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Creditreform

Das Format ZUGFeRD sollte der digitalen Rechnung zum Durchbruch verhelfen. Doch zwei Jahre nach der Einführung führt der Standard noch immer ein Schattendasein. Eine aktuelle Bestandsaufnahme. Text: Manfred Buchner

Die Kundschaft von Securticket ist bunt gemischt: Bundesligavereine wie Borussia Dortmund, Bayern München und Werder Bremen sind darunter. Aber auch Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die Warsteiner Brauerei, DER Touristik und der WDR. Der Reichenbacher Hersteller von Kontrollarmbändern, wie sie etwa bei Großveranstaltungen an die Teilnehmer ausgehändigt werden, bietet allen seinen Kunden seit Jahresbeginn eine neue Sparmöglichkeit: Die Auftraggeber können ihre Rechnungen via Internet, also elektronisch, erhalten – und damit den eigenen Papier- und Bearbeitungsaufwand enorm senken. Doch bislang hält sich der Erfolg des Digitalprojekts noch in Grenzen: „Wir versenden rund zehn Rechnungen pro Woche elektronisch, das sind weniger als 30 Prozent aller Empfänger“, erklärt Buchhaltungschefin Sina Preisner und vermutet als Grund: „Viele Unternehmen sind auf papierlose Rechnungsstellung noch gar nicht vorbereitet. Manche lehnen sie sogar komplett ab.“

Ehrgeiziges Ziel gesetzt

Insgesamt sechs bis sieben Milliarden Rechnungen sind jährlich zwischen Unternehmen in Deutschland im Umlauf – nur rund zehn Prozent fallen elektronisch an. Dabei sind digitale Schreiben umsatzsteuerlich schon seit Juli 2011 den Papierrechnungen gleichgestellt. Höchst anspruchsvoll ist deshalb das Ziel des Verbands elektronische Rechnung (VeR): Bis 2020 sollen 70 Prozent aller Rechnungen als Dateien getauscht werden.

B2B-Rechnung digitalisieren

Der gewaltige Sprung soll mit dem Rechnungsformat ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) gelingen. Dieses betrifft ausschließlich Rechnungen zwischen Firmenkunden. Die Bedingungen dafür sind steuerrechtlich genau festgelegt, denn der Geschäftspartner erhält über den Vorsteuerabzug die gezahlte Umsatzsteuer von seinem Finanzamt erstattet. Und auch um Missbrauch zu verhindern, gelten strenge Vorschriften. So müssen Absender und Empfänger jederzeit die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung stets garantieren können. Genau genommen entsteht beim ZUGFeRD-Format eine Rechnung in zwei technischen Versionen. Erstens in bildhafter Darstellung im PDF/A-Format – die Faktura ist damit optisch lesbar. Und zweitens in einem inhaltlich identischen Rechnungsdatensatz im XML-Format. XML ist eine programmtechnische Sprache, sodass sich die Rechnungen automatisch, etwa mit den Bestelldaten, vergleichen lassen oder eine Überweisung zum Zahlungstermin automatisch durch das Programm ausgeführt werden kann.

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Einen Praxisleitfaden zum digitalen Rechnungsformat ZUGFeRD können Sie unter creditreform-magazin.de/zugferd herunterladen.

Doch auch im zweiten Jahr nach Einführung konnte sich ZUGFeRD noch nicht im Mittelstand durchsetzen. So klingt zum Beispiel die Prognose des Software-Herstellers Sage, der es in eigenen Programmen bereits anbietet, sehr zurückhaltend: „Das technische Format ist akzeptiert, aber die Durchdringung am Markt sehr gering. Der Standard wird so gut wie nicht für die alltägliche Rechnungsstellung benutzt“, so die Bilanz von Jörg Wassink. Der Sage-Pressesprecher ist sich aber sicher: „ZUGFeRD wird sich in absehbarer Zeit durchsetzen.“ Vergleichbar der Tenor des Software-Herstellers Lexware: ZUGFeRD werde in der Buchhaltungs- Software Lexware Büro Easy genutzt, andere Programme würden erst später dafür aufgerüstet.

PDF-Format als Konkurrenz

Auch für Professor Dr. Georg Rainer Hofmann, Leiter der Kompetenzgruppe E-Commerce im Internetverband Eco, ist „das Format ZUGFeRD unbestritten eine technisch interessante Lösung“. Allerdings stellt sich der flächendeckenden Verbreitung eine große Hürde in den Weg: Mit dem Versand von simplen PDF-Dokumenten lassen sich die gleichen Kostenvorteile erzielen. Lediglich der Empfänger hat von ZUGFeRD einen Vorteil gegenüber der PDF-Variante: Er kann die XML-Daten beispielsweise zum Vorsteuerabzug an die Finanzverwaltung weitergeben. In diesem Zusammenhang erkennt Hofmann noch ein wesentliches Problem. Derzeit sind ausschließlich die Nutzer von ZUGFeRD für das korrekte und belastbare Arbeiten der Software verantwortlich. „Es gibt keinen Haftungstransfer mit überprüfbaren Funktionsmustern durch neutrale gutachterliche Stellungnahmen“, sagt der Eco-Experte. Zudem fehlt der Anschluss an gängige Industriestandards wie etwa DIN, CEN oder ISO. Unterm Strich wird damit klar: Bis zum endgültigen Durchbruch muss ZUGFeRD noch einen langen Weg zurücklegen.

 

Der Weg zur Rechnung

Die Implementierung von digitalen Rechnungsstandards erfolgt in vier Schritten:

1. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Eingangs- und Ausgangsrechnungen Ihres Unternehmens:
• Wie groß ist die Zahl der Rechnungen insgesamt?
• Wie hoch ist der Anteil von Rechnungen, die zentral bearbeitet werden können?
• Listen Sie sämtliche Rechnungsempfänger und -zusender auf.

2. Informieren Sie Lieferanten und Kunden rechtzeitig über die Umstellung auf elektronische Rechnungen. Beispielsweise mit einem klaren Hinweis in der nächsten Rechnung: „Nur bei Widerspruch innerhalb von vier Wochen senden wir Ihnen künftig noch Papierrechnungen zu.“

3. Nach Installation des ZUGFeRD-Standards sollten Sie so viele Rechnungen wie möglich konsequent nur noch elektronisch versenden oder empfangen.

4. Automatisieren Sie das Bearbeiten von Eingangs- und Ausgangsrechnungen, gleichen Sie zum Beispiel die Rechnungen mit den Bestellund Versanddaten ab oder veranlassen Sie die Zahlung mit einer entsprechenden Finanz-Software.