Alljährlich analysiert die Creditreform Wirtschaftsforschung die Entwicklung der Insolvenzen in Europa. Die Studie 2013/14 zeigt: Die europäische Wirtschaftskrise ist noch nicht beendet.
Die renommierte DWS Vermögensverwaltung meldet Erfreuliches aus dem europäischen Raum. Danach hat „der Patient Europa im vergangenen Jahr die Intensivstation verlassen“. Jetzt sei er endgültig auf dem Wege der Besserung.
Eine gute Nachricht, die sich jedoch in vielen Ländern noch nicht in zurückgehenden Insolvenzzahlen widerspiegelt. So meldet die aktuelle Creditreform-Studie „Unternehmensinsolvenzen in Europa Jahr 2013/14“ für die EU-15-Länder, Norwegen und die Schweiz einen Anstieg um 1,1 Prozent auf 192.340 Fälle im beobachteten Zeitraum. Damit hat sich die Spirale des Insolvenzgeschehens zumindest verlangsamt. Erst ein Jahr zuvor war die Zahl der Firmenpleiten noch um mehr als neun Prozent gestiegen. Auch in Osteuropa war sie 2013 auf dem Vormarsch.
Erhebliche Unterschiede in Westeuropa
Nicht alle westeuropäischen Länder melden für 2013 einen weiteren Anstieg der Unternehmenszusammenbrüche. In acht Volkswirtschaften entspannte sich die Lage. Dies waren Dänemark, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Österreich und die Schweiz. Hier gerieten weniger Betriebe in die Insolvenz als im Vorjahr. Besonders gute Nachrichten kommen aus Irland. In dem Inselstaat verringerte sich die Zahl der Pleiten um nahezu 20 Prozent und erreichte damit den niedrigsten Stand seit 2009. Auch in Dänemark (minus 8,5 Prozent), Deutschland (minus 9,1 Prozent), Griechenland (minus 5,5 Prozent), Großbritannien (minus 9,9 Prozent), Luxemburg (minus 1,6 Prozent), Österreich (minus 8,3 Prozent) und der Schweiz (minus 5,1 Prozent) entwickelten sich die Zahlen positiv. Die Folgen der weiterhin schwelenden europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise sind jedoch längst nicht überall überwunden. Besonders hart traf es 2013 die norwegische Wirtschaft. Hier nahmen die Insolvenzen auf rund 4.600 zu. Das entspricht einem Anstieg von 19,7 Prozent. In Italien erhöhte sich die Zahl der Insolvenzen um rund 16 Prozent und in Spanien um 14,6 Prozent. Zu einer leichten Zunahme der Pleiten kam es in Schweden (plus 3,6 Prozent) und Frankreich (plus 2,1 Prozent). Der Anteil Deutschlands an den westeuropäischen Pleiten entwickelt sich bereits seit 2007 rückläufig. Damals trug Deutschland 22,3 Prozent zu den Insolvenzen in Westeuropa bei. Im Jahr 2013 lag der Anteil bei 13,6 Prozent.
Bedrohliche Entwicklung in Osteuropa
Auch in den osteuropäischen Staaten nahmen die Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2013 zu. Insgesamt wurden 100.984 Pleiten registriert. Das entspricht einem Anstieg von 3,9 Prozent gegenüber 2012. Damit haben sich die Pleitefälle seit dem Jahr 2010 nahezu verdoppelt. Den größten Beitrag zu dieser negativen Entwicklung leistete im vergangenen Jahr Ungarn mit 47.347 Konkursen. Allerdings ging die Zahl der Pleiten mit minus 5,7 Prozent gegenüber 2012 leicht zurück. Das gilt auch für Estland (minus 7,3 Prozent) und Lettland (minus 7,2 Prozent) sowie Russland (minus 6,6 Prozent). Den stärksten Anstieg bei der Zahl der Unternehmenszusammenbrüche meldete Bulgarien mit einem Plus von 221,7 Prozent, gefolgt von Slowenien (plus 58,2 Prozent) und Tschechien (plus 33,7 Prozent). Die Gründe sind vielfältig, etwa die hohe Arbeitslosigkeit und ein schwacher privater Konsum. Außerdem nimmt der Facharbeitermangel aufgrund von Abwanderungen kontinuierlich zu.
Euro-Krisenstaaten weiter unter Druck
Während der Anteil Deutschlands am westeuropäischen Insolvenzgeschehen kontinuierlich abnimmt, nehmen die Unternehmenszusammenbrüche in den sogenannten GIIPS-Staaten zu. Dies sind Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien. Der Anteil dieser Länder am gesamten Insolvenzaufkommen in Westeuropa erhöhte sich von 7,2 Prozent im Jahr 2007 auf 17,8 Prozent im zurückliegenden Jahr. Diese Entwicklung zeigt, dass die Wirtschaftskrise noch längst nicht zu Ende ist. Schwache Nachfrage, mangelnde internationale Konkurrenzfähigkeit und Finanzierungsprobleme sind wesentliche Gründe für die hohen Insolvenzzahlen.
Insolvenzgeschehen in einzelnen Branchen
Die Zahl der Pleiten entwickelte sich 2013 in den vier Hauptwirtschaftsbereichen (Verarbeitendes Gewerbe, Bau, Handel, Dienstleistungen) im Vergleich zu 2012 differenziert. So nahm der Anteil des Handels inklusive Gastgewerbe am Insolvenzaufkommen in Westeuropa im vergangenen Jahr von 31,6 Prozent auf 32,4 Prozent zu. Mehr als 62.000 Händler mussten ihre Geschäfte schließen. Im Verarbeitenden Gewerbe erhöhte sich der Anteil der Unternehmenspleiten am gesamten Insolvenzaufkommen auf 10,9 Prozent – ein Plus von einem Prozentpunkt. Rund ein Fünftel der gesamten Insolvenzen in Westeuropa entfiel auf den Wirtschaftsbereich Bau. Für etwa 40.000 Bauunternehmer aus Westeuropa folgte damit das wirtschaftliche Aus. Spitzenreiter auf der Liste der 2013 in Insolvenz gegangenen Betriebe sind jedoch die Dienstleister. Etwa 69.000 dieser Unternehmen scheiterten im Verlauf des vergangenen Jahres.
Gewinnmargen erholen sich leicht
Die Analyse der EBIT-Marge westeuropäischer Unternehmen kommt zu einem höchst unerfreulichen Ergebnis: Die Zahl der Unternehmen, die mit einer extrem niedrigen Gewinnmarge von maximal fünf Prozent arbeiten, ist im Jahr 2012 von 24,3 Prozent auf 29 Prozent gestiegen. Nur noch knapp 14 Prozent der Unternehmen weisen eine EBIT-Marge von bis zu zehn Prozent auf. Mehr als jedes zweite Unternehmen musste einen Rückgang der Gewinnmarge verkraften. Die Erkenntnisse aus den aktuellen Creditreform-Bilanzauswertungen zeigen jedoch, dass es gute Gründe für Optimismus gibt. Die ersten Analysen der Bilanzen aus dem Jahr 2013 lassen darauf schließen, dass sich die Situation leicht verbessert. Die Zahl der Unternehmen, die zufriedenstellende EBIT-Margen erreichen, nimmt zu.
Die vollständige Creditreform-Untersuchung finden Sie unter www.creditreform.de