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Wo die Reise nach der Krise hingeht, ist vielerorts noch unklar. In Zeiten wie diesen brauchen Mitarbeiter mehr denn je empathische Führung.
Sind Sie verbunden? Damit meine ich nicht nur eine möglichst schnelle Internetleitung im Homeoffice, die in den vergangenen Wochen zur Lebensader der Wirtschaft avanciert ist. Ich meine so richtig persönlich verbunden.
Bislang ist mir das Thema Bindung inflationär vornehmlich in Babyblogs und verwandten Ratgebern begegnet. Quintessenz: Ohne feste Bindung ist das Leben meines Sohnes nahezu verwirkt, bevor er es überhaupt selbst erkunden kann.
Alleine im Homeoffice
Die Messlatte liegt hoch. Was für unseren Nachwuchs gilt, gilt auch für Teams, die wir als Führungskraft begleiten. Jetzt offenbart sich eine gute Verbindung zu den Mitarbeitern – oder eben nicht.
Die vergangenen Wochen sind überschattet von Sorgen: um die Gesundheit der Liebsten, um die berufliche Zukunft in einem womöglich empfindlich getroffenen Business. Das persönlich abgekoppelte Arbeiten im Homeoffice legt sich bleiern darüber.
Die Folge: Mitarbeiter driften nicht selten in einen inneren Standby-Modus ab. Nähe und Empathie lauten die Schlüsselkompetenzen von Führungskräften, um ein Team da wieder herauszuholen.
Laut einer Studie, die 2012 im Journal of Applied Psychology veröffentlicht wurde, wirken mitfühlende Führungspersönlichkeiten stärker und haben engagiertere Mitarbeitende.
Mitgefühl lässt sich trainieren
Weitere Studien zeigen, dass sich Kollaboration und Ownership in Organisationen mit mitfühlenden Führungskräften besonders positiv entwickeln. Zudem bleiben Mitarbeiter dem Unternehmen länger erhalten.
In unübersichtlichen Zeiten wie diesen hilft es auch, eine klare unternehmerische Vision aufzuzeigen, an der sich alle orientieren.
Und wie genau geht das nun, empathisch führen? Manchen fällt es sicher leichter als anderen, aber Mitgefühl lässt sich trainieren.
Der erste Schritt: Zuhören, und zwar richtig. Eine Frage stellen und Antwort abwarten und auf sie eingehen. Wie geht es dir? Was beschäftigt dich? Wie schätzt du diese Situation ein?
Diese drei Fragen wären schon mal ein guter Anfang. Der Gesprächspartner merkt sofort, ob dahinter echtes Interesse steckt.
Kritik ist Liebe
Feinfühliges Führen bedeutet übrigens nicht Schwäche – im Gegenteil: Kritik ist Liebe. Das ist dann wieder so ähnlich wie mit dem kreischenden Nachwuchs an der heimischen Süßigkeitenschublade: „Ja, ich verstehe, dass du traurig bist, weil du gerne noch einen dritten Schokoriegel essen würdest, aber du kriegst davon Zahnschmerzen.“
Wenn ich mir als Führungskraft Zeit nehme, mich mit einem Menschen auseinanderzusetzen und Stärken wie Schwächen spiegele, zeige ich echtes Interesse an der Entwicklung. Und das motiviert und steigert die Leistung.
Hanna Holzberg verantwortet die Redaktion Change bei der Handelsblatt Media Group. In ihrer Kolumne „Zeit, was zu ändern“ macht sie Lust auf Veränderung.