Geld, Know-how und Netzwerke – Firmenchefs, die eine Beteiligungsfinanzierung eingehen, können mehr als nur ihre Eigenkapitalquote verbessern. Zwei Beispiele zeigen, worauf es ankommt.
Lange Zeit suchte die Geschäftsführung der europaweit tätigen Laborgruppe Agrolab nach Expansionsmöglichkeiten. Den Engpass der 3,75-Millionen-Euro-Strategie bildeten immer wieder die Kapitalgeber. „Die Banken winkten sofort ab. Sie waren nicht bereit, einem kleinen, nur Insidern bekannten Unternehmen wie Agrolab mit solchen Summen unter die Arme zu greifen“, sagt Geschäftsführer Paul Wimmer. Zusammen mit der Beratung Deloitte & Touche ging er deshalb auf Investorensuche – und hatte bald Erfolg: Zwei Drittel der Summe steuerte die Beteiligungs- gesellschaft Hannover Finanz Gruppe bei, das fehlende Drittel die Bayerische Beteiligungsgesellschaft (BayBG). Von diesem Geld kaufte Wimmer mehrere, im In- und Ausland ansässige Unternehmen, bis Agrolab schließlich zum international aufgestellten Unternehmen mit aktuell rund 1.200 Mitarbeitern in 20 Niederlassungen angewachsen war.
Das Beispiel Agrolab zeigt: Für mittel- ständische Unternehmen bietet die Beteiligungsfinanzierung durchaus einen lukrativen Finanzierungsweg. Dieser stärkt nicht nur die Eigenkapitalausstattung, sondern wird auch in der Regel mit Managementberatung und fortlaufender Betreuung kombiniert. Die Geldspritze ist von Beginn an zeitlich begrenzt und endet entweder mit dem Erreichen zuvor definierter Wachstumsziele oder wenn die übernommenen Unternehmensteile erheblich im Wert gestiegen sind. In letzterem Fall streben Private-Equity-Geber einen möglichst schnellen Ausstieg aus der Beteiligung an. Die gewinnträchtige Veräußerung der Beteiligung erfolgt je- doch nur in seltenen Fällen über die Börse.
Tausche Kapital gegen Mitsprache
Häufiger kommt dagegen der Verkauf an andere, eventuell sogar strategisch wichtige Investoren vor oder der Rückkauf der Anteile durch den Alteigentümer. Ein Vorteil des Beteiligungskapitals: Es wird den Unternehmen zumeist ohne die banküblichen Sicherheiten bereitgestellt. Die Kapitalgeber als Partner und Mitgesellschafter nehmen allerdings unterschiedlich ausgestaltete Mitsprache-, Mitwirkungs-, Zustimmungs- und Kontrollrechte war.
Agrolab etwa wurde das Eigenkapital in Form einer stillen Beteiligung zuge- führt. Aus gutem Grund: Geschäftsführer Wimmer war es wichtig, dass er auch künftig allein wichtige Entscheidungen treffen konnte. In Bezug auf die Gewinnbeteiligung sah die Vertragsgestaltung ein Wahlrecht vor: Entweder eine moderate Verzinsung bis zum Ende der Kapitalüberlassung zuzüglich einer Abschlussverzinsung in Höhe von 20 Prozent. Oder Verzicht auf die Abschlussverzinsung und Umwandlung der stillen Beteiligung in ei- ne Unternehmensbeteiligung von 15 Prozent. „Ich habe mich für die letzte Variante entschieden, weil ich an den Erfolg von Agrolab glaube“, sagt Wimmer, der seit Ende 2013 sämtliche Firmenanteile wieder sein Eigen nennen kann.
Beispiel 2: Auch junge Firmen können auf Unterstützung hoffen
Doch nicht nur etablierte Unternehmen, sondern auch junge, innovative Firmen können auf finanzielle Unterstützung durch die Eigenkapitalgeber hoffen. Ein Paradebeispiel dafür sind Volker Netzhammer und Patrick Braun. Die beiden Weinbetriebswirte hatten schon lange davon geträumt, sich selbstständig zu machen. 2009 ging es endlich los: Sie gründeten das Label „Acht Grad“ und fingen mit der Produktion einer Bio-Weinschorle in partytauglichen Flaschen an. Unterstützt wurden die beiden Gründer von ihrer Hausbank und einem Business Angel, den sie über das Venture Forum Neckar kennengelernt haben. „Im Nach- hinein war dieses Finanzierungsmodell eine gute Wahl“, findet Braun. „Wir haben ohne eigene Mittel einen Einstieg in die Selbstständigkeit gefunden und dabei unser persönliches Risiko über- schaubar gehalten.“ Den Privatinvestor haben die Unternehmer mittlerweile wieder ausbezahlt.
Vielseitig einsetzbares Kapital
Die beiden Firmenbeispiele zeigen, dass Beteiligungskapital eine sinnvolle und vor allem flexible Finanzierungsform sein kann. Denn Private Equity eignet sich nicht nur für jedes Unternehmen, sondern auch für nahezu jeden Finanzierungsanlass – von Venture Capital über Wachstumsfinanzierung bis hin zum Buy-out-Bereich.
Damit Firmen den richtigen Finanzierungspartner finden, sollten sie sich unbedingt vorher mit dem Leistungsangebot der einzelnen Marktteilnehmer beschäftigen. Ob es sich lohnt, sein Ge- schäftskonzept bei einem potenziellen Investor vorzustellen, hängt im Wesentlichen von den folgenden Faktoren ab:
• Investitionsvolumen
• Finanzierungsanlass
• Form der Beteiligung
• Unternehmensgröße
• Jahresumsatz
• Eigenkapitalquote
• Branchenschwerpunkt
• geografischer Schwerpunkt
• Geschäftsstrategie
Nur wenn Unternehmer und Kapitalgeber in allen Punkten die gleichen An- sichten teilen, ist sichergestellt, dass ei- ne maßgeschneiderte, optimale Lösung für die individuellen Finanzierungsbedürfnisse des Betriebs gefunden werden kann – und die Verhandlungsrunde ist eröffnet.
ÜBERBLICK – DREI MAL EIGENKAPITAL FÜR IHRE FIRMA
Die folgenden Geldquellen stehen Unternehmen hierzulande offen:
• Business Angels: Dies sind unternehmerisch versierte Privatpersonen, die in der Vergangenheit ein oder mehrere Betriebe erfolgreich geführt haben. Sie bieten Geld, Kontakte und betriebswirtschaftliche Unterstützung. Unternehmen werden zum Beispiel über den Bundesverband BAND – Business Angels Netzwerk Deutsch- land (www.business-angels.de), ihren Branchenverband, die Kammern oder die Wirtschaftsfördergesellschaften ihrer Region fündig.
• Kapitalbeteiligungsgesellschaften: Die Investoren erhalten ihr Kapital üb- licherweise über Anlegerfonds und beteiligen sich an einer großen Anzahl von Betrieben. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften pflegt auf seiner Homepage www.bvkap.de eine Online-Datenbank zum Matching von Kapitalsuchenden und -gebern.
• Öffentliche Förderangebote: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Ener- gie betreibt unter www.foerderdatenbank.de ebenfalls eine Web-Datenbank, in der Unternehmen gezielt nach öffentlichen Eigenkapitalangeboten für Beteiligungs- kapital auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene suchen können.