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Creditreform

VW machte den Anfang: Schon seit Ende 2011 sorgt eine Betriebsvereinbarung dafür, dass mehr als 1.100 Mitarbeiter ihren Feierabend ungestört genießen können. Zwischen 18 und 7 Uhr morgens leitet der Server des Wolfsburger Konzerns keine Mails mehr an die Firmen-Blackberrys der Arbeitnehmer weiter. Ein Traum für Beschäftigte in vielen anderen Firmen.

Laut einer Umfrage des Hightech-Verbands Bitkom sind drei Viertel aller Berufstätigen in Deutschland auch außerhalb ihrer Arbeitszeiten dienstlich erreichbar. Die wachsende Verbreitung von Smartphones und Tablet-PCs fördert diese Entwicklung. Viele Arbeitnehmer leiden darunter: „Es ist davon auszugehen, dass eine permanente Verfügbarkeit die Erholung und das Wohlbefinden der Betroffenen negativ beeinflusst“, sagt Jens Hupfeld, Referent in der Abteilung Gesundheit beim Verband der Ersatzkassen (VDEK). Psychische Erkrankungen seien die Folge. Aber: Die negativen Begleiterscheinungen dürfe man nicht verallgemeinern. „Die neuen technischen Möglichkeiten haben auch positive Auswirkungen für die Betroffenen“, so Hupfeld.

So begrüßen viele Beschäftigte den Gewinn an Flexibilität und Mobilität. Dadurch lassen sich beispielsweise Beruf und Familie leichter vereinbaren. Das Ergebnis: eine höhere Produktivität und Motivation. „Dies kann aber nur gelingen, wenn Mitarbeiter zumindest teilweise über eigene Spielräume bei der Ausgestaltung der Erreichbarkeit verfügen“, sagt der VDEK-Referent. Deshalb kommt es bei der Suche nach guten Lösungen auf die enge Kommunikation zwischen den Arbeitnehmern und ihren Vorgesetzen an. Andernfalls werden die getroffenen Vereinbarungen schnell als bevormundend empfunden. Hinzu kommt: „Die konsequente Umsetzung kann nur gelingen, wenn sie als Vorbild mit ihrem Verhalten vorangehen“, so Hupfeld.

Auch Dr. Wolfgang Panter, Präsident des Verbands der Deutschen Betriebs- und Werkärzte setzt auf einen Mix aus Absprachen und Selbstkontrolle: Arbeitszeiten und Erreichbarkeit sollten im Vorfeld festgelegt werden, Pausen und Freizeit klar geregelt sein. „Damit können hohe Belastungen frühzeitig erkannt und Maßnahmen zum Gegensteuern ergriffen werden“, sagt Panter. Er nimmt aber auch die Beschäftigten selbst in die Pflicht: Sie müssen sich an die getroffenen Absprachen halten und sind dafür verantwortlich, dass eine klare Grenze Arbeit und Freizeit trennt.

 

Erreichbarkeit – so unterstützen Chefs ihre Mitarbeiter

  • Klare Regelungen: Wann und auf welchen Wegen sind die Beschäftigten jeweils erreichbar?
  • Deutliche Kommunikation: Wie und bis wann müssen eingehende Anfragen von den Kollegen bearbeitet werden?
  • Leistungen definieren: Machen Sie deutlich, dass es Ihnen eher auf die Zielerreichung denn auf die bloße Anwesenheit ankommt.
  • Potenziale nutzen: Überprüfen Sie, ob Sie eventuell Privatgeräte im Unternehmensnetzwerk zulassen können – damit kennen sich die Mitarbeiter in der Regel besser aus und die Nutzungseffizienz wird gesteigert.
  • Arbeitsstruktur überprüfen: Passt ein flexibles Arbeitsmodell (etwa Home-Office oder Arbeitszeitkonten) zur Unternehmenskultur?