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Creditreform

© Erik Dreyer/Getty Images

Von Lohnerhöhungen profitiert in erster Linie der Fiskus. Mitarbeitern bleibt oft weniger als die Hälfte übrig. Moderne Firmenchefs setzen alternativ auf steuerbegünstigte Benefits. So optimieren Sie den Nettolohn.

 

Karl-Heinz Küpper führt in Düren einen Malerbetrieb mit drei Mitarbeitern. Sein engagiertes Team schätzt er sehr. „Alle sind sehr fleißig. Das will ich honorieren“, sagt der Handwerkschef. Er gewährt jedem von ihnen Extras im Wert von 44 Euro im Monat.

Das läuft über eine Gutscheinkarte, mit welcher die drei in ganz Deutschland tanken, shoppen, essen gehen oder einkaufen können. „Damit wir im Unternehmen mit der Lohnbuchhaltung und Verwaltung nicht unnötig viel zu tun haben, wickeln wir das Angebot über unseren Dienstleister Edenred ab“, sagt Küppers.

Diverse Firmen bieten einen solchen Service inzwischen an. Der Mitarbeiter kann den Betrag jeden Monat ausgeben. Er kann ihn aber genauso gut ansparen, um sich später einen größeren Wunsch zu erfüllen.

Die Extras zusätzlich zum Gehalt kommen gut an. Allein schon, weil die gesamte Leistung steuer- und sozialabgabenfrei bleibt – und zwar sowohl für den Chef als auch für die Arbeitnehmer, die die ­44 Euro im Monat also brutto für netto mehr in der Tasche haben. Unterm Strich bringt die Karte damit allen Beteiligten deutlich mehr Vorteile als eine Gehaltserhöhung.

„Wir haben immer mehr mittelständische Mandanten, die ihre Mitarbeiter mit Sachleistungen unterstützen wollen.“

Dirk Hubl, Steuerberater

„Wir stehen in einem harten Wettbewerb. Nicht zuletzt die Digitalisierung stellt hohe Anforderungen an uns. Umso wichtiger sind unsere Mitarbeiter. Attraktivität bemisst sich heute nicht mehr nur am Gehalt und am Dienstwagen“, sagt Daniela Büchel, Bereichsvorstand Handel Deutschland, HR und Nachhaltigkeit bei der Rewe Group.

Gutscheine, Tankkarten, Gesundheitskurse oder betriebliche Altersvorsorge: Das alles sind beliebte Leistungen, die Mitarbeiter im besten Fall abgabenfrei einstreichen. Nettolohnoptimierung – das zeigt die Erfahrung von Karl-Heinz Küppers – kann jedes Unternehmen unabhängig von Größe und Branche realisieren.

„Da zeichnet sich aus unserer Sicht ein Trend ab“, sagt Dirk Hubl, Steuerberater mit einer Kanzlei in Alfter bei Bonn. „Wir haben immer mehr mittelständische Mandanten, die ihre Mitarbeiter zum Beispiel mit Sachleistungen unterstützen wollen.“

 

Nettolohnoptimierung innerhalb des gesetzlichen Rahmens

Der Lebensmitteleinzelhändler Rewe Group, bekannt für seine Mitarbeiterorientierung, sieht das so: „Wir stehen in einem harten Wettbewerb. Nicht zuletzt die Digitalisierung stellt hohe Anforderungen an uns. Umso wichtiger sind unsere Mitarbeiter. Attraktivität bemisst sich heute nicht mehr nur am Gehalt und am Dienstwagen“, sagt Daniela Büchel, Bereichsvorstand Handel Deutschland, HR und Nachhaltigkeit bei der Rewe Group.

So denken viele. Nach einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Manpower Group stehen Extras wie kostenlose Getränke (28 Prozent), betriebliche Gesundheitsförderung (23 Prozent) oder Aufmerksamkeiten (21 Prozent) bei Arbeitnehmern hoch im Kurs.

Der Fiskus aber setzt Grenzen. „Nettolohnoptimierung funktioniert nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens, der allerdings in den vergangenen Jahren sukzessive erweitert wurde“, sagt Steuer­experte Hubl.

 

Nutzen Sie die Spielräume

Seit Anfang dieses Jahres beispielsweise kann ein Jobticket wieder ohne Limit angeboten werden. Bisher waren die steuerfreien Zuwendungen auf 44 Euro im Monat gedeckelt. Die Bundesregierung hat Ende Juli einen Gesetzentwurf beschlossen.

Danach lassen sich Jobtickets mit 25 Prozent vom Chef pauschal versteuern. Vorteil: Mitarbeiter können dann in ihrer Einkommensteuererklärung die Entfernungspauschale eintragen – bisher war das in Kombination mit dem Jobticket nicht möglich.

Zusätzlich oder alternativ dürfen Chefs seit Jahresbeginn auch ein Jobrad zur Verfügung stellen. Nach Lust und Laune können Mitarbeiter damit privat fahren, wenn es zusätzlich zum Lohn gewährt wird.

„Bis 2019 war ein Prozent der Anschaffungskosten des Zweirads noch steuer- und sozialversicherungspflichtig“, sagt Hubl. Die bis Ende 2021 befristete Steuerbefreiung gilt sowohl für Elektro- als auch für herkömmliche Fahrräder – und soll laut aktuellem Entwurf bis Ende 2030 verlängert werden.

Für bis zu 500 Euro im Jahr akzeptiert das Finanzamt zudem zertifizierte Gesundheitsleistungen wie etwa Massagen, Rückenschule oder Vorsorgeuntersuchungen. Besonders gefragt sind die Benzingutscheine, ein Klassiker. Deren Wert darf maximal 44 Euro im Monat betragen und nicht gegen bar ausgezahlt werden.

Das ist wichtig: „Denn wenn es auch nur in einem Monat einen Cent darüber hinausgeht, wird der gesamte Betrag steuerpflichtig. Mit der Nettolohnoptimierung ist es dann schnell vorbei“, sagt Thilo Söhngen, Steuerberater und Partner der Kanzlei Wessler und Söhngen in Wetter.

 

Kitazuschuss: Attraktiv für Familien

Bei Kindergartenzuschüssen sieht es besser aus. Hier gibt es keine Grenze nach oben. Der Betrag muss nur zusätzlich zum Lohn fließen. Experte Söhngen weiß aus Erfahrung: „Diese sind für junge Familien sehr attraktiv. Schließlich fallen keinerlei Abgaben an, wenn nicht schulpflichtiger Nachwuchs betreut wird.“

Steuerfrei bleiben auch Gehaltsumwandlungen zur betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von bis zu acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (West). Allerdings fallen Sozialversicherungsbeiträge an, sobald der Mitarbeiter mehr als vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung spart.

Die Vorteile bei Steuern und So­zialversicherung erzielen sowohl der Mitarbeiter als auch der Chef. „Viele Unternehmer geben ihre Ersparnis weiter und gewähren mindestens einen entsprechenden Zuschuss“, sagt Söhngen.

 

Vorsicht bei Gehaltsumwandlung

Darüber hinaus ist bei vertraglich vereinbarten Modellen mit Gehaltsumwandlungen große Vorsicht geboten. „Die Benefits sollten zusätzlich zum Lohn gewährt werden. Auch bei Gehaltskürzungen spielt der Fiskus in der Regel nicht mit“, rät Steuerberater Söhngen. Momentan klärt der Bundesfinanzhof (Az.: VI R 21/17), wie sich das genau definiert.

Die Finanzämter und beispielsweise das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gehen davon aus, dass kein Mitarbeiter einfach auf Lohn verzichtet – ohne einen Ausgleich in Form von solchen Zusatzleistungen zu erwarten. Das Finanzgericht Münster erkannte das Konstrukt allerdings an (Az.: 6 K 2446/15 L).

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 11 R 4048/15) entschied vor drei Jahren mit Blick auf Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Firmen. Ein Unternehmer hatte schriftlich mit seinem Team vereinbart, den Bruttolohn zu senken und im Gegenzug Sachleistungen wie Tankgutscheine oder Restaurantschecks zu gewähren.

Die Mitarbeiter wählten aus, welche Extras für sie passten. Der Unternehmer führte die Sozialversicherungsbeiträge entsprechend reduziert ab. „Solche hochkomplexen Vertragsmodelle sind riskant, da zahlreiche Details auch arbeitsrechtlich zu beachten sind“, warnt Jan Zülch, Fachanwalt für Arbeitsrecht der Kanzlei Heldt-Zülch in Hamburg.

Fraglich ist für Experten auch, inwieweit sich ein Gehaltsverzicht für die Mitarbeiter langfristig rechnet. Aus geringeren Sozialabgaben resultieren schließlich automatisch auch geringere Renten- und Arbeitslosenleistungen.

Für Handwerksmeister Karl-Heinz Küpper kommen derlei Modelle nicht infrage. Er will seinen Mitarbeitern schließlich ein Extra geben und mit den Sachzuwendungen ihre Leistung honorieren. „Steuervorteile sind da sekundär“, sagt der Firmenchef.

Musterrechnung

Mehr netto

Angenommen, ein Mitarbeiter ist alleinerziehend und erhält jeden Monat 2.000 Euro brutto (Steuerklasse I, Bundesland NRW, evangelisch, PV-Zuschlag, gesetzlich versichert). Zusätzlich zum Lohn gewährt ihm sein Chef monatlich…

  • Gutscheine im Wert von 44 Euro,
  • Gesundheitskurse im Wert von 40 Euro,
  • die Nutzung eines E-Bikes im Wert von 200 Euro,
  • einen Kindergartenzuschuss von 100 Euro,
  • und ein Jobticket im Wert von 100 Euro.

Somit erhöht sich das Nettogehalt des Mitarbeiters von 1.390,51 Euro pro Monat um abgabenfreie Vorteile in Höhe von 484 Euro auf insgesamt 1.874,51 Euro. Zum Vergleich. Erhöhte der Arbeitgeber das Bruttogehalt auf 2.484 Euro, blieben dem Mitarbeiter netto lediglich 1.651,39 Euro, also 223,12 Euro weniger.