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Creditreform

Von Gerd Zimmermann

Als Geschäftsführer von Taxi Ostbahnhof in München will er seine gesamte Fahrzeugflotte – 52 Pkw, die gemeinsam rund drei Millionen Kilometer pro Jahr zurücklegen – auf Hybridantrieb umstellen. In der Stadt bis 50 Stundenkilometer sorgt dann überwiegend ein E-Motor für Tempo, danach dominiert der Verbrennungsmotor. Dass Köhl mit Hybriden sein erwünschtes Sparziel schaffen kann, zeigt ihm die bisherige Praxis: Von den 52 Fahrzeugen sind schon heute 30 mit Hybridtechnik unterwegs: Modell Toyota Prius. Deren Verbrauch liegt im Gesamtdurchschnitt bei 5,75 Litern Benzin auf 100 Kilometer, bei seinen Dieseltaxis verzeichnet der Unternehmer einen Durchschnittswert von 10,11 Litern. Ein Unterschied, der auch durch die ständige Rückgewinnung der Bremsenergie und deren Umwandlung in Strom für den Elektroantrieb zustande kommt.

Was die Energiezufuhr während des alltäglichen Fahrbetriebs in Kilometern bedeuten kann, hat Toyota auf einer Testfahrt bei Tokio mit dem Yaris Hybrid beispielhaft festgestellt. Die Strecke unterteilte sich in zwei Drittel Stadt und ein Drittel Überland. Von der Gesamtdistanz von 58,1 Kilometern wurden 41 Prozent, das sind insgesamt 23,7 Kilometer, rein elektrisch und damit emissionsfrei zurückgelegt. Praktiziert wurde eine vorausschauende Fahrweise – also frühzeitiges Abbremsen vor Ampelanlagen und keine abrupten Bremsmanöver, bei denen weniger Bremsenergie gewonnen wird. „Je stärker der Elektromotor ist, desto länger lässt sich im E-Modus bleiben“, berichtet Hirofumi Yamamoto, Toyota-Chefingenieur.

Zurück nach München: Spürbare Ersparnisse sieht Taxi-Unternehmer Köhl auch bei der Wartung der Zwei-Motoren-Fahrzeuge, schließlich sind dabei Verschleißteile wie Kupplung, Keilriemen Lichtmaschine und Anlasser überflüssig. Zudem ist der Verschleiß von Bremsbelägen und Bremsscheiben aufgrund der regenerativen Bremsanlage, bei der häufig nur über den Elektromotor gebremst wird, geringer als bei herkömmlichen Fahrzeugen. Gemäß Köhl liegt die durchschnittliche Lebensdauer von Bremsbelägen und Scheiben jenseits der 100.000 Kilometer-Grenze. „Im Pkw-Bereich ist Toyota und Tochterunternehmen Lexus mit insgesamt neun Hybrid-Modellen der größte Anbieter“, trommelt Ulrich Selzer, Geschäftsführer von Toyota Deutschland. Doch laut Volkswagen sollte sich das mit den Konzernmarken Audi, Skoda, Seat und Porsche in den nächsten Jahren ändern.

Der Markt und damit der Kampf um Autofahrer dürfte sich dabei auf Hybrid-Plug-in-Fahrzeuge konzentrieren, prophezeit VW-Chef Martin Winterkorn. Darin werkeln unter der Motorhaube laut VW „das Beste aus zwei Welten“: Ein Elektro-Antriebsstrang, der seinen Saft auch aus der Steckdose bezieht, sowie ein Verbrennungsmotor, der via Downsizing, optimierter Einspritzung und Start-Stopp-System genügsame Trinksitten aufweist. In den nächsten drei Jahren will der VW-Konzern insgesamt zehn neue Plug-in-Hybride auf den Markt bringen. Toyota hält dagegen und spricht von 21 neuen oder überarbeiteten Hybridmodellen bis Ende 2015. Darunter ein Vollhybrid-Kleinwagen mit 1,0-Liter Zweizylinder-Triebwerk sowie Fahrzeuge, bei denen anstelle des Verbrennungsmotors eine Brennstoffzelle arbeitet. Letzteres empfindet Daimler, führend in der Kfz-Brennstoffzellen-Forschung, als Herausforderung. Entsprechend kündigte Daimler-Chef Dieter Zetsche bereits neue Zellen-Hybride an, die schon 2014 auf den Markt rollen sollen. „Der Vollhybrid als die Kerntechnologie der Mobilität im 21. Jahrhundert hat eine glänzende Zukunft, und es wird noch richtig spannend“, fasst Henning Meyer, Toyota-Pressesprecher, zusammen.

Hybridtechnik im Nutzfahrzeug

„Sehr interessante“ Entwicklungen sieht Bernd Bohr auch im Bereich Nutzfahrzeuge: „Selbst im Fernverkehr erwarten wir einen um bis zu sechs Prozent reduzierten Kraftstoffverbrauch“, betont der Vorsitzende des Bosch-Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik mit Blick auf Nutzfahrzeuge ab zwölf Tonnen. Bohr denkt dabei an ein Parallelhybrid-Konzept, bei dem ein Elektromotor mit einer Spitzenleistung von 120 Kilowatt in den Antriebsstrang integriert wird: „Unser Ziel ist ein Hybridantrieb, der sich beim Spediteur binnen drei Jahren über die Kraftstoffeinsparung amortisiert.“Bereits in der Serienproduktion und im neuen Actros von Mercedes-Benz verbaut ist das Fahrassistenzsystem Eco.Logic motion. Es berechnet während des Fahrbetriebs jeweils die effizienteste Strategie für die Motor- und Getriebesteuerung. So ist vor Steigungen, die über die GPS-Navigation erkannt werden, zu beschleunigen, um unnötige Schaltvorgänge zu vermeiden. Für den Hybrid-Antrieb bedeutet das: aufansteigende Strecken die Batterie rechtzeitig entladen, also für zusätzlichen Schub sorgen, bevor auf Gefällstrecken das Nachladen über die Rückgewinnung der Bremskraft möglich wird. Bosch erwartet allein durch diesen Trick eine durchschnittliche Kraftstoffersparnis um die drei Prozent. Zur besseren Einschätzung: Bei einem 40-Tonner mit üblicher Laufleistung dürfte eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs von nur einem Prozentpunkt rund 650 Euro Betriebskostenersparnis jährlich bewirken.

Eine andere Bosch-Lösung für Lkw beinhaltet die Energierücklieferung aus dem Abgasstrang. Derzeit gehen rund 60 Prozent des eingesetzten,fossilen Kraftstoffs als Abwärme über Kühler und Abgas verloren. Das noch in der Erprobung befindliche Wärmerückgewinnungsverfahren funktioniertwie folgt: Mittels der Abgasabwärme wird Dampf erzeugt, der einen Generator antreibt, der elektrische Energie für die Traktionsbatterie eines Hybridsystems bereitstellt. Für schwere Laster im Fernverkehr wäre die Sparlösung besonders geeignet, weil die höchste Effizienz beim Betrieb auf Langstrecken erreicht wird. Denn auf weite Distanzen herrschen im Abgasstrang über längere Zeiträume hinweg konstant hohe Temperaturenvor. Je nach Fahrzeugtyp und Laufleistung lasse sich mit diesem System bis zu 2.500 Liter Dieselkraftstoff pro Jahr und Fahrzeug einsparen. „Wir machen den Hybridantrieb im Nutzfahrzeug intelligenter und effizienter zugleich“, trommelt Bosch-Mann Bernd Bohr.

Nachrüstung lohnt

Bei Iveco heißt zukunftsträchtige Hybrid-Technologie für das leichte Nutzfahrzeug: Dual Energy. „Im Vergleich zu einem Fahrzeug nur mit Dieselmotor wird eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen von bis zu 25 Prozent erreicht“, verspricht Unternehmenssprecher Manfred Kuchlmayr. Das sind pro Kilometer maximal 500 Gramm weniger ausgeblasene Schadstoffe, bei einer jährlichen Fahrstrecke von 50.000 Kilometern summiert sich das auf 25 Tonnen weniger Umweltbelastung. Auch Daimler mischt bei leichten Lkw-Hybriden mit: Daimler Trucks und die Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation haben in Japan gemeinsam den Fuso Canter Eco Hybrid erfolgreich auf die Straße gebracht. Jetzt kommt das Öko-Modell mit 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht nach Europa. Im Daimler-Mitsubishi-Werk im portugiesischen Tramagal hat im November die Fertigung begonnen. Das Parallelhybrid-Nfz verfügt über einen E-Motor mit einer Leistung von 40 Kilowatt, er befindet sich zwischen Kupplung und Getriebe. Der Vierzylinder-Turbodiesel mit 3,0 Liter Hubraum ist 110 Kilowatt (150 PS) stark. Das deutsch-japanische Gemeinschaftsgefährt verbraucht bis zu 23 Prozent weniger Kraftstoff als ein vergleichbares Modell. „Dieser Wert stellt die meisten konventionell angetriebenen Lkw dieser Gewichtsklasse in den Schatten“, freut sich Daimlers Lkw-Boss Andreas Rentschler.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in „Creditreform Spezial“ 12/2012