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Creditreform

Softwarehersteller kontrollieren immer öfter, ob ihre Programme vertragsgemäß in Unternehmen eingesetzt werden. Sind die Betriebe unter- oder überlizensiert, kann das teuer werden. Und auch der Kauf von Second-Hand-Programmen hat seine Tücken. So behalten Firmenchefs den Überblick.

Als vor vier Jahren die Anfrage von Microsoft bei Engelbert Strauss einging, welche Programme das Unternehmen denn nutze, war die Verunsicherung groß: „Wir hatten damals kein elektronisches Lizenzmanagementsystem und wussten nicht bis ins letzte Detail, was tatsächlich an Lizenzen eingesetzt wurde“, erklärt Marc Hellinghausen. Der IT-Administrator des Markenherstellers für Berufskleidung und Arbeitsschutz in Biebergemünd bei Frankfurt reagierte sofort und holte sich die Hilfe von Experten: Sie machten eine Bestandsaufnahme aller Lizenzen auf den PCs und Servern. Kein leichtes Unterfangen: „Der Aufkleber mit der Lizenznummer oder die CD genügen beispielsweise nicht als Nachweis dafür, dass man eine Lizenz besitzt. Man muss unbedingt die komplette Umverpackung aufbewahren“, so Hellinghausen.

Transparenz per Mausklick

Parallel zur Softwareinventur wurde bei Engelbert Strauss eine Lizenzmanagement-Software eingeführt, um künftig die gewonnenen Daten elektronisch zu pflegen und aktuell halten zu können. Diese läuft jetzt immer im Hintergrund und erfasst alle Nutzungsrechte und deren Einsatz auf den Geräten. Per Mausklick kann Hellinghausen sich nun alle Lizenzverträge anzeigen lassen, sie verwalten sowie eigene Reports erstellen. Er sieht, wie lange ein Vertrag noch läuft und welche Erweiterungen anstehen. Aufgrund des Unternehmenswachstums und der benötigten Flexibilität hat er immer einige freie Konzessionen vorrätig. „Sobald ein neuer PC im System angemeldet wird, erhält dieser aus dem Pool die notwendigen Lizenzen zugewiesen“, erklärt er und kann so eine Unterlizenzierung nahezu ausschließen.

Zu wenig Softwarepakete für zu viele Mitarbeiter – nach einer Statistik der Business Software Alliance (BSA) sind 60 Prozent aller Unternehmen weltweit unterlizenziert. Aufgabe der BSA als Interessenvertretung vieler großer Softwarehersteller wie Microsoft, Adobe, Autodesk, Novell oder Symantec ist es, die Schwarznutzung aufzudecken. Das gelingt ihnen immer öfter: Allein Microsoft plant, künftig mit 30.000 sogenannten Lizenz-Plausibilisierungen bei Unternehmen nachzuhaken, andere Hersteller ziehen nach. Dabei vor allem im Visier: der Mittelstand. Im Rahmen der Kampagne „No Piracy“ forderte die BSA 2014 auf ihrer Facebook-Seite sogar dazu auf, Betriebe, die ohne Berechtigung Programme nutzen, anzuschwärzen – gegen Belohnung versteht sich. Was viele Unternehmer nicht wissen: Der Geschäftsführer haftet persönlich für Verstöße. Er muss Strafe zahlen, die Lizenzen nachzahlen und mit einer Anzeige rechnen.

Unübersichtliches Terrain

Eines sollten sich Firmenchefs nämlich immer wieder klarmachen: Mit einer Softwarelizenz kauft das Unternehmen nicht etwa das Programm an sich, sondern nur das Nutzungsrecht. Der Vertrag legt genau fest, wie viele Anwender mit der Software arbeiten dürfen, auf welchen Geräten, an welchen Standorten und in welchem Zeitraum. Dazu kommen weitere Bestimmungen wie Upgrade- und Downgrade- Rechte, Bindungsfristen und Mehrfachnutzungsrechte. „Der Lizenzdschungel nimmt stetig zu“, weiß Frank Schmeiler, Research Director bei Experton.

So müssen Firmen nicht nur die unterschiedlichen Lizenz- und Wartungsmodelle berücksichtigen, sondern auch die verschiedenen Versionen einzelner Programme vergleichen. „Es ist mittlerweile keine Seltenheit, dass für ein Basisprodukt – etwa eine Office- Lösung – fünf bis sieben unterschiedliche Varianten angeboten werden“, so Schmeiler.

Dabei lohnt genaues Hinsehen: Häufig sind die Pakete so zusammengestellt, dass nicht benötigte Module automatisch mitgekauft werden müssen. „Durch ein effizientes Lizenzmanagement können bereits kleine Unternehmen mit nur fünf bis zehn PC-Arbeitsplätzen ihre Lizenzkosten um bis zu 15 Prozent reduzieren“, sagt der Experte. Für mehr Überblick sorgen ausgerechnet weitere Programme, beispielsweise von Anbietern wie Desk-Center, Softline Solutions, Flexera oder Brainware. Damit sind Unternehmen nicht nur in der Lage, die Einsatzrechte den Nutzerzahlen anzupassen. Bei Überprüfungen können sie ihre Lizenzen – auch die aller eingesetzten virtuellen Server – schnell und vollständig nachweisen.

Einen Leitfaden zum Kauf und zur Nutzung gebrauchter Software finden Sie im Internet unter creditreform-magazin.de/gebrauchtsoftware.

Sogar bis zu 50 Prozent der Lizenzkosten lassen sich einsparen, wenn gebrauchte Software erworben wird. Seit einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichthofs steht fest, dass der Handel mit digitalen Lizenzen rechtmäßig ist. Ein Spruch des Bundesgerichtshofs bestätigte dies (Az.: I ZR 129/08). Ein weiterer Grund, sich für die Second-Hand-Programme zu entscheiden, ist, dass Hersteller ältere Versionen nicht mehr vertreiben, Betriebe aber oft genau diese suchen, um nicht die komplette IT umstellen zu müssen. Dabei gilt es, einige Punkte zu beachten (siehe unten).

Auch bei Engelbert Strauss ist man dank einer effizienten Lizenzmanagementsoftware nun besser gewappnet. „Man sollte aber nicht glauben, der Einsatz einer Verwaltungssoftware und das Einpflegen aller Verträge ginge von heute auf morgen“, sagt Hellinghausen, der sich zusammen mit einem weiteren IT-Kollegen jedes Jahr zu dem Thema schulen lässt. Hellinghausen: „Wir haben fast ein Jahr gebraucht, bis wir sagen konnten: Jetzt haben wir’s im Griff.“

 

GENAUER HINSEHEN BEIM KAUF DER GEBRAUCHTEN

Worauf Unternehmen beim Erwerb von Second-Hand-Software achten sollten,  zeigt die folgende Checkliste:

Auf seriöse Fachhändler setzen. Sie garantieren, dass bei der Lizenzübertragung der gebrauchten Software alles in Ordnung ist. Vorsicht vor exotischen Anbietern aus dem Web.
Auf Kaufsoftware achten. Leasingoder Mietsoftware darf vom Händler nicht verkauft und auch vom Unternehmen nicht eingesetzt werden. Macht die Firma dies trotzdem, gibt es bei Überprüfungen mit Sicherheit große Probleme.
Auf Lizenzübertragung achten. Besonders wichtig beim Kauf von Gebrauchtsoftware ist die ordnungsmäßige Lizenzübertragung. Der Händler muss exakt nachweisen, dass er der Inhaber der angebotenen Software ist.
Lieferfähigkeit berücksichtigen. Etablierte Händler sind in der Lage, größere Mengen der benötigten Software zu verkaufen.
Update- und Wartungsansprüche nutzen. Bestehen bei den Lizenzen noch Update- und Wartungsansprüche, bleiben diese auch nach dem Weiterverkauf meistens erhalten.