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Creditreform

Risikobehaftete Branchen sind weitgehend im tertiären Sektor sowie im Baugewerbe zu finden. Darunter sind die Branchen zu verstehen, die eine weit überdurchschnittliche Insolvenzanfälligkeit auch innerhalb ihres Wirtschaftsbereichs aufweisen. Die Insolvenzquoten betragen hier zum Teil das Achtfache des gesamtwirtschaftlichen Durchschnittswertes.

Ein weiterer Blick gilt bei der Rückschau auf die Entwicklung der Pleiten des ersten Halbjahres 2013 den großen Insolvenzen. Dabei sei angemerkt, dass die beiden Paukenschläge dann erst im Sommer erfolgten: Der Insolvenzantrag der Baumärkte Max Bahr und Praktiker. Am 1. Mai wurde am Amtsgericht Kempten das Insolvenzverfahren über die KUNERT Fashion GmbH & Co. KG eröffnet. Arndt Geiwitz, der auch die Schlecker-Insolvenz betreute, wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dem Unternehmen machten vor allem Pensionsverpflichtungen zu schaffen, aber auch die hohen Produktionskosten in Deutschland. Der Textilhersteller mit Sitz in Immenstadt, der mehrheitlich zu einem Finanzinvestor gehört, will sich durch das Insolvenzverfahren für potenzielle Investoren attraktiv machen und Schulden abbauen. Mehr als 1.000 Stellen sind bedroht.

Der Call-Center-Dienstleister TECTUM Group aus NRW ist ebenfalls insolvent. Nach Angaben des Unternehmens ist der Dienstleister im vergangenen Jahr aufgrund einer verfehlten Expansionspolitik in wirtschaftliche Schieflage geraten. Fast 1.000 Mitarbeiter waren betroffen. Die Geschäftsführung plant, im Zuge des Insolvenzverfahrens ein schlankeres Unternehmen zu formen. Ohne Standortschließungen und Stellenabbau wird dies wohl nicht gelingen. Auch die Bäckerei Siebrecht ging 2013 in die Insolvenz. Die Großbäckerei mit zahlreichen Filialen und bundesweit 744 Beschäftigten hatte unter zurückgehenden Umsätzen, steigenden Rohstoff- und Energiepreisen zu leiden. In die Bredouille brachte die Bäckerei auch die zunehmende Konkurrenz durch Discounter, Backstationen und sonstige Billiganbieter. Eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern war zuvor gescheitert. Im Gefolge dieser Entwicklungen gingen auch für die Achimer Stadtbäckerei sprichwörtlich die Lichter aus. Hier waren gut 600 Arbeitsplätze betroffen.

Für die SIAG Nordseewerke GmbH aus Emden war 2013 ebenfalls ein schwarzes Jahr. Rund 700 Jobs bei dem Hersteller für Offshore-Windenergieanlagen standen vor dem Aus. Im Februar konnte ein Investor präsentiert werden, der immerhin ein Teil der Arbeitsplätze und die Lehrlinge übernehmen konnte.

Am 21. März hatte die Autowelt König Wunsiedel Insolvenz anmelden müssen. Das fast 50 Jahre alte Familienunternehmen hatte zuletzt 625 Beschäftigte in 16 Autohäusern. Auch ein Managementwechsel zu Jahresbeginn brachte keine Wende mehr. Nun versucht der Insolvenzverwalter möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze zu retten.

Wieder hat es einen Billigstromanbieter erwischt: die Flexstrom AG aus Berlin. Dem allein auf den niedrigsten Preis ausgerichteten Geschäftsmodell fehlte offenbar die wirtschaftliche Grundlage. Fast eine halbe Million Kunden hatte der nun insolvente Billigstromanbieter bundesweit. Vielen kam diese Nachricht wie ein Déjà-vu vor, erinnerte das Geschehen doch stark an die Pleite des ehemaligen Konkurrenten TelDaFax aus Troisdorf vor anderthalb Jahren.

Ebenfalls pleite sind die Dienstleister Reitec aus Versmold sowie die Winkler Services GmbH, die zusammen fast 1.200 Arbeitnehmer hatten.

Festzuhalten bleibt in den Fällen größerer Insolvenzen, dass hier vielfach die Masse und die Sanierungschancen höher sind. Zusammen mit den neuen Möglichkeiten des ESUG wird hoffentlich mancher Betrieb zu retten sein.