Titan-Trolleys für Golfer? Damit hat sich die Firma Ticad eine solvente Fangemeinde erobert. Doch Unternehmer Björn Hillesheim kann mehr: Der hessische Betrieb ist auch das Lehrstück für einen gelungenen Generationswechsel.
Ein Gewerbegebiet nahe der Gemeinde Altenstadt. Frösche quaken. Grillgeruch zieht um die Hallen. Hier also entstehen die sagenhaften Golf-Trolleys aus Titan? Jene Designobjekte, die schon im Museum of Modern Art ausgestellt wurden? Prestige-Dreiräder für 18-Loch-Experten, ultraleichte Eyecatcher und filigrane Angebereien auf dem Grün, Startpreis 1.090 Euro?
„Auch erst mal eine Wurst?“, fragt Björn Hillesheim. Gleich hinter dem Betriebstümpel, unter Bäumen, weiht er mit seinen Leuten die neueste Errungenschaft der Firma Ticad ein – einen Holzkohlegrill vom Baumarkt. Jemand war beim Metzger. Einmal Bratwürste für alle. „Die schönste Kantine Südhessens“, schwärmt der Chef. Eine spontan organisierte Mittagspause auf dem Rasenstück vor den Werkshallen. Etwa 30 Mitarbeiter mümmeln in aller Ruhe.
„Wenn jetzt der falsche Gesellschafter hier langfahren würde, hätte ich ein Rechtfertigungsproblem“, sagt Hillesheim – und er sagt das mit großem Genuss. Denn kein Anteilseigner wird jemals vorgefahren kommen und den Ticad-Chef rüffeln wegen womöglich zu lockerer Mitarbeiterführung. Grund: Hillesheim hat das Unternehmen 2013 gekauft. Komplett. Als geschäftsführender Gesellschafter trägt er jede Verantwortung – und hat im Gegenzug alle Freiheiten der Welt. Er zeigt an sich herunter: Hemd, Jeans, Sneakers. „Ich genieße das nach Jahrzehnten im Anzug.“ Und er weiß auch: „Wenn das hier schiefgeht, bin ich durch.“ Mit dem Druck des Kredits, so scheint’s, kann er gut umgehen.

Hat seine Konzernkarriere aufgegeben, um seinen Traum zu leben: Unternehmer und Ticad-Chef Björn Hillesheim. © TiCad
Auf eine Art ist Hillesheim mehr Aussteiger als Einsteiger. 2012 hat er begonnen, seinen Traum zu verwirklichen: „Ich habe gekündigt.“ Nach beispielhafter Karriere bei Fahrzeugtechnik- und Leichtbaufirmen, darunter Ymos und Hymer. Nach MBA in Pittsburgh, nach zig Jahren als CEO im Ausland, nach 70-Stunden-Wochen, die zur Gewohnheit geworden waren. Heute ist ihm klar: „Konzerngehabe ist nichts für mich.“ An seinem 30. Geburtstag kam er um kurz vor Mitternacht aus dem Büro nach Hause. Etwas hatte ihn aufgehalten. Fast alle Gäste waren gegangen, seine Party war zu Ende. Er blinzelt in die Sonne. Man habe nur ein Leben. „Ich bin lange nicht angemessen damit umgegangen“, sagt der dreifache Familienvater in überraschender Direktheit.
Von dem, was nach dem Exit kommen würde, hatte er nur einen vagen Plan: „Ich wollte mein eigenes Unternehmen haben.“ Und es sollte zu ihm und seinem Anspruch passen: „Ich möchte die Dinge richtig machen, gut muss es werden.“ Perfektionist Hillesheim ging auf die Suche nach Übernahmekandidaten. „Mittelstand ist super. Ohne Netz und doppelten Boden.“ Unternehmer Erwin Hymer, den er aus der Nähe kennenlernte, habe er bewundert. Ein Rollenvorbild.
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