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Wenn ein Bewertungsportal Kenntnis von einer unwahren Tatsachenbehauptung erlangt, ist das Portal in der Pflicht den Kommentar zu löschen. Doch wie sieht es mit der abgegebenen Benotung aus?

Bei Kununu können die Nutzer eine Benotung in Form von Sternchen abgegeben. Häufig wehren sich die Portale diese Benotungen ebenfalls zu entfernen. Das Argument: Es handelt sich hierbei um eine reine Meinungsäußerung. Für Unternehmen hat dies oft unangenehme Konsequenzen. Die Rechtsprechung ist hier nicht eindeutig. Zeit einen Blick auf die Problematik zu werfen und sich zu fragen, ob diese Praxis der Portalbetreiber rechtens ist.

Sternchenbewertung als freie Meinungsäußerung?

Für die Beantwortung dieser Frage kommt es entscheidend darauf an, ob die Sternchenbewertungen als Werturteil oder als Teil der unwahren Tatsachenbehauptung qualifiziert werden. Aus unserer Sicht bestehen hier keine Zweifel. Die Anzahl der abgegebenen Sternchen beruht unmittelbar auf den dargelegten unwahren Tatsachenbehauptungen. Sie wurden im Zusammenhang mit einer rechtswidrigen Behauptung abgegeben. Werden diese entfernt, müssen auch die schlechten Sternchenbewertungen entfernt werden.

Sternchenbewertung beruht auf unwahre Tatsachenbehauptung

Eine Trennung von Sternchen und Bewertung ergibt in solchen Fällen keinen Sinn und schadet dem Image des Unternehmens, denn im Ergebnis wird ein völlig verzerrtes Bild widergegeben. Dies hat zur Folge, dass Kunden davor abgeschreckt werden die Dienstleistungen des Unternehmens in Anspruch zu nehmen. Durch die Verbreitung von Sternchenbewertungen, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen beruhen, wird somit nicht nur das Unternehmerpersönlichkeitsrecht verletzt, sondern es besteht auch eine erhebliche wirtschaftliche Gefährdung für das betroffene Unternehmen.

Kununu im Google Suchindex ganz weit oben

Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass Portale wie Kununu bei der Google Suche stets an prominenter Stelle beim Suchindex sichtbar werden. Der Kunde, der nach einem Produkt des Unternehmens sucht, stößt unweigerlich auf entsprechende Arbeitgeber-Bewertungen des Unternehmens.

„Spickmich“ Entscheidung des BGH hier nicht anwendbar

Kununu stellt sich auf den gegensätzlichen Standpunkt, dass die Sternchenbewertung selbst nicht rechtswidrig sein kann, da es sich bei Bewertungssternen um Werturteile handelt, die von den Nutzern im Rahmen ihrer Meinungsfreiheit abgegeben wurden. Dabei beruft sich das Portal auf die Spick-mich Entscheidung des BGH (Urteil vom 23. Juni 2009, Az. VI ZR 196/08). Die Richter hatten im Falle eines Lehrer Bewertungsportals entschieden, dass die Benotungen, die die Schüler den jeweiligen Lehrern vergeben hatten, als bloße Meinungsäußerung zu werten seien und somit nicht von der Löschungspflicht umfasst seien.

Sternchenbewertung steht und fällt mit der Tatsachenbehauptung

Allerdings hatte der BGH in seiner Entscheidung auch schon klargestellt, dass es bei der Frage ob eine Bewertung in Form einer Note zulässig ist oder nicht, immer auf eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall ankomme. Was der Portalbetreiber hier außerdem verkennt ist, dass die Sternchenbewertung zusammen mit einer unwahren Tatsachenbehauptung abgegeben wurde. Beruht die Bewertung auf einer unwahren Tatsachenbehauptung, muss diese gelöscht werden.

Dies hat auch das Oberlandesgericht (OLG) München erst kürzlich in einem Urteil bestätigt (Beschluss vom 17.10.2014, Az. 18 W 1933/14). In dem Fall ging es um den Unterlassungsanspruch eines Arztes, der sich gegen eine unwahre Tatsachenbehauptung auf dem Ärzte-Bewertungsportal Jameda gewehrt hatte. Das Gericht verurteile das Portal sowohl zur Löschung der falschen Tatsachenbehauptungen, als auch zur Löschung der abgegebenen schlechten Benotung.

Als Begründung führten die Richter an, dass in einer solchen Konstellation „bei der ein Werturteil eine zugrunde liegende tatsächliche Feststellung von eigenständiger Bedeutung derart widerspiegelt, dass beide zusammen „stehen und fallen“, nicht nur die Unterlassung der unwahren Tatsachenbehauptung, sondern auch der auf dieser beruhenden Werturteile verlangt werden kann“. Der einzige Anknüpfungspunkt für die abgegebene Bewertung bestand hier in einer unwahren Tatsachenbehauptung. Die Richter betonten, dass sich dieser Fall von dem Fall, der zur Spick-mich Entscheidung geführt hatte, erheblich unterscheide, da die Nutzer auf spickmich.de nur Wertungen und keine Tatsachenbehauptungen eingestellt hatten.

Dieser Rechtsprechung ist ohne Zweifel zu folgen. Insbesondere eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zeigt, dass die Konsequenzen, die sich für ein Unternehmen ergeben, wenn die Sternchenbewertungen stehen bleiben, gravierend sein können.

Bewertungsportal hat ab Kenntnis Überprüfungspflichten

Interessant an dem Urteil des OLG München war auch, dass das Gericht hier Überprüfungspflichten der Bewertungsportale angenommen hat, die der Sorgfaltspflicht professioneller Journalisten nahe kommt. Die Richter stellten sich auf den Standpunkt, dass ein Bewertungsportal ab Kenntnis einer potentiellen Rechtsverletzung dafür sorgen muss, dass die entsprechenden Hinweise auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden.

Zur Haftung eines Diensteanbieters

Die Haftung eines Diensteanbieters ist gesetzlich nach dem Telemediengesetz (TMG) eingeschränkt. Nach §§ 7 Abs. 2, 10 Satz 1 Nr. 1 TMG haftet ein Diensteanbieter nur dann für unwahre Tatsachenbehauptungen Dritter, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt. Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich nach der Zumutbarkeit einer Prüfung und der Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Eine Prüfungspflicht ist jedenfalls dann unzumutbar, wenn dadurch das Geschäftsmodell des Diensteanbieters wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert würde. Inhaltliche Vorabprüfungen der Bewertungen gelten als unzumutbar (Vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2015 – I ZR 94/13).

Eine Unzumutbarkeit ist nach diesen Kriterien aus unserer Sicht jedoch dann zu verneinen, wenn es sich um die Überprüfung einer Eigenschaft handelt, die das Portal bei seinen Nutzern voraussetzt.

Kununu muss überprüfen, ob Bewertende tatsächlich ehemalige Mitarbeiter sind

Das bedeutet beispielsweise im Falle von Kununu, dass das Bewertungsportal zumindest nachprüfen müsste, ob der Nutzer, der die Bewertung eingestellt hat, auch tatsächlich beim Unternehmen beschäftigt war. War die Person nicht bei dem Unternehmen beschäftigt, kann es sich bei den Aussagen nämlich nur um unwahre Tatsachenbehauptungen handeln. Nur auf diese Weise lässt sich auch in Zukunft verhindern, dass Wettbewerber solche Portale nutzen, um ihren Konkurrenten durch die Abgabe schlechter Bewertungen zu schaden. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Problematik steht allerdings noch aus.