Wie sich Fuhrparkkosten mit permanent eingespielten Fahrzeugdaten und modernen Analysemethoden um 20 Prozent senken lassen: bei Verbrauch, Wartung und Versicherung.
Bei der Edeka-Zentrale Rhein-Ruhr ist Big Brother willkommen – sorgt er doch bei ihren 400 Lastwagen für beachtliche Kostenvorteile: Drei Liter Diesel weniger je 100 Kilometer brauchen die Lkws des Unternehmens seit der Einführung des Telematiksystems Fleetboard. Die Fahrzeit pro Liefertour verringerte sich um durchschnittlich zehn Minuten. Das Wartungsintervall beträgt inzwischen 100.000 statt 150.000 Kilometer. Die Zahl der Werkstattaufenthalte sank statistisch um 20 Prozent – die Versicherungsprämien um zehn Prozent.
„Eine Analyse der Kundendaten hat uns die Ansätze für Verbesserungsmaßnahmen aufgezeigt“, erzählt Ralf Forcher von der Daimler-Tochter Fleetboard, die der Konzern eigens für den Vertrieb des Telematiksystems gegründet hat. Mit dessen Hilfe wurden auch die Edeka-Lkws gläsern und informieren Fuhrparkverantwortliche und Disponenten bei der Lebensmittelhandelskette nun laufend über den Zustand ihrer Fahrzeugtechnik – vom Motor über Getriebe bis hin zum Fahrwerk und allen Reifen -, ihren Standort sowie über die Verbräuche der Betriebsmittel Kraftstoff und Öl. Zusätzlich werden Daten über Fahrstil des Fahrers, seine Geschwindigkeit sowie Arbeits- und Pausenzeiten erhoben. Bei der anschließenden Analyse und den angestrebten Verbesserungen gelte es nicht nur an Fahrzeug und Fahrer zu denken, sondern auch an Werkstatt, Routenplanung und Versicherung, betont der Stuttgarter Telematikexperte. Muss ein Lkw in die Werkstatt, kennt Edeka nun schon vorab den jeweiligen Wartungs- und Reparaturaufwand und kann beim Ersatzteil-, Personal- und Zeiteinsatz besser planen. Bei der Routenführung werden das Verkehrsaufkommen zu unterschiedlichen Tageszeiten, die Topografie sowie die Be- und Entladezeiten nach den Gegebenheiten vor Ort mitberücksichtigt. Fahrer, die öfters mal in höheren Drehzahl- und Geschwindigkeitsbereichen unterwegs sind und durch scharfes Beschleunigen und Abbremsen auffallen, müssen eine Schulung zur kraftstoffsparenden und vorausschauenden Fahrweise absolvieren. All das honoriert der Versicherer anschließend mit besagtem Prämiennachlass.
Neben Daimler bieten auch Scania, MAN und Volvo eigene Telematiklösungen an. Andere Hersteller arbeiten mit selbstständigen Telematikanbietern zusammen – etwa Iveco mit Omnitracs. Bei Scania gibt es die Basisleistung „Monitoring Report“ zwölf Monate nach Neuwagenkauf kostenlos. Danach sind 9,50 Euro pro Monat und Fahrzeug fällig. Die umfangreicheren Pakete „Analyse“ und „Control“ bauen auf dem Basisangebot auf. Allen Lösungen gemein ist: Sie funktionieren markenübergreifend (siehe Tabelle). „Dafür sorgt der FMS-Standard, der es Dritten ermöglicht, Telemetriedaten vom CAN-Bus eines Fremdfahrzeugs zu lesen“, erläutert Heinz-Leo Dudek, Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Er ist überzeugt, dass „die Tele“ innerhalb der Logistik, zum Beispiel in Verbindung mit Warenwirtschaftssystemen, noch großes Verbesserungspotenzial hat. Und dass es die Technik schon bald zu noch attraktiveren Einführungs- und Unterhaltskosten gibt. Bereits die heutigen Lösungen spielen seiner Erfahrung nach ihre Kosten binnen weniger Monate ein.
eCall fördert Telematik
Ralf Woik, Sprecher der Corporate Vehicle Observatory (CVO), sieht die permanente Datenübertragung auch in Pkw-Flotten auf dem Vormarsch: 2013 setzten 14 Prozent der Flottenmanager in Firmen mit 100 bis 999 Mitarbeitern bereits Telematikservices im Pkw-Fuhrpark ein. Verglichen mit 2012 war das eine Verdoppelung. Dieses Wachstum sei über alle Firmengrößen hinweg festzustellen und dürfte weiter anhalten – unter anderem wegen einer gesetzlichen Vorgabe. So müssen Autohersteller ihre Neuwagen von 2015 an serienmäßig mit dem automatischen Notrufsystem eCall ausrüsten. Deshalb statten die Hersteller viele Neumodelle schon heute mit GPS aus. Über App ist es ein Leichtes, aus der Ferne im Pkw Daten zum Tankinhalt, zur Reichweite, zum Standort sowie die Fahrtenprotokolle auszulesen. „Mitarbeiter zeigen dann sogleich mehr Disziplin hinterm Lenkrad, schließlich will jeder als kostenund sicherheitsbewusst gelten“, erzählt Steve Coffin von Mix Telematics Europa. Sein Arbeitgeber rät Firmenkunden dazu, die entsprechenden Analyseergebnisse – einerlei wie sie ausfallen – ihren Beschäftigten nicht vorzuenthalten. Ulric Rechtsteiner von Arealcontrol sieht auch die Versicherer als emsige Verfechter des neuen Trends: „Pay-as-you-drive-Policen werden auch in Deutschland auf den Markt kommen.“ Eine Telematik-Box registriere und dokumentiere dann das Fahrverhalten. Je nach Einstufung müsse ein Unternehmen mehr oder weniger Versicherungsprämie für den einzelnen Mitarbeiter mit Firmenwagen bezahlen.
Laut CVO-Fachmann Woik wollen Pkw-Fuhrparkverantwortliche, die „pro Telematik“ denken, vor allem Sprit sparen – mittels Fahrstreckenoptimierung sowie verbrauchsarmem, sicherem Fahrstil. Und durch den laufenden Technik-Check, vor allem per Kontrolle des Reifenluftdrucks – häufig ein Stiefkind bei allgemeinen Checks. Dabei erhöhen bereits 20 Prozent weniger Druck in den Pneus den Spritverbrauch um bis zu fünf Prozent. Bei einem Fuhrpark mit zehn Pkws und jeweils 50.000 Kilometer Jahresfahrleistung führt dies – je nach Motorisierung und Diesel-Literpreis an der Zapfsäule – laut CVO zu jährlichen Mehrkosten von 3.000 Euro. Auch das Führen eines elektronischen Fahrtenbuchs wird zum Kinderspiel, die Dokumentation der gefahrenen Kilometer läuft automatisch. Die Poolwagensteuerung wird deutlich komfortabler, speziell bei einer größeren Flotte. Sind es gar mehrere Hundert wie bei Edeka, treten die Vorteile moderner Telematik dann auch besonders deutlich zutage.