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Janik Adorf

© Google

Virtuelle Meetings und Präsentationen per Screensharing sind Teil unseres Alltags geworden. Über Bildschirme hinweg zu begeistern, ist schwer. Janik Adorf, Presentation Coach bei Google, verrät seine Tricks, um auch vor der Webcam zu überzeugen.

 

Herr Adorf, Sie sagen, virtuelle Meetings und Präsentationen unterscheiden sich so stark von physischen Treffen, dass Führungskräfte neue Fähigkeiten lernen müssen. Warum?

Virtuelle Meetings sind radikal anders. Bisher hieß es, die Aufmerksamkeitsspanne von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Vorträgen läge bei etwa 20 Minuten. Früher sorgten aber auch spontane Gespräche oder Raumwechsel für Abwechslung.

Solche kurzen Momente gibt es nur noch selten – jetzt schauen wir in den Meetings auf den Bildschirm und dazwischen ebenso. Das bedeutet: Die Anstrengungen für Teilnehmende sind oft höher – und die Herausforderung, die Aufmerksamkeit hoch zu halten, so schwer wie nie.

 

Was heißt das für all diejenigen, die virtuelle Meetings abhalten?

In jeder Herausforderung liegt auch eine Chance. Wir wissen, dass es in virtuellen Meetings deutlich einfacher ist, sich zu verstecken. Wir alle kennen das Bild, wenn alle Teilnehmenden ihre Kameras aus- und Mikrofone stummgeschaltet haben.

Als Vortragender habe ich somit kaum Chancen, direktes Feedback zu bekommen, und sehe auch nicht, was sich die Leute gerade anschauen. Wenn früher noch in Meetings gezögert wurde, den Laptop oder das Handy rauszuholen, ist das heutzutage nahezu gang und gäbe, dass parallel in Meetings E-Mails verfasst und beantwortet werden. Führungskräfte müssen lernen, damit umzugehen, und neue Skills entwickeln.

 

Welche zum Beispiel?

Starten Sie früh in eine Interaktion mit den Teilnehmenden. Schon allein, damit sie keine Zeit haben, noch schnell eine E-Mail zu verschicken, aber vor allem als Signal: Es gibt einen Grund dafür, dass ihr im Raum seid, hier ist kein Monolog geplant.

Gängige Videotools bieten Interaktionsmöglichkeiten – etwa eine kurze Frage zu Beginn. „Wenn ihr an das ‚Thema X‘ denkt, was kommt euch in den Sinn? Schickt mir ein Emoji.“ Oder gegen Ende: „Was ist die eine Sache, die ihr ab heute anders macht? Schreibt mir im Chat.“

Größere Runden kann man in kleinere Breakout-Räume aufteilen und dort konkrete Fragestellungen besprechen.

 

Was empfehlen Sie noch?

Einen stärkeren Fokus auf das Zeitmanagement. Es hilft, wenn Führungskräfte ihre Meetingzeit nicht bis ins Letzte ausreizen. Wer sein Meeting unter Kontrolle hat, hört fünf Minuten früher auf. Die Kolleginnen und Kollegen haben dann die Chance, sich einen Kaffee zu holen, zur Toilette zu gehen oder sich auf das nächste Meeting vorzubereiten.

Zeit spielt auch mit Blick auf Fragen eine wichtige Rolle: Stille ist in virtuellen Meetings oft noch schwerer zu ertragen als in physischen. Trotzdem rate ich jedem, der Fragen stellt, sieben Sekunden auf Antworten zu warten.

Es braucht virtuell mehr Zeit, bis die Frage bei den Teilnehmenden ankommt, sie sich Antworten überlegen, und die Stummschaltung aufgehoben haben.

 

Wie bereite ich virtuelle Meetings am besten vor?

Das Meeting selbst sollte für Gespräche da sein. Alles das, was ich ohnehin nur vortrage, kann ich auch vorab kommunizieren.

Ich bin ein großer Fan von Video-Updates, die ich mit einem GIF in einer E-Mail antease – damit nicht die 1001. langweilige Textnachricht im Posteingang landet, die ignoriert wird. Darüber hinaus habe ich die Möglichkeit, jedes virtuelle Meeting individuell zu gestalten.

Manchmal kenne ich die persönlichen Interessen der Teilnehmenden und kann sie einbinden. Im Meeting mit meinen US-Kolleginnen und -Kollegen trage ich beispielsweise immer eine Chicago-Kappe, unsere Neuseeland-Chefin konnte ich im Trikot der Rugbymannschaft überraschen. Das führt oft zu persönlichen Gesprächen am Anfang, die fürs Ankommen im Meeting wichtig sind.

Ich empfehle auch, jede einzelne Folie zu hinterfragen. Ist sie deutlich lesbar und brauche ich sie überhaupt? Beim Screensharing nehmen Inhalte überproportional viel Platz ein, was unsere Möglichkeiten, mit unserer Präsenz und Körpersprache die Aufmerksamkeit hoch zu halten, deutlich einschränkt.

 

Und was ist mit der Technik?

Häufiger Fehler: Viele Vortragende wissen nicht, ob sie im Meeting gut rüberkommen. Deshalb ist es wichtig, vorher zu testen: „Bin ich gut sichtbar? Kann man mich gut hören?“

Man braucht keine teure Technik, um ein angenehmes Erlebnis für die Teilnehmenden zu liefern. Ein Headset vom Handy reicht aus.

Videotools wie Google Meet bieten eine Probeaufnahme an, bevor man sich in ein Meeting einwählt. Technik ist der Hauptunterschied zwischen virtuellen und physischen Meetings und wahrscheinlich auch der größte Frustfaktor.

Aktuell fehlt uns hier noch die Erfahrung, daher braucht es Geduld und Übung, um sich Stück für Stück den vielen Vorteilen von virtuellen Meetings zu nähern. Da sich aktuell viele Firmen hin zu einem hybriden Arbeitsmodell bewegen, wird es dazu noch genügend Möglichkeiten geben.

 

Sieben Tipps für erfolgreiche virtuelle Präsentationen

Auch nach über einem Jahr Pandemie, ist virtuelles Präsentieren noch immer neu für uns. Es braucht Zeit, Geduld und Übung, sich mit der Technik und der auf ein kleines Videofenster reduzierten Präsenz anzufreunden. Hier kommen sieben hilfreiche Tipps:

 

1.Testen Sie Ihre Technik

Nehmen Sie sich selbst einmal auf. Kann man Sie deutlich hören und gut sehen?

 

2.Schicken Sie notwendige Informationen vorab

Planen Sie nur 70 Prozent der Zeit für Ihren eigenen Inhalt, die restlichen 30 Prozent für die Interaktion mit den Teilnehmenden.

 

3.Die richtigen Zuhörerinnen und Zuhörer ins Meeting holen

Schreiben Sie eine ehrliche Einladung: „Wer glaubt, unter den Themen des Meetings ist nichts dabei, der braucht nicht zu kommen und bekommt eine schriftliche Zusammenfassung“. So sorgen Sie für eine optimale Besetzung des Meetings.

 

4.Starten Sie mit Interaktion ins Meeting

Mit einer Frage am Anfang senden Sie ein Signal an Ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass Ihnen deren Anwesenheit wichtig ist. Schließen Sie nicht mit einer Fragerunde ab, damit sie das letzte Wort haben und für einen bleibenden letzten Eindruck sorgen können.

 

5.Zeigen Sie Leidenschaft

Egal ob virtuell oder physisch – wenn Sie sich für ein Thema begeistern, dann erhöhen sich Ihre Chancen deutlich, die Aufmerksamkeit Ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer halten zu können.

 

6.Hinterfragen Sie jede Folie

Ist sie gut lesbar? Brauche ich sie? Weniger ist mehr: Folien nehmen überproportional viel Platz weg, den Sie selbst füllen könnten.

 

7.Nehmen Sie sich Zeit zum Üben

Auch nach über einem Jahr Pandemie, ist virtuelles Präsentieren noch immer neu für uns. Es braucht Zeit, Geduld und Übung, sich mit der Technik und der auf ein kleines Videofenster reduzierten Präsenz anzufreunden.

Wenn Sie mehr wissen möchten über Janik Adorf und virtuelle Meetings, klicken Sie hier, um zu seiner Website zu gelangen.