Der rasante Anstieg der Insolvenzen vermittelt den Eindruck, die Wirtschaft in Ungarn stürze ab. Dabei hat die überwiegende Mehrzahl der Unternehmen gut zu tun. Creditreform trumpft im scharfen Wettbewerb unter den Informationsdienstleistern mit neuen Produkten auf.
Laut der Insolvenzstatistik war 2014 ein schlimmes Jahr für die ungarische Wirtschaft. Die Zahl der Unternehmen, die so stark in Bedrängnis gerieten, dass sie aufgeben mussten, war um mehr als 30 Prozent höher gewesen als im Jahr zuvor. Eine solch verheerende Bilanz wies – abgesehen von Slowenien – kein anderes osteuropäisches Land auf. Also Untergangsstimmung in Ungarn? „Alles halb so schlimm“, erläutert Szücs Gabor, Geschäftsführer der Creditreform Landesgesellschaft in Ungarn. „Der rasante Anstieg der Insolvenzen resultierte vor allem aus einer geänderten Gesetzeslage und spiegelte keineswegs die Verfassung der Wirtschaft wider.“
Tatsächlich hat die Regierung in Budapest drastische Maßnahmen ergriffen, um den Wildwuchs unter den Firmen zu beseitigen. Unternehmen, die mit ihrer Steuerzahlung in Rückstand sind oder ihre Bilanz nicht bis zum 31. Mai des Folgejahres vorlegen, werden inzwischen kurzfristig aus dem Firmenregister gelöscht. „Zwangslöschung“ heißt dieses spezielle Insolvenzverfahren. Früher, so sagt Gabor, habe es aus bürokratischen Gründen oft quälend lange gedauert, bis eine solche Löschung eingeleitet worden sei. „Heute geht das sehr schnell. Die Gesetzesänderung hilft, die Wirtschaft zu bereinigen.“
Das ist auch notwendig. Weil es in Ungarn vergleichsweise leicht ist, ein Unternehmen zu gründen, haben dort in den vergangenen Jahren viele Menschen den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Zu Spitzenzeiten waren knapp 600.000 Firmen registriert – und das in einem Land mit gerade einmal knapp zehn Millionen Einwohnern.
Ungarn – es geht aufwärts
Nach einer langen Rezession – in der Finanzkrise war das Land auf die Hilfe von IWF und EU angewiesen gewesen – hatte sich die Wirtschaft 2013 erholt. Im vergangenen Jahr legte das Bruttoinlandsprodukt um deutlich mehr als drei Prozent zu. Für 2015 rechnen die meisten Volkswirte mit einem Plus von zwei bis drei Prozent. Als stark exportorientiertes Land ist es insbesondere von der Entwicklung in der Eurozone und hier vor allem von Deutschland abhängig. „Wenn die globale Konjunktur läuft, brummt auch die Wirtschaft in Ungarn“, erläutert Gabor.
Umgekehrt gilt dies freilich genauso. Und so könnte das Donau-Land rasch in Bedrängnis geraten, wenn vor allem die weltweite Autokonjunktur ins Stottern geraten sollte. Denn Ungarn hat sich in den vergangenen Jahren als ein bevorzugter Standort für Fahrzeugzulieferer etabliert. Allerdings hat zuletzt auch der private Sektor an Kraft gewonnen – was auch ein Grund dafür ist, dass die Arbeitslosenquote, die 2012 noch knapp elf Prozent betragen hatte, auf 7,9 Prozent (2014) zurückgegangen ist. Aktuell beträgt sie sogar nur 6,8 Prozent.
Zu den am meisten gefährdeten Branchen zählt der Creditreform-Geschäftsführer insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe. Dort habe es zuletzt besonders viele Insolvenzen gegeben. Unsicher ist nach seiner Einschätzung auch die Entwicklung in der Bauindustrie. „Allerdings könnte diese Branche von den zuletzt unerwartet stark gestiegenen Investitionen profitieren“, so Gabor.
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