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Hundertfach verlinkt und verxingt: Die Mitgliedschaft bei Online-Netzwerken gehört zum guten Ton, reicht aber nicht aus. Die Erfahrung zeigt: Erst der persönliche Kontakt bringt Nachhaltigkeit in die Beziehungen.

Wenn Ursula Vranken und Jürgen Below zu Veranstaltungen ihrer Netzwerke gehen, bereiten sie sich gut vor: Die Unternehmerin und der Personalberater fordern Gästelisten an, um interessante Teilnehmer zu identifizieren, laden Geschäftspartner ein oder bitten Bekannte, sie bei dem Event einem Gast ihrer Wahl vorzustellen. Vranken schaut sich zudem im Netz Profile an, um ihre Wunschkontakte direkt zu erkennen und auf diese zugehen zu können.

Vranken, Geschäftsführerin des Kölner IPA Instituts für Personalentwicklung und Arbeitsorganisation, hat sich bestens vernetzt – bei Linkedin, Xing und Facebook. Jürgen Below, Geschäftsführer der Below Tippmann & Compagnie Personalberatung GmbH, meidet zwar die virtuelle Welt für die eigene Präsenz, weil er sich nicht „so offen und inflationär präsentieren möchte“. Er nutzt sie dennoch, um zu schauen, wer mit wem vernetzt ist, was oft spannender sei als das Profil selbst. Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen stimmen Vranken und Below überein, wenn sie sagen: „Persönliche Treffen sind selbst im Zeitalter der Digitalisierung unverzichtbar.“

Vertrauen geht im Netzwerk über alles

In der Tat: Erst der persönliche Kontakt bringt Nachhaltigkeit in die Beziehungen, finden Manager und Experten. „Stimmt die Chemie, werden – anders als in der virtuellen Welt – nicht nur relativ anonym Beiträge und Fachwissen, sondern ganz persönliche Erfahrungen und Insiderwissen geteilt“, urteilt Vranken. „Stimmt das Vertrauen, reicht man eher Kontakte und Empfehlungen weiter, etwa für Referenten oder Jobbesetzungen“, ergänzt Below. Für den Berliner Headhunter kommt es für eine erfolgreiche Beziehungspflege vor allem auf ein persönliches Interesse an einem Thema an. „Wenn man sich wahllos etwa einen Verein aussucht, profitiert weder das Mitglied noch der Verein.“ Er selbst engagiert sich mit seiner Firma bei Berlin Partner, um den Standort zu fördern, schätzt aber auch sehr sein eher informelles Netzwerk aus ehemaligen Studienkollegen. „Gemeinsames Pauken schweißt zusammen.“

Doch auch reine Offline-Netzwerke haben heutzutage noch ihre Berechtigung. Findet zum Beispiel Christian Wülfing, Senior Vice President Event Management beim Energiekonzern Uniper AG. Er stieß 2007 zum Service-Club Lions, der seine Mitglieder nur auf Vorschlag aufnimmt. „Ich wollte mich mit Gleichgesinnten für soziale Projekte engagieren“, erklärt er seine Motivation. Erst über das Verfolgen eines gemeinsamen Ziels ergibt sich der vielfältige Nutzen für die Netzwerker. Wülfing: „Über Fachvorträge unserer Mitglieder und Gäste unterschiedlichster Berufsgruppen erweitere ich meinen Horizont, bleibe bei aktuellen Themen am Ball. Und bei fachlichen oder persönlichen Anliegen kann ich auf viele Experten zugehen.“ Auch Freundschaften entstehen, die im Idealfall über die berufliche Tätigkeit hinaus noch anhalten werden.

Netzwerk: Erst online, dann persönlich

Ursula Vranken schätzt nicht nur die Chance, sich in einem Netzwerk von neuen Ideen und Impulsen anregen zu lassen, sondern sich auch selber als Ideengeber und Experte positionieren zu können. Das funktioniere zwar auch online in den Foren wie beispielsweise bei Xing – beim persönlichen Treffen aber eben noch besser. Für sie fungieren die Onlineplattformen vor allem als Türöffner in die reale Welt. „Interessante Personen kontaktiert man zunächst online. Wenn es passt, lädt man sie dann zu einer Netzwerk-Veranstaltung ein, um sich intensiver auszutauschen“, sagt die Unternehmerin, die sich vor allem in Verbänden der Internetwirtschaft engagiert.

„Interessante Personen kontaktiert man zunächst online. Wenn es passt, lädt man sie dann ein.“ Ursula Vranken, IPA

Bei der Auswahl ihrer Vereine, Clubs, Stammtische & Co. handeln Netzwerk-Profis nach dem Motto: Klasse statt Masse. Um sich nicht zu verzetteln, hat sich Uniper-Manager Wülfing bewusst nur für das international aufgestellte Linkedin und gegen das eher in Deutschland starke Xing entschieden. Der 57-Jährige verbindet sich online nur mit Personen, die er persönlich kennt. In der realen Welt konzentriert er sich auf Lions. Denn erfolgreiches Kontakthalten kostet Geduld und Zeit. „Nur mit Kontinuität lassen sich Vertrauen und Berechenbarkeit aufbauen“, unterstreicht auch Below.

Wer gewinnbringend persönliche Beziehungen pflegen wolle, dürfe schließlich nicht nur konsumieren, sondern müsse sich auch engagieren, ergänzt Cornelia F. Krämer, Geschäftsführerin der Berliner Proventis Consult. Sie engagiert sich seit 2002 beim Frauen-Netzwerk Business and Professional Women Germany Club Berlin. Für ihr Ehrenamt als erste Vorsitzende plant sie einen halben bis einen Tag pro Woche ein. Durch die Zusammenarbeit mit den vielen jungen Teilnehmern bliebe sie am Puls der Zeit, lerne immer dazu und könne gleichzeitig ihre eigenen Erfahrungen als Unternehmerin weitergeben, sagt die 59-Jährige. Ohne ein gewisses Maß an Altruismus gehe es also nicht, wie auch Wülfing bestätigt: „Netzwerker, die nur auf persönliche oder gar finanzielle Vorteile aus sind, fallen schnell auf und grenzen sich selbst aus.“

 

On und Off gut verdrahtet: für jeden das richtige Netzwerk

Wie sich Unternehmer und Manager zum Vorteil aller Beteiligten vernetzen können:

• Onlineplattformen

Die Mitgliedschaft bei Xing, Linkedin und Facebook steht jedem offen und ist kostenlos. Gegen eine Jahresgebühr (etwa bei Xing knapp 100 Euro pro Jahr) bieten einige Netzwerke zusätzliche Recherchefunktionen.

• Serviceclubs

Traditionsreiche Vereinigungen wie Rotary, Lions oder das Frauen-Netzwerk Soroptimist verfolgen als Hauptziel den Service an der Gemeinschaft, engagieren sich für Projekte etwa in Gesundheit und Bildung. Die Jahresgebühren differieren stark und betragen zum Beispiel bei Rotary in Hannover 960 Euro, bei Lions in Essen 240 Euro. Die Mitglieder treffen sich zwischen ein- und viermal monatlich. Die Mitgliedschaft erfolgt auf Einladung beziehungsweise Bewerbung.

• Wirtschaftsvereinigungen

Zu den regional starken Netzwerken zählen jene der IHK oder Handwerkskammern, in denen sich Unternehmer ehrenamtlich in Präsidium, Vollversammlung und Fachausschüssen engagieren, Einfluss nehmen und wertvolle Kontakte knüpfen können. Weitere Alternativen: Branchenverbände, Vereine wie der Industrie-Club Düsseldorf, der Übersee-Club in Hamburg oder der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller.

• Spezialinteresse

Diese Netzwerke konzentrieren sich auf spezielle Ziele wie die Förderung von Frauen (Beispiele: Business and Professional Women, Frauen in die Aufsichtsräte, Generation CEO). Die Atlantik-Brücke mit ihren rund 500 Mitgliedern hat sich die Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft zum Ziel gesetzt. Die Mitgliedschaft erfolgt auf Einladung.

• Alumini-Vereinigungen

Hier halten Mitarbeiter großer Unternehmen und Beratungen sowie Absolventen von Hochschulen wie der European Business School auch nach dem Ausscheiden Kontakt.