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Creditreform

Politiker, Gewerkschaften und Versicherer tadeln die Deutschen gern als Vorsorgemuffel – und tatsächlich kenne auch ich viele patente, gut ausgebildete Leute, die engagiert ihrem Job nachgehen, beim Thema Altersvorsorge aber eine merkwürdige Passivität an den Tag legen. Oder ist es Fatalismus? Viele scheuen die Komplexität der Materie und die verwirrende Vielfalt an Durchführungswegen und Produkten, so mancher Jüngerer kann in der Aufbauphase mit Familiengründung und womöglich eigenen vier Wänden nichts weiter zurücklegen. Die meisten reagieren mit hilflosem Schulterzucken auf die Unwägbarkeiten der Dauerkrise, auf das Damoklesschwert von Arbeitslosigkeit und Geldentwertung. Wer mag sich schon vom hart erarbeiteten Nettolohn trennen, wenn niemand vorhersagen kann, was die heute abgeschlossene Garantierente in 30 Jahren noch an Kaufkraft bietet?

Auch einkommensstarke Unternehmer unter unseren Lesern fürchten die Inflation: Sie können sparen, sie möchten vorsorgen, um ihren jetzigen Lebensstandard zu halten – doch sie finden keine rentablen Anlagen. Wie unser Special-Autor Gerd Zimmermann ab Seite 22 vorrechnet, muss ein heute 50-Jähriger jeden Monat 3.747 Euro zurücklegen, um im Alter 5.000 Euro monatlich zu beziehen. Aber wo und wie bei diesen Magerzinsen (mehr ab Seite 52)? Zwischen überfordertem Rentensystem einerseits, verwaltungs- und kostenintensivem Riester-Sparen andererseits und riskanteren Renditemodellen halte ich die bAV für den ausgewogensten und flexibelsten Vorsorgeweg. Als betriebliche Sozialleistung kombiniert sie kollektive Elemente mit dem Aufbau eines nachhaltigen Kapitalstocks. Unternehmer und Belegschaft nutzen die Vorteile von kollektivem Einkauf, kollektiver Verwaltung und Zusatzleistungen durch die Versicherer gemeinsam (mehr ab Seite 24). Noch dazu gilt bAV als verwaltungsärmste Möglichkeit der steuerlichen Förderung, was bei den Versicherern renditemindernde Kosten spart. Die positiven Effekte auf Mitarbeitermoral und -bindung haben wir in „Creditreform“ schon mehrfach thematisiert.

Apropos Rendite: Natürlich kann sich auch die bAV nicht von Entwicklungen am Kapitalmarkt abkoppeln. Und doch gibt sie dem Unternehmer durch ihre Flexibilität einen enormen Gestaltungsspielraum – ermöglicht etwa Zusagen, die Mitarbeiter am Produktivitätsfortschritt beteiligen. Die unterschiedlichen Durchführungswege haben wir unter creditreform-magazin.de/bAV für Sie aufgelistet.

Und da wir ja im Wahlkampf sind: bAV müsste noch viel konsequenter als bislang in das System sozialer Sicherung integriert werden. Wer verantwortungsbewusst vorsorgt, sollte besser dastehen als jene, die nichts zurücklegen. Das wäre für Vorsorgemuffel mit Zukunftssorgen ein zusätzlicher Ansporn.

Ingo Schenk

Chefredakteur