Von Gerd Zimmermann
Eine Investition, die sich auszahlt: Weil sich der Frankfurter Rechtsanwalt Heinz Burgstall das Fahrassistenz-Paket Plus in seinen neuen Mercedes E 320 CDI einbauen und das Fahrzeug bei der gleichen Daimler-Niederlassung versichern ließ, spart er nun 170 Euro pro Jahr als Sicherheitsbonus – über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg. Zum Extrapaket gehören unter anderem Abstandsregelung, Spurwechselkontrolle, Totwinkelwarnung und Bremswegoptimierung. Kostenpunkt: rund 2.500 Euro zusätzlich. Oliver Wihofszki von der Mercedes-Benz Bank warnt jedoch davor, diese Investition lediglich mit dem Versicherungsprämiennachlass zu vergleichen: „Alle Funktionentragen schließlich maßgeblich zur Verbesserung der Fahrsicherheit bei.“
Ein Schutzengel für den Fahrer also – und für seinen Chef zugleich ein finanzieller Segen: Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) partizipierten Firmen mit Mitarbeitern, die für ihre Tätigkeit ein Auto nutzen müssen, nachweisbar auch finanziell von Fahrerassistenzsystemen. Ausfallzeiten nehmen ab, weniger Unfall- und Reparaturkosten fallen an, Ersatzwagen werden unnötig, Versicherungsprämien sinken. Wie viele Verkehrsunfälle sich je eingebautem Sicherheitssystem vermeiden lassen, dem ist das Allianz Zentrum für Technik (AZT) auf der Spur: Seinen Erkenntnissen zufolge verhindert allein der Notbremsassistent rund 45 Prozent der Verkehrsunfälle mit Personenschaden. Spurhalte- und Spurwechselassistent sowie Abstandsregler gemeinsam verhinderten 41 Prozent der tödlichen Unfälle, 33 Prozent der Unfälle mit Verletzten würden weniger schwer ausfallen oder zum Glück erst gar nicht passieren. 94 Prozentaller Verkehrsunfälle sind schließlich auf menschliches Versagen zurückzuführen, so der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR).
„Fahrerassistenzsysteme entlasten den Fahrer, machen das Fahren sicherer und steigern den Fahrkomfort“, verdeutlicht AZT-Leiter Christoph Lauterwasser. Dabei gehe es ausdrücklich nicht um die Entmündigung des Fahrers oder mangelndes Fahrerkönnen, sondern um Eigenschaften, bei denen die Maschine schlicht und ergreifend dem Menschen überlegen sei: Sie lässt sich nicht ablenken, kennt keinen Stress, wird nicht müde – und sie reagiert einfach schneller. Von diesem Vorsprung profitieren dann auch die Kfz-Versicherer, indemsie für weniger Schadenfälle aufkommen müssen. „Diese Ersparnisse kommen unseren Neuwagenkunden in Form eines Prämienrabatts in Höhe von 15 Prozent zu Gute“, so Wihofszki von der Mercedes-Benz Bank.
Andere Kfz-Versicherungsgesellschaften hingegen halten sich bei diesem Thema vornehm zurück. „Zur Zeit bieten wir keine Prämiennachlässe für Fahrzeuge mit Fahrerassistenzsysteme an“, sagt etwa Andreas Ahrenbeck von der HDI-Gerling Firmen und Privat Versicherung, Bereich Sachversicherungen. Gleiche Situation bei R+V, weiß Pressesprecherin Brigitte Römstedt. Und ebenso bei der HUK Coburg, doch die Pressezuständige dort, Karin Benning, ergänzt: „Wir wissen, dass das Thema an Brisanz gewinnt und beobachten die entsprechenden Entwicklungen.“ Claudia Herrmann, Sprecherin für Sach- und Haftpflichtversicherung bei der Allianz, begründet die konzerneigene Zurückhaltung wie folgt: „Die Fahrzeugausstattung mit Assistenzsystemen ist in der Regel bereits über die Typklasse-Einstufung abgebildet.“ Soll heißen: Weniger in Anspruch genommene Versicherungsleistungen reduzieren generell die Prämien pro Typklasse.
Bessere Typenklasse
Je mehr Fahrzeuge mit Sicherheitstechnik also, desto geringer die Versicherungskosten und desto besser die Typenklasseneinstufung?Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) meint ja. Bei einigen Kfz-Modellen lässt sich ein Trend zu kostengünstigeren Kasko-Einstufungen ablesen, etwa bei Audi-Fahrzeugen. Der GDV weist in seinem Typklassenverzeichnis 2012 alle Modelle des Ingolstädter Herstellers im Durchschnitt um zwei Klassen günstiger aus als die vergleichbaren Angebote der Wettbewerber.Der Kostenvorteil bei den jährlichen Versicherungsprämien reicht bis zu 825 Euro.
Nachgefragt werden Sicherheitspakete ohnehin: So stoßen schon Fahrzeuge mit „mehr Sicherheit ab Werk“ auf verstärktes Kundeninteresse. Ein Trend, der sich mit prämienbegünstigten, optionalen Sicherheitsfeatures ausbauen lässt. Der VW-Konzern hat sich hierauf eingestellt. Die Taktik: gestaffelte Prämienrabatte bei VW- und Audi-Modellen. Fünf Prozent Beitragssenkung gibt es etwa bei einem Neufahrzeug mit einem Assistenzsystem, 7,5 Prozent mit zwei und zehn Prozent mit drei Systemen. Auf der Liste der Vergünstigungen steht zum Beispiel das Umfeldbeobachtungssystem „Front Assist“, das kritische Abstandssituationen erkennt und dabei hilft, den Anhalteweg zu verkürzen. Der ebenfalls prämiensparende „Side Assist“ unterstützt den Fahrer, indem er ihn vor oder während eines Spurwechsels auf näher kommende Fahrzeuge aufmerksam macht. Der „Lane Assist“ wiederum soll ein ungewolltes Verlassen der Fahrbahn vermeiden. Die Vergünstigungengelten für die Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung. Allein Audi gewährt auch für die Einparkhilfe Plus einen Versicherungsbonus.
Prämienenrabatte variieren
Bei Skoda gibt es nur einen Nachlass von fünf Prozent auf die Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung bei Wahl eines Fahrerassistenzsystems als Sonderausstattung. Das anrechenbare Extra ist der Parkassistent, der das Fahrzeug automatisch in Längsparklücken steuert. Ford gewährt den höchsten Prämienbonus, der allerdings nur für das Modell Focus gilt: 25 Prozent. Zum Sicherheitspaket, das für einen Aufpreis von 1.200 Euro zu haben ist, gehören unter anderem Außenspiegel inklusive Toter-Winkel-Assistent,Fahrspurhalter mit Müdigkeitswarner und automatischer Fern- und Abblendlichtregelung sowie Verkehrsschild-Erkennungssystem. Angeboten wird die Versicherungsleistung, die in Kooperation mit der Garanta-Versicherung läuft, über die Ford Bank und über Ford-Händler.
Bei BMW konnten Neuwagenkäufer 2009 erstmals einen sicherheitsspezifischen Prämienbonus in Höhe von zehn Prozent in Anspruch nehmen – für den damals neuen BMW 5er Gran Turismo. Ein Jahr später dann auch für die 5er Limousine und den 5er Touring. Inzwischen kamen weitere Modelle hinzu, so gilt die Versicherungsprämie auch für die neue 3er Limousine, die in diesem Februar auf den Markt rollte. Finanziell belohnt werden, zum Leidwesen der Versicherungswirtschaft, sowohl Sicherheits- als auch Komfortausstattungen. Laut GDV sollten nämlich besser ausschließlich sicherheitsfördernde Autoeinrichtungen die Prämien senken, keine Komfortangebote wie etwa das Head-Up Display. BMW-Sprecher Friedbert Holz kontert: „Unser Head-Up Display ist sicherheitsrelevant, denn der Blick des Fahrers wird nicht abgelenkt, er bleibt auf der Straße.“
Allerdings räumt er ein, dass die Abgrenzung bei den elektronischen Helfern zwischen Sicherheit, Komfort und Kraftstoffeinsparung manchmal schwierig ist. Als Beispiel nennt er die Aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop & Go-Funktion. Die Geschwindigkeitsregelung sei ein intelligenter Tempomat, der automatisch den Abstand zum Vordermann regele, dies komme einerseits der Verkehrssicherheitzugute. Gleichzeitig werde dadurch aber auch der Fahrkomfort erhöht, der Fahrer brauche alles nur laufen zu lassen und im Blick zu haben. Ständiges Bremsen, weil zu nah am Vordermann, entfalle. Für Abbremsungen und Beschleunigungen sei Stop & Go zuständig. Und sorgt dabei zugleich auch noch für weniger Kraftstoffverbrauch.
Zuerst erschienen in: Creditreform 3/2012