Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Der Zeitarbeitsunternehmer Peter Jackwerth hat in Ingolstadt ein Fußballwunder vollbracht. Binnen zehn Jahren formte er aus zwei unterklassigen Pleiteklubs einen Erstligisten.

Der Ministerpräsident hatte keine Chance. Drei Mal rief Horst Seehofer an, drei Mal wurde er weggedrückt. Peter Jackwerth hatte Wichtigeres zu tun, als mit dem bayerischen Landesvater zu sprechen. Er guckte Fußball.

Es war nicht irgendein Spiel. Der 17. Mai 2010: In der Relegation geht es um den letzten Startplatz für die Zweite Bundesliga. Dem Drittligisten FC Ingolstadt ist der Aufstieg kaum noch zu nehmen. Nach dem 1:0 im Hinspiel führt der bayerische Klub in der Schlussphase des Rückspiels komfortabel mit 2:0 bei Hansa Rostock. Ein viertes Mal klingelt das Handy von Jackwerth, dem Präsidenten des FC. Er geht ran, könnte ja was Wichtiges sein. Jackwerth macht es kurz: „Sagt der: Hier ist Horst, dein Ministerpräsident. Sag ich: Ist mir egal, hier ist noch nicht Schluss.“

Der 17. Mai 2015. Auf den Tag fünf Jahre nach dem Zweitligaaufstieg betritt Peter Jackwerth breit grinsend das Fernsehstudio von „Blickpunkt Sport“ im Bayerischen Rundfunk: Unter dem dunklen Sakko trägt er ein T-Shirt, „1. Liga“ steht darauf in dicken roten Buchstaben. Unter Jackwerths Arm klemmt die Meisterschale der Zweiten Liga. Er lehnt sie gut sichtbar an einen Tisch, bevor er sich dann in seinem Sessel zurechtrückt. Der Aufstieg ist das Thema. Doch Jackwerth wird auch vom Seehofer-Anruf berichten, über den er sich dann doch gefreut hat: „War aber gut.“ Ein Monitor zeigt die Spieler des FC Ingolstadt in einem Bierduscheninferno. Auch über Jackwerths Kopf wird ein XL-Weizenbierglas geleert. Ingolstadt in der Bundesliga – im deutschen Fußball eine der größten Leistungen der jüngeren Zeit.

Nichts ging mehr

Gerade einmal elf Jahre ist es her, dass die Fußballer des ESV Ingolstadt sich Hilfe suchend an Jackwerth wandten. Ein Bezirksoberligist, der finanziell mit dem Rücken zur Wand stand. Kaum besser ging es den Kickern des Lokalrivalen MTV, die in der Landesliga um ihre Existenz kämpften – auch sie baten um Unterstützung. Als Chef der Ingolstädter Zeitarbeitsfirma Tuja hatte Jackwerth Millionen gemacht. Ein Selfmademan, der weiß: Almosen bringen nichts.

Erstklassig: Der FC Ingolstadt spielt von August 2015 an in der Ersten Fußballbundesliga. © Stefan Bösl/ kbumm.agentur

Erstklassig: Der FC Ingolstadt spielt von August 2015 an in der Ersten Fußballbundesliga. © Stefan Bösl/ kbumm.agentur

Jackwerth hat einen besseren Plan. Er bringt die Chefs der Fußballabteilungen von ESV und MTV dazu, sich zusammenzuschließen. Zu einem reinen Fußballklub, der 2004 den Spielbetrieb als FC Ingolstadt 04 aufnimmt. Weil dem MTV noch der Aufstieg glückt, darf der neue Verein in der vierthöchsten Klasse starten, der Bayernliga. Es gibt Skeptiker und Spötter, die Jackwerth Größenwahn unterstellen – dabei hat er nur die Dritte Liga als Ziel für die nächsten drei Jahre vorgegeben.

Tatsächlich geht es viel schneller nach oben. Schon vier Jahre später schafft Ingolstadt den Aufstieg in die Zweite Liga. Der Neuling hält sich zwar nur eine Saison – schafft aber mit dem Sieg über Rostock 2010 die direkte Rückkehr. Ein zähes Geschäft. „Viel Kampf und auch etwas Glück“ brauche es im Fußball, sagt Jackwerth. Vier Jahre behaupten die Ingolstädter sich im Mittelfeld der Zweiten Liga – bis in der vergangenen Saison der Coup gelingt: Platz eins, Aufstieg in die Erste Bundesliga. Ab sofort heißen die Gegner Bayern München, Schalke 04 und Borussia Mönchengladbach.

Bodenständig bleiben

Jackwerth genießt die Euphorie in der Stadt, die er maßgeblich entfacht hat. Doch der Vorstandschef des FC Ingolstadt tritt auch auf die Bremse. „Bloß nicht durchdrehen, nichts Verrücktes machen“, sagt er. „Wir wollen unseren normalen Weg weitergehen, mit einem normalen Budget.“ Im Schnitt um 50 Prozent wächst der Umsatz eines Bundesligaaufsteigers – vor allem dank höherer Einnahmen aus Fernsehrechten und Werbeverträgen. Auf teure Spielerkäufe will Jackwerth dennoch verzichten. „Die Mannschaft bleibt zusammen“, sagt er. „Wer die Arbeit geleistet hat, der soll jetzt auch den Lohn dafür ernten.“

Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter.