Von Wolfram Tauscher
Als die Europäische Zentralbank kürzlich den Leitzins auf ein historisches Tief senkte, herrschte in der Finanzwelt nicht durchweg eitel Freude. Dieser Schritt werde die Inflationsängste vieler Deutscher schüren, sorgt sich etwa der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer: „Viele investieren ihr Geld aus Furcht vor Inflation in Immobilien.“ Doch die europäische Schuldenkrise drängt Anleger nicht nur zum Betongold. „Auch andere Sachwerte wie Kunst, Diamanten und sogar Oldtimer sind jetzt zunehmend gefragt“, registriert Andreas Rapp, Leiter Private Banking bei Ellwanger & Geiger Privatbankiers. Katharina Sayn-Wittgenstein vom Auktionshaus Sotheby’s jedenfalls ist überzeugt, dass sich Kunst als Geldanlage lohnt: „Viele Banken empfehlen das inzwischen ihren Kunden als Diversifikation ihres Portfolios.“ Dabei dürfte die Anlegerphantasie durch sensationelle Auktionen noch beflügelt werden.
Und sensationelle Auktionsergebnisse gab es einige: Edvard Munchs legendärer „Schrei“ wechselte bei Sotheby’s für schlappe 119,8 Millionen Dollarden Besitzer. Der höchste je auf einer Auktion erzielte Preis. Kurz danach kam Mark Rothkos Ölgemälde „Orange, red,yellow“ für 86,9 Millionen Dollar unter den Hammer. Einige Kunstwerke gelten als Anlagen, bei denen man nichts falsch machen kann. Doch wie findet man Werke, in die es sich zu investieren lohnt, wenn man nicht gleich Millionen locker machen kann? Information ist im Kunstmarkt alles: Kunstzeitschriften oder zum Beispiel die Internetseiten der Auktionshäuser können ein guter Start sein. Wer wirklich tief in die Materie eindringen will, der kann sich auf Kunstmessen einen guten Überblich verschaffen – zum Beispiel auf der TEFAF in Maastricht. Dort stellen mehr als 215 große Kunsthändler aus.
Was heute in ist kann morgen schon out sein
Einen schnellen Überblick über Kunspreise gibt es bei Kunstdatenbanken wie artnet.de oder artprice.com . Aber: Der Kunstmarkt ist sehr emotional. Was heute gefragt ist, findet vielleicht morgen keine Abnehmer mehr. Deswegen kann es wichtig sein, sich einen Berater zu suchen. Jemanden, der sich im internationalen Kunstmarkt auskennt. Das kann zum Beispiel jemand sein, der vorher bei einem Kunstauktionshaus gearbeitet hat.
Wer mittelfrist anlegen möchte – also vielleicht für die nächsten vier bis sechs Jahre – für den könnten Diamanten das Richtige sein. Dazu rät der Antwerpener Diamantenhändler Ulrich Freiesleben: „Zum einen ist der Markt weit weniger volatil als bei anderen Assetklassen, etwa Aktien, Öl oder Gold.“ Der Grund: Es findet stets ein realer Warenaustausch statt. Geld gegen Klunker. Einen Futurehandel gibt es nicht, keine Wetten auf einen bestimmten Preis. Zum anderen wächst die Nachfrage im asiatischen Raum deutlich. So wurde durch geschicktes Marketing erreicht, dass eine in den USA übliche Sitte, wonach ein Ehering mit einem wertvollen Diamanten bestückt sein sollte, sich nun auch in China, Indien und Japan durchsetzt. Freilich kauft man bei Diamanten das Währungsrisiko mit ein, denn gehandelt wird in US-Dollar.
Auch Oldtimer können sich lohnen
Auch in den Oldtimermarkt können Anleger mit etwas Geschick ihr Geld stecken. Oldtimer heißt: mindestens 30 Jahre alt. Dass sich das lohnen kann zeigen einige Beispiele: So stieg der Preis eines Mercedes 300 SL (Baujahr 1954 – 1957) laut der Sachverständigenfirma Classic Data in den letzten vier Jahren von 410.000 Euro auf 500.000 Euro, ein Porsche 911 (Baujahr 1964 – 1967) von 41.000 Euro auf 55.000 Euro. Allerdings lohnt die Investition nur, wenn der Wagen in einem guten Zustand ist. Und die Geschichte des Wagen muss gut dokumentiert sein, denn „Besonderheiten in der Vorgeschichte können den Wert steigern“, sagt Marius Brune, Leiter Marktbeobachtung bei Classic Data. „Etwa wenn es sich um den original Mercedes Roadster handelt, den einst Heinz Rühmann gefahren hat. Und: Ein Gutachter sollte beim Kauf auch immer dabei sein.
Richtig lohnend werden Oldtimer erst ab 100.000 Euro, weil teilweise die Unterhaltskosten bei preiswerteren Fahrzeugen den Gewinn auffressen. Ab 500.000 Euro befindet man sich dann in der Blue-Chip-Klasse, die mit Kunstobjekten zu vergleichen ist. Dort bewegen sich Fahrzeuge, die von namhaften Auktionshäusern international vermarktet werden. So kommendann wie auf dem Kunstmarkt spektakuläre Preise auf Auktionen zustande. Die drei teuersten Oldtimer: ein Ferrari 250 TR von 1957 (16,39 Millionen Dollar), ein Duesenberg Model J Roadster von 1931 (10,34 Millionen Dollar) sowie ein Mercedes 540 K von 1937 (9,68 Millionen Dollar). Viel Geld für einen Haufen Altmetall.
„Gut ist nicht gut genug“ Der Diamantenhändler Ulrich Freiesleben gibt Anlage-Tipps. Worauf muss man beim Diamantenkauf achten? Welche Rolle spielen ausgefallene Steine? Bei welchen Steinen sind besondere Preissteigerungen zu erwarten? Sind steuerliche Aspekte zu berücksichtigen? Die Fragen stellte Wolfram Tauscher |
Zuerst erschienen in: Creditreform 5/2013