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Creditreform

Rechtschutzversicherungen schützen Firmen bei Rechtsstreitigkeiten. Doch der Blick ins Kleingedruckte bleibt Unternehmern nicht erspart. Was es bei der Suche nach einem passenden Angebot zu beachten gilt. 

 

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Auf den Kosten eines Arbeitsrechtsstreits bleiben Unternehmer oft schneller sitzen, als sie denken. Denn beim Gang vors Arbeitsgericht gibt es eine Besonderheit: Die Kosten tragen Kläger und Beklagter in erster Instanz jeweils selbst – unabhängig davon, wer den Prozess gewinnt. Und die Wahrscheinlichkeit für Arbeitgeber, früher oder später einen solchen Prozess zu führen, ist durchaus vorhanden: Das Kündigungsschutzrecht etwa, greift bereits ab einer Betriebsgröße von zehn Mitarbeitern.

„3.000 Euro Anwaltskosten sind bei einem Prozess vor dem Arbeitsgericht keine Seltenheit“, warnt Joachim Cornelius-Winkler, Fachanwalt für Versicherungsrecht. Firmenrechtschutzversicherungen sichern diese Kosten für Rechtsstreitigkeiten mit Mitarbeitern ab. In der Regel decken sie auch weitere Rechtsbereiche ab. Häufig gemeldet würden etwa Auseinandersetzungen im Bereich Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrecht, heißt es bei der ARAG. Bei Roland Versicherungen dreht es sich bei den gemeldeten Rechtschutzfällen oft um die Bereiche Schadenersatz-, Straf- und Sozialrecht.

Für Florian Brokamp, Geschäftsführer des Internet-Unternehmens Gewerbeversicherung24, steht fest: „Eine Firmenrechtschutzversicherung eignet sich für jeden Selbstständigen oder Unternehmer.“ Ein guter Rechtschutz existiert dabei sowohl für die Abwehr von Forderungen als auch für ihre Durchsetzung – das bedeutet: Kosten für Anwalt, Gericht, Sachverständige, Gutachter und Zeugen werden auch durch mehrere Instanzen übernommen.

 

Welche Risiken sollten abgesichert sein?

Üblich am Markt sind Baukastensysteme, die es Versicherungsnehmern ermöglichen, die Angebote auf ihren Bedarf zuzuschneiden. Fachanwalt Cornelius-Winkler rät zum Abschluss einer Police nach § 28 der Allgemeinen Rechtschutzbedingungen (ARB). Ähnlich den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) legen die ARB standardmäßig fest, wofür genau Versicherungsschutz besteht.

Grundsätzlich umfasst eine Versicherung nach § 28 ARB Arbeits-, Verkehrs- und Immobilienrechtschutz (wichtig bei gewerblich gemieteten Räumen). Der Versicherungsschutz erstreckt sich bis ins Private und bezieht beispielsweise Lebenspartner sowie minderjährige Kinder ein.

Trotz ARB bleibt Unternehmern der Blick ins Kleingedruckte aber nicht erspart: Eigene Einzelbedingungen der Versicherungsgesellschaften können durchaus davon abweichen. Brokamp weist auf einen Baustein hin, der auf jeden Fall abgedeckt sein sollte, der Verkehrsrechtschutz: „Viele Unternehmer sind aufs Autofahren angewiesen. Der Verkehrsrechtschutz hilft beispielsweise, wenn ein drohendes Fahrverbot mithilfe eines Anwalts abgewendet werden soll.“

 

Was sollten Unternehmer beim Abschluss beachten?

Grundsätzlich müssen Unternehmen beim Abschluss einer Firmenrechtschutzversicherung mit einer Wartezeit rechnen. Drei Monate sind üblich – Rechtschutzfälle, die vor Ende der Wartezeit eintreten, sind nicht versichert. Die Deckungssumme liege meist bei einer Million Euro oder sei sogar unbegrenzt, sagt Brokamp.

Werden allerdings zu viele Rechtsstreitigkeiten gemeldet, müssen die Kunden damit rechnen, dass eine Sanierung des Vertrages mit einem höheren Selbstbehalt vorgenommen wird. In der Regel enthalten die Versicherungsbedingungen auch ein Sonderkündigungsrecht des Versicherers: „Üblicherweise räumen sich Versicherungsunternehmen die Möglichkeit ein, nach zwei Schadensfällen außerordentlich zu kündigen.“

 

Was ist nicht versichert?

In der Regel ausgeschlossen sind laut Versicherungsexperte Brokamp Urheber- und Patentrecht sowie im privaten Bereich Scheidungs-, Erb- und Familienrecht oder auch Halt- und Parkverstöße. Fachanwalt Cornelius-Winkler warnt außerdem: „Die Firmenrechtschutzversicherung hilft nicht beim Thema Firmen-Vertragsrecht – also bei Streitigkeiten mit Kunden, Lieferanten oder anderen Vertragspartnern.“

Er empfiehlt, zusätzlich eine Vertragsrechtschutzversicherung abzuschließen. Entsprechende Bausteine sind etwa bei Roland Versicherungen zu haben, eine spezielle Police für Heilberufe bietet beispielsweise die ARAG, Handwerksbetriebe werden bei Allrecht Rechtschutzversicherungen fündig. Regelmäßig sind aber nur sogenannte Hilfsgeschäfte versicherbar – etwa beim Kauf von Büro- oder Betriebsausstattung. Daher sollte auf diesen Punkt besonders geachtet werden.

» 3.000 Euro Anwaltskosten sind bei einem Prozess vor dem Arbeitsgericht keine Seltenheit. «

Joachim Cornelius-Winkler, Fachanwalt für Versicherungsrecht

Sinnvoll kann ein Vertragsrechtschutz für Hilfsgeschäfte aber durchaus sein, denn die Firmenrechtschutzversicherung bezieht sich nur auf die im Versicherungsschein angegebene Tätigkeit. Bestellt etwa ein Logistiker neue PCs für die Buchhaltung, die sich als defekt herausstellen, würde ein Rechtsstreit mit dem Lieferanten keinen Versicherungsfall darstellen. Schließlich besteht das Geschäft eines Logistikers nicht darin, mit Hardware zu handeln. Hier würde nur der Vertragsrechtschutz für Hilfsgeschäfte greifen.

Darüber hinaus empfiehlt Cornelius-Winkler, abhängig allerdings von Tätigkeitsprofil und Risikopotenzial des Unternehmens, eine Spezial-Strafrechtschutzversicherung. „Sie bietet auch Versicherungsschutz für die Verteidigung gegen den Vorwurf eines vorsätzlich begangenen Vergehens“, sagt er, – ein Schutz, den eine herkömmliche Firmenvertragsrechtschutzversicherung nicht beinhaltet. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Konkurrent den Unternehmer wegen Steuerhinterziehung beim Finanzamt anzeigt.

 

Worum wird am häufigsten mit der Versicherung gestritten?

„Häufigster Streitfall mit der Versicherung ist die Frage, wann der Versicherungsfall eingetreten ist“, so Cornelius-Winkler. Versicherer hätten Kostenübernahmen in der Vergangenheit häufig mit der Begründung der Vorvertraglichkeit abgelehnt – also der Behauptung, der Rechtsstreit sei vor dem Unterzeichnen des Versicherungsvertrags entstanden.

Bei einem lange andauernden Mietverhältnis könne etwa argumentiert werden, der Abschluss des Mietvertrags liege zeitlich vor dem Abschluss der Rechtschutzversicherung. Somit bleibe der Versicherungsnehmer auf den Kosten eines später entstandenen Rechtsstreits sitzen. Auch in diesem Zusammenhang sei ein Blick in die Versicherungsbedingungen unerlässlich, denn hier müsse über dieses Thema informiert werden.

 

Wie finde ich die passende Versicherung?

Fachanwalt Cornelius-Winkler empfiehlt für einen Bedingungsvergleich den Gang zum Makler: „Versicherungsmakler haften bei einer Falschberatung, also dann, wenn sich im Schadenfall herausstellt, dass Deckungslücken bestehen, die durch einen Abschluss bei einem anderen Versicherer nicht aufgetreten wären.“

Unternehmer, die sich im Internet einen Überblick verschaffen wollen, können dies tun mithilfe von Vergleichsportalen wie Gewerbeversicherung24.de. Wer wissen will, wie zufrieden Kunden in der Vergangenheit mit ihrer Firmenrechtschutzversicherung waren, dem hilft auch ein Blick auf die Website der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin: Dort gibt es – aufgeschlüsselt nach Versicherungszweigen – eine Beschwerdestatistik über Versicherungsunternehmen.

 

Was kostet eine Firmenrechtschutzversicherung?

Die Tarife unterscheiden sich je nach Branche, Umsatz, Mitarbeiterzahl, Selbstbehalt und Deckungssumme inhaltlich sowie preislich. Laut Gewerbeversicherung24 liegen die Selbstbehalte üblicherweise zwischen 150 und 300 Euro. Je nach Selbstbehalt und Versicherer würde zum Beispiel ein Malerbetrieb mit drei Mitarbeitern und einem Umsatz von 300.000 Euro pro Jahr für den Allgemeinen Rechtschutz, die Absicherung privater Risiken sowie Arbeits-, Immobilien- und Verkehrsrechtschutz zwischen 280 und 1.100 Euro zahlen.

Ein Restaurantbetreiber mit neun Mitarbeitern und einer Million Euro Umsatz, der zusätzlich noch den Baustein Spezial-Strafrechtschutz wählt, würde zwischen 695 und 3.340 Euro zahlen.