Intranet und E-Mails werden zunehmend von Social-Collaboration-Software abgelöst. Damit können Unternehmen weit mehr, als mit ihren Mitarbeitern zu kommunizieren und sie mit Informationen zu versorgen.
Warum das Rad neu erfinden? Das dachte sich Lars Heyne, Senior Projektmanager in der Unternehmensentwicklung bei Conrad Electronic in Hirschau: Als es im Herbst 2012 darum ging, ein gruppenweites Intranet einzuführen, wollte er sich die Kenntnisse seiner Kollegen im Umgang mit den sozialen Medien zunutze machen. Wie von Facebook und Co. gewohnt, sollten sie mit der neuen Lösung einfach Profile anlegen, Posts einstellen und Experten finden können. „Unser Ziel war es, die Kommunikation der rund 4.000 Mitarbeiter in Europa und Asien zu verbessern und die Zusammenarbeit zu fördern“, erklärt Heyne.
Da der Erfolg eines solchen Projekts nicht allein von der Technik abhängt, sondern vor allem von der Akzeptanz der Mitarbeiter, hat Heyne eng mit seinem Kollegen Simon Schott aus dem Bereich Human Resources zusammengearbeitet. Ihre Lösung fanden sie in Coyo vom Hamburger Anbieter Mind-Smash: Als White-Label-Produkt setzt Conrad sie gruppenweit unter dem Namen „Conrad Inside“ ein. Die Mitarbeiter kommen nach einer kurzen Einführung gut damit zurecht und nutzen es rege: In mehr als 120 Projektgruppen kommunizieren sie und arbeiten zusammen, sodass auch deutlich weniger E-Mails anfallen. Zahlreiche Seiten mit nutzergenerierten Inhalten sind inzwischen entstanden, wie etwa das Schwarze Brett mit Unternehmensinformationen oder Stellenausschreibungen.
Das Ende der Mail-Flut
Social-Collaboration-Tools, wie bei Conrad Electronic im Einsatz, lösen nicht nur das traditionelle Intranet ab. Sie fungieren auch als Kommunikations- und Kooperationsplattform, als internes Community-Netzwerk mit Wikis, Blogs, Expertensuche und der Möglichkeit, darüber gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Wie die Experton-Group in ihrer Studie „Der Markt für Social Business for Collaboration & Communication (SB4CC) in Deutschland“ herausfand, planen bis Ende dieses Jahres 60 Prozent der Befragten den Einsatz dieser Lösungen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Viel gezielter erreichen elektronische Nachrichten ihre Empfänger über interne Unternehmensnetzwerke. E-Mail-Ping-Pongs mit großen Anhängen gehören innerhalb von Projektgruppen damit der Vergangenheit an. Generell versprechen sich Firmen vom Einsatz dieser Software eine effizientere Kommunikation, weil die zeitaufwendige Bearbeitung von E-Mails deutlich reduziert werden kann.
„Schnellere Problemlösungen“ und „eine Beschleunigung der Zusammenarbeit“ sind denn auch die hauptsächlichen Gründe für die Einführung von Social Collaboration. Aber auch den verbesserten Zugang zu Informationen, die Nutzung von Mitarbeitererfahrungen und die Erhöhung der Mitarbeitermotivation sehen die Unternehmen in der Experton-Studie als Ansporn für die Vernetzung in der Firma.
Lösungen für kleine und mittelständische Unternehmen laufen meist in der Cloud. Den Anwendern genügen dafür ein Internetzugang und ein Webbrowser. Damit können sie auch unterwegs mit ihren mobilen Endgeräten auf das Firmenwissen zugreifen. Wie beim gesamten Thema Cloud Computing haben Anbieter mit Rechenzentren in Deutschland seit der NSA-Affäre die Nase vorn: Lösungen „made in Germany“ unterliegen einer der strengsten Datenschutzgesetzgebungen und erlauben keinen Behördenzugriff auf die gespeicherten Daten, wie ihn etwa der Patriot Act in den USA ermöglicht.
Größere Mittelständler betreiben Social Intranets auf den eigenen Firmenservern; sie zahlen dann eine Lizenzgebühr. Gut ist, was ankommt Experten raten jedoch, bei einem „Social Intranet“ nicht nur auf die Technik zu schielen: An erster Stelle stehe die Akzeptanz bei den Mitarbeitern. So gilt es, bei der Planung alle internen Interessengruppen mit ins Boot zu nehmen.
Bei Conrad Electronic etwa arbeitete Lars Heyne von Anfang an mit der Personalabteilung zusammen. Ein wichtiger Schritt für die Akzeptanz bei den Anwendern ist auf jeden Fall die einfache Bedienung. Dabei orientieren sich die Anbieter an den sozialen Netzwerken: Die Anwender können wie gewohnt Profile anlegen, untereinander und mit Partnern und Kunden Wissen austauschen, Experten suchen, über Xing, Beiträge kommentieren und sie mit Kollegen teilen. Durch die offenen Dialoge und Bewertungsfunktionen erarbeiten sie gemeinsam Lösungen, geben Feedback zu Ergebnissen und lernen voneinander. Durch den transparenten Informationsaustausch im Gegensatz zur Kommunikation per E-Mail haben sie ein viel besseres Bild über aktuelle Projektstände. Über Apps können die Arbeitnehmer auch unterwegs auf ihr „Social Intranet“ zugreifen.
Auch Mitarbeiter ohne PC-Arbeitsplatz lassen sich bequem einbinden: Conrad Electronic etwa hat dafür im Logistikzentrum in Wernberg-Köblitz in der Multimedia-Bar auf dem Weg ins Betriebsrestaurant eine Reihe von iPads sowie mehrere große Touchscreens aufgestellt. Darauf informieren sich die Mitarbeiter nicht nur über den Speiseplan, sondern auch über alle Neuigkeiten aus dem Unternehmen.