Firmenwagen waren noch nie des Finanzamts liebstes Kind. Jetzt hat der Bundesfinanzhof etlichen Nutzern eine böse Überraschung bereitet.
Bei der immer wieder aufkeimenden Diskussion über das deutsche Dienstwagenprivileg wird gern verschwiegen, dass auf die private Mitbenutzung von Firmenwagen seit jeher Steuern anfallen. Die Höhe des geldwerten Vorteils können Arbeitnehmer wie Unternehmer oder Freiberufler anhand eines Fahrtenbuchs nachweisen. Lehnen sie die häufig mühsamen Eintragungen ab oder werden die Aufzeichnungen vom Finanzamt später wegen nennenswerter Mängel nicht akzeptiert, sieht das Einkommensteuergesetz zwingend die Nutzungswertermittlung nach der berüchtigten „Ein-Prozent-Regel“ auf Basis der Brutto-Listenpreise vor. Insbesondere bei älteren oder gebraucht angeschafften Fahrzeugen verzichten deshalb viele trotz vertraglich eingeräumter oder stillschweigend tolerierter Nutzungsmöglichkeit auf Privatfahrten.
Denn die Vermutung einer privaten Mitbenutzung konnte bislang gegenüber dem Finanzamt durchaus widerlegt werden. Beispielsweisedann, wenn für private Fahrten weitere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) noch im letzten Jahr zu Gunsten eines Gesellschafters, dem sein Finanzamteinen privaten Nutzungsanteil für den ihm als Firmenwagen zur Verfügung stehenden Porsche 911 berechnen wollte. Da sich jedoch imPrivatvermögen neben einem Volvo V70 noch ein Porsche 928 S4 befand, sahen die höchsten Finanzrichter den Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung des betrieblichen Porsche entkräftet – es wäre vielmehr Aufgabe des Finanzamts gewesen, die Privatfahrten zu beweisen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012, Az.: VIII R 42/09).
Fehlende Privatnutzung unmaßgeblich
Damit ist nach einem überraschenden Rechtsschwenk des BFH auf die Linie der Finanzbehörden jetzt wohl Schluss: Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn das Fahrzeug tatsächlich nicht privat genutzt wird! Ohne Fahrtenbuch greift in diesem Fall die pauschale „Ein-Prozent-Regelung“, die individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und Nutzung des Dienstwagens ebenso unberücksichtigt lässt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes (BFH-Urteil vom 21. März 2013, Az.: VI R 31/10). Zeitgleich stellte der BFH allerdings auch klar, dass die Anwendung der „Ein-Prozent-Regelung“ eine arbeitsvertragliche oder doch zumindest konkludent getroffene Nutzungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraussetzt.
Nutzungsverbot vereinbaren
So verwundert es denn auch nicht, dass derzeit explizit im Arbeits- oder Anstellungsvertrag festgeschriebene private Nutzungsverbote als Ausweg aus der Steuerfalle favorisiert werden. Zwar akzeptieren die Finanzämter derartige Verbote oft nur in den Fällen, in denen dasvereinbarte Privatnutzungsverbot vom Arbeitgeber streng und permanent überwacht wird. Doch selbst wenn es an einer Überwachung mangelt, muss jede private Mitbenutzung von Firmenwagen mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden. Dass angestellte Gesellschafter-Geschäftsführer arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote nach der allgemeinen Lebenserfahrung generell nichtachten würden, wollten die Richter ohnehin nicht unterschreiben (Urteil vom 21. März 2013, Az.: VIR 46/11).
Dennoch: Ein nur zum Schein oder lediglich mündlich ausgesprochenes Nutzungsverbot langt nicht, um der drohenden Lohnbesteuerung oder Hinzurechnung als verdeckte Gewinnausschüttung zu entgehen.
Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers
Wer nun der drohenden Steuerlast mit eigener Beteiligung an den Anschaffungskosten oder am laufenden Fahrzeugunterhalt zu entkommen sucht, gerät schnell vom Regen in die Traufe. Denn bei der Fahrtenbuchmethode erhöhen Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten nicht den geldwerten Nutzungsvorteil und dürfen deswegen auch nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Bei Anwendung der „Ein-Prozent-Regelung“ erlauben die Lohnsteuer-Richtlinien eine Anrechnung auf den Nutzungsvorteil dagegen neuerdingsnicht mehr nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauf folgenden Kalenderjahren. Auf eine längere Nutzung des Firmenwagens sollten sich Arbeitnehmer gleichwohl einstellen, da bei einem Fahrzeugwechsel bislang nicht verrechnete Zuzahlungen ansonsten verloren gehen (siehe Berechnungsbeispiel 1).
Sofern dem Arbeitgeber für Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (ab 2014: erster Tätigkeitsstätte) oder zu Heimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung ein entfernungsabhängiges oder auch pauschales Nutzungsentgeltgezahlt wird, braucht nur die Differenz zwischen dem Betrag nach „Ein-Prozent-Regelung“ und der gezahlten Nutzungsvergütung lohnversteuert werden. Gleiches gilt nach dem aktuellen Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 19. April 2013 (Az.: IV C 5 – S 2334/11/10004) für vom Arbeitnehmer übernommene Leasingraten.
Beteiligen sich Arbeitnehmer dagegen an den laufenden Kosten eines Firmenfahrzeugs beispielsweise durch Tanken bei Privatfahrten auf eigene Rechnung, hat dies keinerlei Auswirkung auf die pauschale Vorteilsbewertung nach der typisierenden „Ein-Prozent-Regelung“. Anders bei der Fahrtenbuchmethode: Hier fließen die vom Arbeitnehmer übernommenen Kosten nicht in die Gesamtkosten desFahrzeugs ein und wirken sich somit auf die Höhe des steuerpflichtigen Nutzungsvorteils aus.
Berechnungsbeispiele Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers
Beispiel 1: Zuzahlung zu den Anschaffungskosten
Ein Arbeitnehmer hat sich Anfang 2011 mit 10.000 Euro an den Anschaffungskosten eines Firmenwagens beteiligt. Nach der „Ein-Prozent-Regelung“ betrug der lohnsteuerpflichtige Nutzungsvorteil in 2011 und 2012 jeweils 4.000 Euro. Wegen der hohen Laufleistungwurde dem Arbeitnehmer im Januar 2013 ein neuer Firmenwagen überlassen. Vom geldwerten Vorteil dürfen in den Jahren 2011 und 2012 jeweils 4.000 Euro abgezogen werden. Der nicht verrechnete Zuzahlungsbetrag von 2.000 Euro geht dagegen verloren, weil die Lohnsteuer-Richtlinien (LStR H 8.1) eine Anrechnung beim neuen Firmenwagen ablehnen.
Beispiel 2: Nutzungsentgelt bei der „Ein-Prozent-Regelung“
Dem Arbeitnehmer wird ein betrieblicher Pkw überlassen, den er laut Arbeitsvertrag auch privat nutzen darf. Eine zusätzlicheVereinbarung verpflichtet ihn zur Zahlung einer Monatspauschale von 200 Euro und zur Erstattung privat veranlasster Treibstoffkosten.Betankt wird das Fahrzeug mittels einer Tankkarte des Arbeitgebers; den auf Privatfahrten entfallenden Betrag hält der Arbeitgeber vom Gehalt des Folgemonats ein.
Lediglich in Höhe der Monatspauschale handelt es sich um ein Nutzungsentgelt; der lohnsteuerpflichtige monatliche Vorteil mindertsich daher um 200 Euro. Die privaten Treibstoffkosten bleiben steuerlich dagegen selbst dann außen vor, wenn das Fahrzeugzunächst auf Kosten des Arbeitgebers betankt und die Kosten vom Arbeitnehmer erst später ersetzt werden.
Beispiel 3: Nutzungsentgelt bei der Fahrtenbuchmethode
Dem Arbeitnehmer wird ein betrieblicher Pkw überlassen, den er laut Arbeitsvertrag auch privat nutzen darf. Eine zusätzliche Vereinbarung verpflichtet ihn zur Zahlung eines Nutzungsentgelts von 0,20 Euro pro privat gefahrenem Kilometer sowie zur Erstattungdarauf entfallender Treibstoffkosten. Bei einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch mindert sich der auf außerdienstliche Fahrten entfallende individuelle Nutzungsvorteil um das gezahlte Kilometergeld. Die vom Arbeitnehmer gezahlten Treibstoffkosten fließen nicht in die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs ein; der auf Basis der niedrigeren Gesamtkosten berechnete Nutzungswert darf deswegen nicht um das Kilometergeld gekürzt werden.
Beispiel 4: Nutzungsentgelt übersteigt den geldwerten Vorteil
Dem Arbeitnehmer wird ein vom Arbeitgeber geleaster betrieblicher Pkw überlassen, den er laut Arbeitsvertrag auch privat nutzen darf. Eine zusätzliche Vereinbarung verpflichtet ihn zur Führung eines Fahrtenbuchs sowie zur Zahlung eines Nutzungsentgelts von 0,70 Euro pro privat gefahrenem Kilometer. Die tatsächlichen Kilometer-Kosten des Arbeitgebers belaufen sich auf 0,50 Euro.
Wie der Arbeitgeber das Nutzungsentgelt kalkuliert, ist unerheblich. Das vom Arbeitnehmer gezahlte Nutzungsentgelt von 0,70 Euro pro Kilometer darf deswegen vom individuell nach der Fahrtenbuchmethode ermittelten Nutzungsvorteil abgezogen werden. Übersteigt das Nutzungsentgelt wie im Beispiel jedoch den Nutzungswert, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu abzugsfähigen Werbungskosten beim Arbeitnehmer.