drei Jahren erfolgen – wenn man sich sicher ist, dass dieses System die gewünschten Vorteile hat. Und eines noch: Sofern man sich für die PKV entscheidet, ist es heute wichtiger ist , sich den richtigen Versicherer zu suchen , statt nur eines heute interessanten Tarifes.

Inwiefern?

Durch das Wechselrecht nach Paragraph 204 VVG lässt sich ein schlechter Tarif später durch den Wechsel in einen neueren Tarif korrigieren , sollte der ursprünglich ausgewählte Tarif einmal zu stark im Beitrag ansteigen. Beim 204 Tarifwechselrecht wechselt man innerhalb der Gesellschaft ohne erneute Gesundheitsprüfung und unter Mitnahme sämtlicher über die Jahre angesammelter Alterungsrückstellungen. Wählt man jedoch einen schwachen Versicherer oder ein Unternehmen, welches seit Jahrzehnten das gleiche Tarifwerk benutzt , ist diese Art von Tarifoptimierung nur eingeschränkt oder gar nicht möglich .