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Creditreform

In ihrem Gesetzentwurf vom 16. November 2015 plant Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die gesetzlichen Regelungen bei der Zeitarbeit und den Werkverträgen zu verschärfen. Ziel ist es, den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit einzudämmen.

Der Entwurf begrenzt unter anderem Leiharbeit auf eine Dauer von 18 Monaten. Es steht zu befürchten, dass Leiharbeiter aufgrund dessen abgezogen oder gar nicht erst eingesetzt werden könnten. Tatsächlich dauern viele Elternzeitvertretungen und Projekte nämlich länger als 18 Monate.

Ausnahmen sind nur möglich, wenn ein Unternehmen zwingend tarifgebunden ist. Eine arbeitsvertragliche Abweichung durch Verweis auf einen Tarifvertrag soll hingegen nicht möglich sein. Damit greift der Entwurf massiv in die negative Koalitionsfreiheit ein, also dem Recht, einer Gewerkschaft oder einem Arbeitgeberverband fernzubleiben.

Der Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit setzt sich auch beim „Equal Pay“-Grundsatz fort. Generell sollen Leiharbeiter nach den Plänen von Frau Nahles nach neun Monaten das gleiche Arbeitsentgelt erhalten wie ihre festangestellten Kollegen. Lediglich Tarifpartner können für drei weitere Monate eine andere Vergütung vereinbaren. Nach zwölf Monaten muss jedoch in jedem Fall gleich bezahlt werden. Doch was „gleiches Arbeitsentgelt“ konkret heißt, ist im Gesetzentwurf nicht genau definiert und daher mit praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Wie soll etwa mit Sachleistungen mit Entgeltcharakter umgegangen werden? Ein Dienstwagen oder ein Diensthandy zählt schließlich auch zum Arbeitsentgelt.

Leiharbeiter als Streikbrecher verboten

Vorgesehen ist auch, dass Unternehmen Leiharbeiter nicht mehr als Streikbrecher einsetzen dürfen. Doch Artikel 9 des Grundgesetzes gewährleistet das Streikrecht der Arbeitnehmer und das Recht der Arbeitgeber, sich zu verteidigen. Für die Unternehmen gleicht das Verbot, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen, daher einer Verschiebung der Arbeitskampfparität. Leiharbeiter können schon heute frei wählen, ob sie streiken oder arbeiten gehen.

Abgrenzungskriterien für Werkverträge

Um Werkverträge von Arbeitsverträgen abzugrenzen, ist im Gesetzentwurf ein Katalog von acht gesetzlich festgelegten Kriterien enthalten. Doch diese Kriterien gibt es von der Rechtsprechung heute schon und der Zoll hat diesbezüglich vielfältige Handlungsanweisungen. Durch die Aufnahme in das Gesetz wird die Arbeit nicht erleichtert. Es wird immer Fallgestaltungen geben, die nicht in dieses Schema passen. Die „Standardkriterien“ erzeugen lediglich eine erhöhte Prüfungs- und Kontrollpflicht, auch bei unproblematischen Fällen.

Informationsrechte für Betriebsräte

Des Weiteren ist geplant, dass Unternehmen Betriebsräte über die Zahl der Werkvertragsarbeitnehmer und ihre rechtliche Grundlage informieren müssen. Diese Informationsrechte hat der Betriebsrat jedoch bereits heute: Er kann verlangen, dass das Unternehmen ihm die Verträge mit Fremdfirmen vorgelegt und die Einsatztage und Zeiten mitteilt.

Insgesamt wird der Gesetzentwurf nicht den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen begrenzen, sondern vor allem den regulären Gebrauch dieser bewährten Instrumente. Es bleibt zu hoffen, dass hier nachgebessert wird, insbesondere um überflüssige Bürokratie zu vermeiden. Der Gesetzentwurf soll noch vor Weihnachten zwischen den Ministerien abgestimmt werden und das Kabinett passieren. Es wird abzuwarten sein, wie der Entwurf nach der regierungsinternen Abstimmung aussieht. Das geplante Gesetz soll zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.