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Creditreform

Von Anne Schüller

Wie in einem Unternehmen Exzellenz entsteht? Tom Peters, einer der weltweit angesehensten Managementdenker, hat das in einem Vortrageinmal wie folgt ausgedrückt: „Organisationen sind nichts weniger als Kathedralen, in denen die unterschiedlichsten Menschen mit der entfesseltenMacht ihrer Fantasie, ihres Geistes und ihres angeborenen unternehmerischen Gespürs leidenschaftlich nach Spitzenleistungen streben.“ Um dieses Ziel zu erreichen, kann man entsprechende Anweisungen geben – oder die Mitarbeiter fragen, wo es nur geht.

Um die Ist-Situation an den einzelnen Punkten der Zusammenarbeit zu reflektieren, können Führungskräfte ihre Mitarbeiter jederzeit schriftlich befragen. Mögliche Fragen, die sich auch anonym beantworten lassen, finden Sie weiter unten.

Mitarbeiterloyalität ermitteln

Offene Fragen zwingen den Mitarbeiter dabei nicht in ein festes Antwortschema und degradieren ihn auch nicht zum Kreuzchenmacher. Sie geben ihm vielmehr die Möglichkeit, sich frei auszudrücken – und das Unternehmen erhält brauchbarere Antworten. Fragen wie diese dienen auch dazu, den Mitarbeiter aktiv einzubinden. So gewinnt dieser das gute Gefühl, den Dingen nicht ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Vielmehr wird er zum Mitgestalter werden und kann wertvolle Beiträge leisten.

Die Antworten können vieles ans Licht bringen, was man vielleicht schon immer mal gerne wissen wollte: Zum Beispiel, wie sich der Mitarbeiter in einer ganz bestimmten Situation fühlte. Oder was der Kunde dann und dann gesagt hat und aus welchem Grund.
Engagierte Kunden geben ja oft die wertvollsten Tipps, was sich wie verbessern ließe. Und diese werden insbesondere bei den Mitarbeitern deponiert, mit denen man vertrauensvoll zusammenarbeitet. Doch das meiste davon verschwindet lieblos auf Zettel gekritzelt im Verkaufskoffer, in irgendwelchen Aktenordnern, in nicht mehr auffindbaren Dateien und schließlich im Papierkorb. Weil sich „oben“ niemand für die Ideen von „unten“ interessiert.

Jeder Mitarbeiter ist auf seine Weise zu Lust auf Leistung zu motivieren. Mit fokussierenden Fragen kommen Sie seinen wahren Beweggründenam schnellsten näher – ohne ihm dabei zu nahe zu treten. Eine solche Frage geht beispielsweise so: „Welches sind die drei Dinge, die Sie sichvon Ihrem Vorgesetzten am meisten wünschen?“ Lassen Sie Ihrem Gesprächspartner Zeit, in seinem Oberstübchen Klarheit zu schaffen, umseine Antwort formulieren zu können. Beantworten Sie Ihre Frage auch dann nicht selbst, wenn das etwas dauert. Seien Sie offen für alles. Denn nicht selten spürt der Gefragte latente Erwartungen, die er heraushört und womöglich dann auf erwünschte Art und Weise bedient. Mitarbeiter werden immer auch ins Kalkül ziehen, was der Chef wohl gerne hören will. Drum bieten sich folgende Fragen an:

  • Wenn es eine Sache gibt, die Sie in Zukunft unbedingt übernehmen wollten, was wäre das für Sie?

  • Wenn es eine Sache gibt, die Ihnen in Hinblick auf Ihre Arbeit als besonders nutzlos erscheint, die also wirklich niemandem etwas bringt, was wäre das für Sie?
  • Und wenn es eine Sache gibt, die wir im Interesse der Kunden unbedingt verändern sollten, was wäre da aus Kundensicht betrachtet das Wichtigste für Sie?

So erhalten Sie – hoffentlich – endlich wichtige Informationen über schlechte Arbeitsplatzbedingungen, über betriebliche Zwänge, räumliche Enge, Doppelarbeit und Zeiträuber, über Kommunikations-, Schnittstellen- und Kundenprobleme und damit über die eigene Betriebsblindheit, deren Wirkung auf die Loyalität der Mitarbeiter und Kunden Sie womöglich deutlich unterschätzt haben. Ein weiterer Vorteil: Sie werden schnell. Heute gefragt, kann morgen schon was geändert werden. Und nicht vergessen: Ehrliche und mutige Mitarbeiter haben ein dickes Danke verdient.

Mitarbeiterbefragungen werden vielerorts im Jahresrhythmus gemacht. Solche Befragungen sind jedoch langsam und zäh, denn Planung, Durchführung und Auswertung brauchen viel Zeit. Immerhin lässt sich eine Vergleichbarkeit zwischen Einheiten oder im Jahresverlauf erreichen. Wird mit den Ergebnissen falsch oder uninteressiert umgegangen, löst eine solche Befragung jedoch Misstrauen und Ängste aus. Ist ein realistisches Bild erwünscht, sind ehrliche Aussagen von wenigen Mitarbeitern besser als opportune oder gar erzwungene Aussagen von Vielen.
Es kann nämlich vorkommen, dass Chefs ihren Mitarbeitern die gewollten Antworten vordiktieren oder sie nötigen, gut zu punkten. Wiees den Leuten tatsächlich geht, ist ihnen völlig egal. Und die Mitarbeiter haben keine Wahl. Ganz klar: Ein solcher Vertrauensmissbrauch ist nie mehr zu kitten.

Folgende Idee: Entwickeln Sie adäquate Fragen am besten gemeinsam mit den zuständigen Mitarbeitern. Dies erhöht die Rücklaufquote erheblich. Stellen Sie wenige Fragen und fassen Sie sich kurz. Lassen Sie genügend Raum für individuelle Bemerkungen der Antwortgeber. Überprüfen Sie im Rahmen eines Pre-Tests, ob die Zielpersonen die Fragen auch wirklich verstehen. Wenn Mitarbeiterbefragungen von externen Experten durchgeführt werden, sind die Ergebnisse, weil neutral, oft realistischer als bei eigenen Untersuchungen. Die Antworten sind dann meistens auch ehrlicher. Ferner ist die Methodensicherheit gewährleistet.

Ergebnisse nutzen

Die Endresultate lassen sich in entsprechenden Schaubildern darstellen und interpretieren. Denken Sie sich bei einer etwaigen Typisierung der Mitarbeiter unverfängliche Begriffe aus. Vorschläge, die man hierzu in der einschlägigen Literatur findet, wie etwa Leistungsverweigerer, Bewohner, Mitläufer, Absprungkandidaten, Job-Hopper und so weiter sind oft entwürdigend – und damit in unserem Sinne tabu. Auch von einem Einstufen der Mitarbeiter in eine A-, B- und C-Kategorie kann nur dringend abgeraten werden.

In jedem Fall sind die Ergebnisse gemeinsam mit den Mitarbeitern zu besprechen, damit sich anschließend auch etwas tut. Dabei geht es vor allem darum, wie sich etwaige Defizite aus der Welt schaffen lassen, um in Zukunft besser zu werden. Und wenn hierüber Konflikte ausbrechen? Ein konfliktfreies Zusammenarbeiten gibt es nicht! Entscheidend ist, über Probleme offen und sachlich zu sprechen und gemeinsam nach denjenigen Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten tragbar sind. Passiert dies nicht, werden Konflikte auf den Gängen bewältigt. Und das ist immer destruktiv. So bietet eine gut gemachte Mitarbeiterbefragung oft auch wertvolle Ansätze für eine Selbsttherapie des Teams.

>>Fragebogen: Welche Antworten der Mitarbeiter* Ihnen weiterhelfen

  • Was mir bei uns am besten gefällt, ist: …
  • Was mir bei uns am meisten fehlt, ist: …
  • Was sich an meinem Arbeitsplatz konkret verbessern ließe: …
  • Ich biete an, folgende Aufgaben zu übernehmen: …
  • Ich biete an, folgende Aufgaben abzugeben: …
  • Mein größter Wunsch an meine Führungskraft ist: …
  • Was wir für die Kunden noch tun könnten: …
  • Warum mir unser Unternehmen so wichtig ist: …
  • Was ich Außenstehenden über uns sagen würde: …
  • Woran ich bei mir selber arbeiten möchte: …
  • Wo ich mir Unterstützung wünsche: …
  • Was mich bewegen könnte, noch lange hier zu bleiben: …
  • Was ich immer schon mal sagen wollte: …
  • Was mir besonders am Herzen liegt: …
  • Was man beim nächsten Mal noch fragen könnte: …
  • Würden Sie sich heute wieder für unser Unternehmen entscheiden?Und wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Und wenn nein, weshalbnicht?

Quelle: www.anneschueller.de

Hinweis: Diese Antworten lassen sich auch anonym abfragen

Über die Autorin: Anne Schüller ist eine führende Expertin für Touchpoint Management, Loyalitätsmarketing sowie kundenfokussierte Unternehmensführung.

Beitrag zuerst erschienen in Creditreform 06/2013