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Creditreform

Heute wurden wir zu Zeitzeugen der Geschichte. Großbritannien hat beschlossen, aus der Europäischen Union auszutreten. Wie dies im Detail ablaufen wird, ist zum heutigen Zeitpunkt noch nicht klar. Die britischen Volksvertreter haben laut EU-Vertrag nun ca. 2 Jahre Zeit, um neue Regelungen mit der EU oder alternativ auf bilaterale Ebene zu verhandeln. Sicher ist derzeit nur, dass die Herausforderungen an die Politik und die Wirtschaft nicht größer sein könnten.
Die finalen Ergebnisse des Referendums sehen wir folgen aus:

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Interessant sind die Ergebnisse der einzelnen Regionen im Vereinigten Königreich. Hier ist zu erkennen, dass die große Mehrheit der Regionen für einen Austritt gestimmt hat. Die Ausnahmen bildeten London, Schottland und Nordirland. Hier ist der Unmut über den Austritt groß und man hat aus Schottland und Nordirland bereits Stimmen nach einer Loslösung von Großbritannien vernommen. Der bereits angekündigte Rücktritt David Camerons macht die politische Situation im Land noch komplizierter. Denn ein Land in einer derartigen Situation, welches zusätzlich in eine Führungskrise gerät, hat viel zu verlieren.

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Folgen für Anleger

Der Brexit hat die Kapitalmärkte mit voller Wucht erwischt. Noch in den vergangenen Tagen waren diese verstärkt von einem Verbleib der Briten in der EU ausgegangen.

Depots, die über verschiedene Anlageklassen und Währungen diversifiziert sind, sollten von den unmittelbaren Reaktionen der Märkte nicht aus der Bahn geworfen werden.

Ein Depot, bestehend aus dem globalen Aktienmarkt (MSCI World) und dem globalen Anleihemarkt (Barclays Global Aggregate), liegt derzeit mit einem Minus von ca. 0,8 Prozent nicht außerhalb des Rahmens normaler Kapitalmarktbewegungen – und das trotz eines DAX 30 Index‘, der beinahe 7 Prozent im Minus notiert. Anhand dieses Beispiels kann man gut erkennen, wie wichtig es ist, die Risiken am Kapitalmarkt breit zu streuen.

Für die kommenden Tage erwarten wir, dass der Brexit die Unsicherheit am Kapitalmarkt, in der Realwirtschaft und der Gesellschaft mindestens kurzfristig belasten wird. Da es für einen Austritt aus der EU keinen Präzedenzfall gibt, kann heute niemand abschätzen, wie lange die Folgen andauern werden.

Die größte Gefahr für die Zukunft besteht in einem um sich greifenden Vertrauensverlust in die EU und damit verbunden eine Zukunft, die keine Verbesserung der Perspektiven (wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch) für die Mitglieder bietet. Daher könnte sich im Worst-Case-Szenario eine Abwärtsspirale in Gang setzten, die den Aktienmarkt schwerer belastet. In einem positiven Szenario, schafft es die politische Führung der EU, eine gemeinsame Antwort auf die drohenden nationalen Tendenzen zu geben und vermag es, das zuletzt positive Momentum der europäischen Wirtschaft zu stabilisieren.

Am heutigen Tag kann man viele Expertenmeinungen hören, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. Doch niemand hat die endgültige Antwort parat.

Anleger sollten daher die Eingriffe in eine langfristig angelegte Anlagestrategie möglichst gering halten und zunächst die weiteren Entwicklungen abwarten. Grundsätzlich stellen Szenarien wie dieses immer einen guten Anlass dar, die Vermögensstruktur kritisch zu hinterfragen. Im Optimalfall erfolgen Anpassungen natürlich nicht in Krisenzeiten, aber manchmal bedarf es ja einem kleinen Anstoß.

Kriseninvestments wie Edelmetalle, aber auch alternative Strategien sollten in die Depotstruktur einbezogen werden und natürlich sollte das Depot zur finanziellen Risikobereitschaft passen.