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Creditreform

Als sich die CeBIT 2009 den neuen Schwerpunkt „Webciety“ gab, klang mir das etwas zu bemüht nach Marketing-Schlagwort und English made in Hannover. Natürlich: Das Konzept dieser Submesse für Netzthemen war der traditionellen CeBIT-Konzentration auf Hard- und Software geschuldet. „Treffpunkt und Diskussionsplattform für die Internetwirtschaft“ wollte die Webciety stattdessen sein – schließlich sind wir alle längst Teil einer vernetzten, virtuellen Gesellschaft im Internet, die nicht mehr im Gegensatz zur realen Welt steht, sondern diese ergänzt und teilweise sogar ersetzt.

Fesselnd darstellen lässt sich das aber nicht, dachte ich noch drei Messen später auf meinem CeBIT-Rundgang 2012: Während in den anderen Hallen Smartphones, Tablets, Ultrabooks und jede Menge Gadgets (mehr in dieser Ausgabe übrigens ab Seite 12) um die Aufmerksamkeit der Fachbesucher buhlten, herrschte im „Webciety“-Bereich eher fade Messe-Nüchternheit, die für den Normalbesucher wenig von der Faszination des Netzes widerspiegeln dürfte. Auch die Diskussionsrunden der „Webciety“ in Halle 6 kamen eher trocken daher – virtuelle Trendthemen lassen sich eben schwer visualisieren.

„Nicht schon wieder so etwas Abstraktes“, kam mir daher zunächst in den Sinn, als die Deutsche Messe im Herbst ihr Motto für die diesjährige CeBIT verkündete: „Shareconomy“soll das Teilen und gemeinsame Nutzen von Wissen, Ressourcen und Erfahrungen als neue Formen der Zusammenarbeit symbolisieren, erklärte uns CeBIT-Vorstand Frank Pörschmann im Interview (Seite 11).

Im Laufe unserer Recherchen habe ich meinen Ersteindruck dann auch revidiert: Nicht nur gibt es den Begriff „share economy“ wirklich. Der Harvard-Professor Martin Weitzman hat ihn geprägt und damit postuliert, dass unser Wohlstand wächst, wenn wir Vieles gemeinsam nutzen. Auch fallen dem Marketing-Sprech aus Hannover diesmal lediglich ein Buchstabe und ein Leerzeichen zum Opfer. Damit können Journalisten leben. Außerdem hat die „share economy“ den Unternehmeralltag tatsächlich längst erobert – denken wir nur an’s Business-Carsharing, mit dem immer mehr unserer Leser ihre Fuhrparkkosten senken (mehr unter creditreform-magazin.de/Heft). Das klassische Beispiel im IT-Bereich ist sicherlich Cloud Computing: statt Hardoder Software selbst zu besitzen, wird sie nutzungsabhängig gemietet. „Moderne Technik sorgt dafür, dass Menschen in einem sehr viel größeren Rahmen in Kontakt kommen, Informationen austauschen und vorhandene Ressourcen sinnvoller nutzen“, gibt auch der Hightechverband Bitkom dem Ökonomen Weitzman Recht (mehr ab Seite 16). Bleibt nur zu hoffen, dass die CeBIT dieses sinnvolle, aber hochkomplexe Thema spannend zu präsentieren weiß. Wir sehen uns in Hannover!

Ingo Schenk

Chefredakteur