Qualifizierte Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Das ist nichts Neues – gilt aber angesichts ständig steigender Qualifikationsanforderungen mehr denn je. Denn nur qualitativ hochwertige Produkte und Innovationen sichern Deutschland und seinen Unternehmen langfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Wenn also die Suche nach geeigneten Fachkräften erfolglos bleibt oder nur mit Abstrichen bei der Qualifikation gelingt, ist das ein Grund zur Sorge. Aber haben die mittelständischen Unternehmen heute größere Rekrutierungsprobleme als früher? Ein Vergleich der KfW-Mittelstandspanels aus den Jahren 2010 und 2014 gibt Aufschluss.
Von den mittelständischen Unternehmen, die bis zum Jahr 2016 Fachkräfte einstellen wollen, erwarten 57 % Probleme bei der Rekrutierung. Damit ist der Mittelstand in den letzten vier Jahren deutlich optimistischer geworden. Im Jahr 2010 erwarteten noch fast drei Viertel der einstellenden Unternehmen Rekrutierungsprobleme. Diese Entspannung ist umso bemerkenswerter, da der Anteil einstellender Unternehmen inzwischen stark gestiegen ist: Im Jahr 2010 plante nur etwa ein Drittel der Unternehmen überhaupt Fachkräfte einzustellen – im Jahr 2014 hat sich dieser Anteil fast verdoppelt. Angesichts der aktuell niedrigen Arbeitslosenquote wäre eher eine Verschärfung der Rekrutierungsprobleme zu erwarten gewesen. Dass sich die Situation dennoch entspannt hat, dürfte vor allem auf die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren sowie die qualifizierte Zuwanderung aus EU-Staaten zurückzuführen sein.
Der Rückgang der erwarteten Rekrutierungsprobleme ist erfreulicherweise in der gesamten Wirtschaft zu beobachten. Am deutlichsten ist die Entspannung im Dienstleistungssektor ausgefallen. Dagegen hat sich die Situation im forschungs- und entwicklungsintensiven Teil des Verarbeitenden Gewerbes kaum verbessert. Immer nach befürchten rund drei Viertel dieser Unternehmen Probleme bei der Fachkräfterekrutierung. Damit ist dieses Segment jetzt am stärksten betroffen. Bedenklich, denn gerade hier finden sich besonders viele innovative und exportstarke Unternehmen der deutschen Wirtschaft.
Aber welches Problem befürchtet der Mittelstand bei der Fachkräfterekrutierung in Zukunft am häufigsten? Die klare Antwort: “Bewerbermangel im Berufsbild“. Im Vergleich zu 2010 ist dieser Grunde jetzt sehr viel stärker in den Vordergrund gerückt. Dieser Berufsspezifische Bewerbermangel wird Folgen haben. Denn das strukturelle Angebot an Fachkräften vieler Berufe ist von langfristigen Bildungsentscheidungen abhängig und kann nicht kurzfristig geändert werden. Die zunehmende Sorge um Bewerbermangel ist daher berechtigt. Sie kann als Vorbote der Bevölkerungsentwicklung verstanden werden: Etwa ab 2025 verabschieden sich die geburtenstarken Nachkriegskohorten aus dem Erwerbsleben und hinterlassen eine enorme Lücke im Personalbestand der Unternehmen. Spätestens dann werden Rekrutierungsprobleme und Fachkräfteengpässe deutlich zunehmen.
Noch ist der Fachkräftemangel nur in wenigen Teilsegmenten der Wirtschaft zu spüren. Aber ohne Zweifel wird sich dies im kommenden Jahrzehnt ändern. Darunter wird die deutsche Wettbewerbsfähigkeit leiden. Wichtige Ziele müssen daher jetzt sein: Die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren weiter zu erhöhen. Die nachhaltige Integration qualifizierter Zuwanderer zu schaffen. Die Produktivität durch verbesserte Bildung und kontinuierliche Innovationsmaßnahmen zu steigern. Nur so lassen sich langfristig die negativen Folgen der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland abmildern.