Mit maßgeschneidertem Währungsmanagement schaffen sich Unternehmen eine solide Planungsgrundlage für ihr internationales Geschäft – und nehmen Wechselkursschwankungen ihren Schrecken.
Das ständige Auf und Ab des US-Dollar sieht Henning Rischmüller gelassen: „Wir sichern uns schon seit langem gegen die Schwankungen von Wechselkursen ab“, sagt der kaufmännische Leiter der Sanitop-Wingenroth GmbH & Co. KG. Das Unternehmen aus Warendorf beliefert Baumärkte mit Sanitärprodukten und bezieht seine Waren unter anderem aus China. „Fakturiert wird in US-Dollar“, so Rischmüller. Das Auffangnetz hat seine Berechtigung: Bei einem Einkaufsvolumen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags würden ohne Absicherung selbst kleinste Auf- und Abwertungen der Währung im Centbereich schwer ins Gewicht fallen.
Feste Kalkulationsgrundlage
„Ein effizientes Währungsmanagement stabilisiert die Liquidität und letztlich auch das Ergebnis von Unternehmen, die in Fremdwährungen Geschäfte machen“, sagt deshalb Thomas Schräder, Treasury-Experte bei PwC in Düsseldorf. Seine Beobachtung: Insbesondere seit den Krisenjahren 2009/2010 sind die Wechselkurse volatiler – entsprechend größer ist die Motivation der Firmen, ihre Risiken aktiv zu steuern. Hinzu kommt: „Die Umsätze mit den US-amerikanischen, asiatischen und auch einigen osteuropäischen Märkten nehmen immer mehr zu – alles Regionen, in denen nicht mit Euro gezahlt werden kann“, so Schräder.
Unternehmen, die sich wirksam gegen Schwankungen absichern wollen, müssen zunächst einmal für eine verlässliche Dispositionsgrundlage sorgen. Dies bedeutet im ersten Schritt, einen realistischen Kalkulationskurs zu finden: „Er ist die Basis für eine solide Planung des kommenden Geschäftsjahres“, sagt Ralf Vogt, Abteilungsdirektor Zins- und Währungsmanagement bei der WGZ Bank. Um abzuschätzen, in welche Richtung der US-Dollar tendiert, informiert sich zum Beispiel der kaufmännische Leiter von Sanitop-Wingenroth regelmäßig über die aktuellen Trends an den Devisenmärkten. „Wir lesen die Bundesbank-Berichte und die Einschätzungen verschiedener Banken und fragen unsere Firmenkundenberater nach ihren Erwartungen“, sagt Rischmüller. Sein Tipp: „Niemals auf nur eine Informationsquelle verlassen.“
Ist diese wichtige Entscheidung über den Kalkulationskurs erst einmal gefallen, nimmt das Währungsmanagement nur noch wenig Zeit im Tagesgeschäft ein. „Wir beobachten täglich die Bewegungen an den Finanzmärkten, greifen aber nur dann ein und mixen unsere Absicherungsinstrumente neu, wenn es unbedingt notwendig ist“, so Rischmüller. Zudem stimmt er sich regelmäßig mit der Einkaufsabteilung seines Unternehmens ab. Insbesondere, wenn es um die Höhe des abzusichernden Volumens und die Laufzeiten geht. „Schließlich muss ausreichend Kapital zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, damit sich die anfallenden Rechnungen bezahlen lassen.“
Anfangs sicherten sich die Westfalen lediglich mit Termingeschäften gegen einen zu starken US-Dollar ab. Doch mit zunehmender Praxiserfahrung und steigendem Importvolumen wurde auch das Währungsmanagement verfeinert und optimiert. Rischmüller: „Derzeit nutzen wir eine Kombination aus Termingeschäften mit Laufzeitoption, Bonusoptionsgeschäften mit Chance und Kassageschäften, um unsere Einkaufskosten im Hinblick auf Kursschwankungen abzusichern.“
Termingeschäfte, Devisenoptionen, Kassageschäft – diese drei Maßnahmen werden in der Regel am häufigsten eingesetzt. „Sie sind recht einfach zu überschauen“, begründet PwC-Experte Schräder. Hinzu kommt, dass die Währungssicherung mit diesen Instrumenten am ehesten im Jahresabschluss des Unternehmens berücksichtigt werden kann, ohne dass es die Gewinn- und Verlustrechnung positiv oder negativ beeinflusst. Denn nur wer nachweisen kann, dass er lediglich sein Grundgeschäft abgesichert hat, darf diese Posten zu einer sogenannten Bewertungseinheit zusammenfassen, Fachleute sprechen auch vom Hedge Accounting. Mit dem Ergebnis, dass die einzelnen Risiken sich in der Regel gegenseitig teilweise oder sogar ganz kompensieren – eben bilanzneutral.
Allem Know-how und aller Vorbereitung zum Trotz: „Zum Währungsmanagement gehört auch immer eine gute Portion Bauchgefühl“, sagt Rischmüller von Sanitop-Wingenroth und ergänzt: „Deshalb ist es auch wichtig, dass ich die Entscheidungen nicht allein treffe – sondern mich mit meinen Kollegen aus der Finanzbuchhaltung und den Bankexperten abstimme.“
Ein Unternehmen muss in drei Monaten eine in US-Dollar ausgewiesene Rechnung begleichen. Steigt der Wechselkurs bis dahin, bedeutet dies einen günstigeren US-Dollar-Kaufkurs. Ein fallender Wechselkurs führt dagegen zu einem höheren Aufwand in Euro. Mit einem gezielten Mix von drei Währungssicherungsinstrumenten kann die Firma für eine höhere Planungssicherheit und eine solide Kalkulationsgrundlage sorgen.
Devisentermingeschäft: Dabei vereinbart der Betrieb einen fixen Terminkurs, etwa von 1,41 US-Dollar pro Euro. Zu diesem Wert muss die Firma in drei Monaten verpflichtend die US-Währung kaufen. Das Risiko eines sich ändernden Wechselkurses ist ausgeschaltet – von einer positiven Entwicklung des Wechselkurses hat der Betrieb allerdings nichts.
Devisenoptionsgeschäft: Hierbei profitiert das Unternehmen von einem potenziellen positiven Kursverlauf. Es erwirbt das Recht, in drei Monaten US-Dollar zu 1,38 je Euro zu kaufen. Bei einer Kursnotierung unterhalb dieses Niveaus wird die Firma von diesem Recht Gebrauch machen, im Fall eines höheren Kurses es jedoch verfallen lassen und die US-Währung zum aktuellen Kassakurs kaufen. Für dieses Wahlrecht zahlt der Importeur bei Geschäftsabschluss zum Beispiel eine Prämie in Höhe von 0,014 Euro pro US-Dollar.
Kassageschäft: Um kurzfristig von der Entwicklung des Wechselkurses zu profitieren, können Unternehmen auch US-Dollar zum jeweils aktuellen Kurs an- beziehungsweise verkaufen. Die hierfür genutzte Summe sollte allerdings nicht in einem absehbaren Zeitraum für anstehende Einkäufe benötigt werden. So wird vermieden, dass aus Termingründen zu einem ungünstigen Kurs getauscht werden muss.